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Die Stimme der Erde

Titel: Die Stimme der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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schnell genug und spürte, wie die Messerspitze ihr in den Oberarm fuhr. Eine eisige Kälte drang in den Arm. Dann wurde er taub.
    »Du entkommst mir nicht, Hure!«
    Philippa fuhr herum und schlug ihr mit der flachen Rückseite der Hand hart gegen die Wange. Die Frau schrie vor Schmerz und Wut auf, ließ sich aber nicht beirren. Wieder stürzte sie auf Philippa los.
    Philippa sah das Messer kommen. Sie meinte schon zu spüren, wie es ihr tief ins Herz stach und sie tötete, ehe sie überhaupt erfahren hatte, was es heißt, zu leben, zu lieben und geliebt zu werden. Sie flüsterte noch: »Dienwald ...«
    Im nächsten Augenblick rannte sie wie wild auf die offene Tür zu - in die Arme von Walter de Grasse.
    »Was in Gottes Namen geht hier vor?«
    Walter schüttelte sie. Doch dann sah er das Blut, das aus ihrem Oberarm floß. Auch im trüben Licht war zu sehen, daß er erbleichte. Erst jetzt sah er die Frau, die geduckt mit dem blutigen Messer in der Hand dastand. »Britta ...«, flüsterte er. »O nein. Warum?« Er schob Philippa weg, eilte zu der Frau und zog sie an sich.
    »Britta?«
    Sie schüttelte den Kopf. Ihr Atem kam in schweren, ruckartigen Stößen, ihre großen Brüste hoben und senkten sich.
    »Sie hat versucht, mich zu töten«, sagte Philippa. Wie gelähmt sah sie, daß er die Frau zu liebkosen begann. »Wer ist sie? Warum will sie mich umbringen?«
    Dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Es war die Frau, deren Kleider sie trug, die Geliebte ihres Vetters! Eine Frau, die unbegreiflicherweise ihren Vetter liebte und befürchten mußte, daß er ihr untreu werden wollte.
    Schweigend sah Philippa zu, wie Walter sie an sich drückte und leise auf sie einsprach. Seine Worte konnte Philippa nicht verstehen.
    Sie zögerte nicht länger, ergriff einen kleinen dreibeinigen Schemel, schwang ihn hoch über den Kopf und schlug ihn mit aller Kraft Walter über den Schädel. Er sackte gegen die laut aufschreiende Frau und riß sie durch sein Gewicht mit sich zu Boden.
    »Hör auf zu kreischen, du dummes Weib!« fuhr Philippa sie mit gedämpfter Stimme an. »Bleib, wo du bist, und halt den Mund! Ich verlasse jetzt dich und ihn und diese verfluchte Burg für immer. Er gehört dir, bis der Teufel ihn holt.« Dann entwand sie der Frau das Messer und riß ihr den Schlüssel aus der Rocktasche.
    »Sei endlich still, du albernes Biest!«
    Philippa griff nach ihrem Kleid und zog es sich im Weggehen über den Kopf. Sie ging durch die Tür, verschloß sie von außen - und erstarrte. Gleich um die nächste Ecke stritten sich zwei Männer!
    »Ich sag' dir, is' ja was los! Hab' gehört, wie die Weiber kreischten. Und dann is' der Herr reingerannt.«
    »Überlaß alles dem Herrn und geh wieder schlafen!«
    »O ja, aber da is' bestimmt was Schlimmes los. Na schön, er wird dir die Ohren abschneiden, wenn du nichts tust. Sind ja deine. Oder er peitscht dir den Rücken aus.«
    »Geh jetzt! Ich seh' nach.«
    Philippa drängte sich an die kalte Steinwand. Sie hörte, wie einer mürrisch brummend wegschlurfte. Der andere kam gleich darauf um die Ecke. Plötzlich sah er sich einer wild blickenden Frau gegenüber, die ein Messer in der Hand hielt. Blut rann ihr in kleinen Bächen über den Arm. Dann knallte ihm der Messergriff an die Schläfe, und er stürzte zu Boden.
    Nach einer Weile faßte Philippa sich ein Herz und spähte vorsichtig um die Ecke. Im Saal lagen Männer und Frauen in tiefem Schlaf auf dem Fußboden. So leise wie möglich und mit äußerster Vorsicht schlich sie unendlich langsam an der Wand entlang auf die großen Eichentüren zu. Jeden Augenblick konnte jemand aufwachen und sie entdecken. Dann wäre alles vorbei. Vielleicht würde Walter sie dann töten, falls ihm seine Geliebte nicht zuvorkam. Plötzlich tauchte aus dem Nichts ein Hund auf und schnüffelte an ihren nackten Beinen.
    Sie erstarrte. Das Herz pochte ihr bis in den Hals. Dann schlich sie weiter und betete, daß der Hund nicht zu bellen anfinge. Ein stechender Schmerz durchzuckte ihren Arm. Sie sah hin. So viel Blut! Ihr Blut. Sie mußte es stoppen, oder sie würde noch ohnmächtig werden.
    Gleich darauf war sie im Innenhof. In dieser Nacht war kein Mondschein. Der Himmel war bedeckt, ohne Sterne. Sie riß ein großes Stück Stoff vom Saum ab und verband sich den Arm. Den Knoten band sie mit Hilfe der Zähne. Die Schmerzen ließen nicht nach. Aber jetzt mußte sie Edmund suchen. Mit ihm zusammen wollte sie endlich aus der verfluchten Burg entkommen. Sie

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