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Die Stimme des Blutes

Titel: Die Stimme des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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hatte er nicht von ihr erwartet.
    »Halte still!« Behutsam tastete er mit den Fingerspitzen über ihre Kinnlade, um sich zu vergewissern, daß sie nicht gebrochen war. Sie zuckte nicht einmal.
    An ihm vorbei schaute sie auf den immer noch am Boden liegenden Grafen von Clare. »Hast du ihn totgeschlagen?«
    »Selbstverständlich nicht. Meinst du etwa, ich wäre verrückt?«
    »Ich habe noch nie einen Mann gesehen, der so kämpfen konnte wie du.«
    Roland grinste und rieb sich die Hände.
    »Ja«, rief der König. »Ihr habt ihn blitzschnell außer Gefecht gesetzt. Sagt an, Roland, wo habt Ihr diese ungewöhnliche Kampfweise gelernt?«
    »Bei einem Moslem in Akkra. Er sagte, er und seine Brüder hätten sich über die Christen und ihre Vorstellungen von ritterlichem Kampf schon halbtot gelacht. Sie könnten nur den Kopf schütteln, wenn die englischen Ritter auf ihren ungefügen Rössern in schweren Rüstungen schwitzend unter der heißen Sonne in den Kampf zögen. Sie meinten, so viel Dummheit sei ihnen unbegreiflich.«
    Zum Glück nahm der König die Sache mit Humor auf.
    Roland sprach weiter: »Vermutlich habe ich ihm zwei Rippen gebrochen. Das setzt ihn für eine Woche außer Gefecht. Durch den Schlag an die Kehle wird er eine Zeitlang nur unter Schmerzen sprechen können. Ich schätze, drei Tage lang. Aber mit der Zeit wird alles wieder verheilen. Vielleicht hätte ich ihn für immer kampfunfähig machen sollen. Aber im letzten Augenblick habe ich Mitleid mit ihm gehabt.«
    Daria betastete ihre Kinnlade. Ein stechender Schmerz fuhr ihr durch den Kopf, und sie mußte die Augen schließen, um nicht aufzuschreien. Zu ihrer Überraschung hob Roland sie hoch und nahm sie in die Arme. »Meine Lady braucht jetzt Ruhe«, erklärte er den Anwesenden. »Wenn es Euch recht ist, Sire, bringe ich sie in ihr früheres Kämmerchen, in dem der Graf sie viele Monate gefangen gehalten hat.«
    Roland trug sie die enge Wendeltreppe zu den Wohnräumen hinauf. Oben hockte die alte Ena. Als sie das Paar sah, drohte sie Roland mit dem knochigen Zeigefinger und jammerte: »Ihr habt sie verprügelt!«
    Daria schmiegte sich an ihn und sagte zu ihm: »Ich konnte mich bei Clares Faustschlag nicht schnell genug ducken. Er kam zu überraschend.«
    Er brachte sie bis ans Bett und legte sie behutsam nieder. Dann sagte er verlegen: »Tut mir leid, Daria. Als Beschützer habe ich keine gute Figur gemacht. Aber was du zu ihm gesagt hast - hat das alles gestimmt? Hast du ihn wirklich auf eine falsche Spur gelockt, um ihn von mir abzulenken?«
    Sie hörte an seinem Tonfall, daß er noch nicht recht überzeugt war. »Ja, es stimmt. Ich habe ihm vorgespiegelt, ich wäre dir ausgerückt, und wäre froh darüber, daß er mich gefunden hatte.«
    »Als er dich dann hierher zurückgebracht hatte, zwang er dich mit Gewalt zum Beischlaf und machte dir ein Kind, nicht wahr?«
    »Nein. Er hat mich nicht angerührt. Ich habe ihm weisgemacht, daß er und ich in der Hölle rösten würden, wenn er mich vor der Hochzeit dazu zwänge. Ich habe gefleht und gebettelt. Danach hoffte ich, daß er keinen Priester auftreiben könnte. Und es dauerte auch lange, bis er einen fand. Aber am selben Tage bist du hier aufgetaucht. Außerdem war es ein Glück für mich, daß er mich eine Weile allein lassen mußte, weil er mit dieser walisischen Räuberbande beschäftigt war.«
    »Ich verstehe«, sagte Roland. Er ging ans Fenster und schaute in den Innenhof hinunter. Hier hatte Daria hilflos gefangen so viele Tage gestanden, dachte er. »Wie kommt es eigentlich, daß dir trotz der Schwangerschaft nie übel geworden ist? Soviel ich weiß, geht es sonst allen Frauen so. Sie müssen sich übergeben und fühlen sich schwach. Spürst du kein Ziehen in den Brüsten?
    »Ich bin oft müde, aber das ist auch alles.«
    Sein hartnäckiges Mißtrauen war kaum zu ertragen. »Laß mich jetzt allein, Roland! Du hast mir gestern nacht nicht weh getan, wenigstens nicht körperlich. Du hast es aber fertiggebracht, daß ich mir schmutzig und entehrt vorkam. Ich fühlte mich so, als wäre ich weniger wert als Nichts.«
    Sie sah, daß er erblaßte, aber nur für einen Augenblick. Dann bohrte er weiter: »Weißt du denn genau, daß du schwanger bist?«
    Jetzt fragte er sich also schon, ob sie auch in diesem Fall gelogen hätte! Vielleicht um ihn zur Heirat zu zwingen? »Die Königin hat mich erst darauf aufmerksam gemacht, und sie ist sich ihrer Sache sicher. Sie sagt, sie habe große Erfahrung auf

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