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Die Stimme des Blutes

Titel: Die Stimme des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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genommen, um es bei ihr einzuführen. Der Schlag traf ihn mit durchdringendem, betäubendem Schmerz seitlich am Kopf. Er fiel zur Seite, aber nun lag er wieder auf ihr. Sie hörte ihn stöhnen. Danach verstummte er. Sie schlug noch einmal zu und spürte, wie ein leichtes Zittern durch seinen Körper ging. Sie ließ den Kerzenhalter fallen und versuchte, ihn von sich zu schieben. Sie mühte sich redlich ab, schaffte es aber nicht. Er lag mit seinem vollen Gewicht auf ihr.
    Es war zum Verzweifeln. Da war sie nun dicht daran gewesen, sich von ihm zu befreien, und nun hatte er sie festgeklemmt. Das war ungerecht, es war...
    »Was, in Gottes Namen, habt Ihr getan?«
    Rolands Stimme! Sie fühlte tiefe Erleichterung. »Bitte, beeilt Euch, schiebt ihn weg!«
    Rasch wälzte Roland den leblosen Körper des Grafen auf den Fußboden. Erst jetzt sah er, daß ihr Kleid bis zur Taille hochgeschoben und ihre nackten Beine gespreizt waren. Er mußte wissen, was geschehen war, so ungern er sie auch danach fragte. »Seid Ihr unversehrt? Oder hat er... hat er Euch etwas angetan?« Seine Stimme klang hohl. Er war ihr spät zu Hilfe gekommen, vielleicht zu spät. Mit unermeßlicher Freude sah er, daß sie heftig verneinend den Kopf schüttelte.
    Sie war sehr blaß und bebte am ganzen Leibe. Er überlegte, ob er dem Grafen den Dolch ins Herz stoßen sollte. Er hätte es zu gern getan. Als er die enge steinerne Wendeltreppe hinaufgestürmt war, hatte er gebetet, daß er nicht zu spät käme. Er hatte inbrünstiger gebetet, als es ein echter Benediktinerpriester je gekonnt hätte.
    Kopfschüttelnd dachte er: Ich, ihr Befreier, habe keinen Handschlag getan. Sie hatte sich selber gerettet.
    »Schnell, Daria, Ihr müßt ein paar Stoffstreifen von Eurem Kleid abreißen, damit wir ihn fesseln und knebeln können. Schnell, wir haben wenig Zeit.«
    Sie zögerte keinen Augenblick. Sie riß breite Stücke von dem teuren dunkelblauen Wollstoff ab und sah dann aus dem Augenwinkel, wie Roland den Grafen kräftig fesselte.
    Als auch der Knebel im Mund steckte, rollte Roland den Gefesselten höchst unfeierlich unter das Bett.
    »So«, sagte er und stand auf. »Wir haben es beinahe geschafft. Jetzt müßt Ihr Euch in aller Eile umziehen.«
    Er warf ihr die Kleidung eines Knaben zu. Sie sah die Sachen an und mußte lächeln.
    »Beeilt Euch, wir haben nicht viel Zeit! Unterhalten können wir uns später.«
    Er wandte ihr den Rücken zu und stellte sich an die offene Zimmertür. Sie brauchte etwas Licht vom Flur, um die ungewohnten Kleidungsstücke anzulegen. Hinter sich hörte er ihr ungeschicktes Hantieren. Er hielt den Blick auf die steile Wendeltreppe gerichtet. Vor dem Abendessen hatte er einen Schlaftrunk in die Bierfässer gemischt. Aber natürlich wußte er nicht, ob alle Männer des Grafen so viel davon getrunken hatten, daß sie jetzt bewußtlos waren. Zu seinem größten Kummer hatte der Graf keinen Tropfen angerührt, weil er mit seinen Gedanken schon bei Daria gewesen war.
    Roland lauschte angestrengt. Draußen war es still wie im Grab. Es war eine unheilverkündende Stille.
    »Seid Ihr mit dem Anziehen fertig?«
    »Ja«, sagte sie und war plötzlich an seiner Seite. Die Jungenkleidung verbarg die weiblichen Rundungen, aber sie sah doch noch immer sehr fraulich aus. Schnell ließ er sie auf dem Bett Platz nehmen und flocht ihr die Haare zu einem Zopf. Den band er ihr mit einem Stück Stoff des zerrissenen Kleides zusammen und stülpte ihr dann die Knabenmütze über den Kopf. Als nächstes entnahm er seinem Waffenrock ein zusammengefaltetes Tuch. Daria sah, daß es Schlamm enthielt.
    Er schmierte ihr den Schlamm über die Augenbrauen und verteilte ihn auf dem ganzen Gesicht. Grinsend sagte er: »Wunderbar dreckig seid Ihr jetzt, mein Junge.«
    Dann zog er sie an den Händen hoch. »Hört mir gut zu, Daria! Ihr werdet von jetzt an den Mund halten, den Kopf hängen lassen und immer dicht hinter mir bleiben. Wenn ich Euch irgend etwas sage, müßt Ihr es schnell tun, aber immer stumm bleiben.«
    Jetzt erst sah sie, daß er immer noch das Priestergewand trug.
    »Ich bin bereit. Ich werde tun, was Ihr sagt.«
    Er nickte und tätschelte ihr die schmutzige Wange. Er hatte noch nie im Leben eine Frau befreit und wußte nicht, wie sie sich verhalten würde. Könnte sein, daß sie im kritischen Moment anfing zu schreien oder daß sie in Ohnmacht fiel. Doch zunächst schien Daria sehr gefaßt zu sein. Er bedeutete ihr, ihm zu folgen.
    Als sie am Fuß der

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