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Die Stimme des Herrn.

Die Stimme des Herrn.

Titel: Die Stimme des Herrn. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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und folglich würde sie versuchen, das Bild von einer für allezeit nurmehr tot glühenden und tot erkaltenden Ewigkeit zu korrigieren – und zwar durch entsprechende astrotechnische Eingriffe. Sich gewissermaßen auf den Untergang vorbereitend, der sie erwarte, könne diese Zivilisation einen Stern oder ein Sternensystem entsprechend »programmieren«, indem sie die Energetik eines solchen Systems wesentlich modifiziere, so daß es zu einer Art von aktionsbereitem Neutrinolaser würde, allerdings erst in dem Moment, da die Gravitationstensoren, die Parameter für Temperatur, Druck und so weiter bestimmte Maximalwerte überschritten – wenn sozusagen die Physik des gegebenen Kosmos selbst sich aufzulösen beginne. Dann würde sich diese untergehende Galaxis, unter dem Einfluß von Phänomenen, die für sie den »Auslöser« der angehäuften Energie bildeten, in einen einzigen schwarzen Neutrinoblitz verwandeln, der sehr präzise, sehr sorgfältig programmiert sei! Als die härteste und die widerstandsfähigste aller Strahlungen wäre diese monotone Neutrinowelle nicht nur das Totengeläut für die untergehende Phasedes Alls, sondern sie würde zugleich auch die Geburtsstunde der nächsten Phase einläuten, weil sie mitwirken würde an der Entstehung neuer Elementarteilchen. Darüber hinaus schließe die »dem Stern aufgeprägte« Direktive die »Biophilie« ein – die erhöhte Chance für die Geburt von Leben.
    Damit erwies sich in jenem schwungvoll entworfenen Bild der »Sternencode« als eine Mitteilung, die in unseren Bereich des Alls ausgesandt worden war, und zwar aus jenem Kosmos, der ihm voranging. Die ABSENDER existierten also seit mindestens dreißig Milliarden Jahren nicht mehr. SIE hatten eine »Botschaft« verfaßt, die so dauerhaft war, daß sie die Vernichtung ihres eigenen Universums überstand und, nachdem sie sich in die Prozesse der darauffolgenden Schöpfung eingeschaltet hatte, das Phänomen der Evolution von Leben auf den Planeten in Gang setzte. Wir waren gleichfalls IHRE Kinder …
    Das war witzig ausgedacht! Das Signal war gar kein »Brief«, seine »Biophilie« stellte nicht die »eine Seite« dar, die der anderen, seinem »Inhalt«, gegenüberstand. Nur wir hatten, nach unserer Gewohnheit, versucht, auseinanderzutrennen, was sich nicht trennen ließ. Das Signal oder vielmehr der biophile Impuls begann zuerst damit, die kosmische Materie bei ihrer Wiedergeburt derart »einzustimmen«, daß Teilchen mit den gewünschten Eigenschaften entstanden – natürlich vom Standpunkt jener Zivilisation aus betrachtet –, und wenn dann die Astrogenese anlief und in ihrem Gefolge auch die Planetogenese, »schalteten sich« andere, strukturelle Besonderheiten sozusagen »in die Aktion ein«, die von Beginn an ebenfalls im Impuls enthalten gewesen waren, bis dahin jedoch noch keine »Empfänger« gehabt hatten, und offenbarten erst jetzt ihre Fähigkeit, die Geburt von Leben unterstützen zu können. Da es »leichter ist«, die allgemeinen Chancen für den Fortbestand von großen Molekülen zu erhöhen als die Entstehung der elementarsten Bausteine der Materie zu dirigieren und zu lenken, haben wir ersteren Effekt als für sich stehend und »inhaltslos« ermittelt, dem zweiten aber, dem Atome erzeugenden, die Bezeichnung »Brief« gegeben.
    Wir haben ihn nicht entschlüsselt, weil das für uns, für unser Wissen, für unsere Physik und Chemie insgesamt nicht möglich ist. Doch aus den Bruchstücken des in dem Impuls fixierten Wissens haben wir ein Rezept angefertigt, das Rezept für den »Froschlaich«! So soll also das Signal steuern und nicht informieren, und es ist an den Kosmos adressiert, nicht an irgendwelche Wesen. Wir können lediglich versuchen, auf das Signal selbst und auf den »Froschlaich« gestützt, unser Wissen zu vertiefen.
    Als Sinester geendet hatte, herrschte Bestürzung. Da hatten wir den Embarras de richesse! Das Signal als natürliches Gebilde, als letzter »Neutrinoakkord« des sterbenden Alls, von dem »Spalt« zwischen Welt und Antiwelt einer Neutrinowelle aufgeprägt, als Kuß vor dem Tode, als dieser Welle auf die Stirn gedrücktes Stigma – oder auch als Testament einer Zivilisation, die nicht mehr existierte: eine imposante Alternative!
    Es fanden sich auch unter uns Anhänger beider Ansichten. Es wurde darauf hingewiesen, daß in der gewöhnlichen, das heißt natürlichen harten Strahlung Anteile vorkommen, die das Tempo von Mutationen beschleunigen und somit auch den

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