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Die Stimme des Nichts

Die Stimme des Nichts

Titel: Die Stimme des Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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hatten umbringen wollen. Auch nicht die Qwarm oder die Common wealth-Behörden, die er respektierte. Er war sogar bereit, mit seinen Albträumen zurechtzukommen. Was ihm Angst machte und so stark zu seiner augenblicklichen Laune stiller Verzweiflung beitrug, war die Erkenntnis, dass er nicht wusste, was er jetzt unternehmen sollte. Am Leben zu bleiben war ein lohnendes Ziel, desgleichen seinen Vater zu finden. Doch es fiel ihm immer schwerer, das als Zweck an sich zu rechtfertigen.
    Er musste dringend mit jemandem reden, mit jemandem, der ihn verstand und mitfühlte und einen anderen Standpunkt unterbreiten konnte. Drüben auf der Brücke spürte Pip die Niedergeschlagenheit ihres Herrn und hob den Kopf.
    »Wenn du nur sprechen könntest«, murmelte er liebevoll zu seiner ständigen Gefährtin. Das war ein Gedanke, den er über die Jahre unzählige Male geäußert hatte. Aber selbst wenn Pip reden könnte, was würde sie sagen? Dass sie Hunger hatte, müde war oder dass es ihr leidtat? Sie konnte seine Stimmungen spüren wie sonst niemand, ihm aber keine Ratschläge geben, nur ihre Gesellschaft und ab und zu eine züngelnde Liebkosung. Manchmal reichte das. Jetzt nicht. Er legte den Kopf in den Nacken und den Arm auf die Stirn, als könnte das seinen inneren Aufruhr irgendwie stillen. Jenseits der Sichtluke präzedierte der monströse Gasball von Goldin XI in majestätisch gleichgültigem Schweigen.
    »Schiff, ich glaube, ich werde verrückt.«
    Das war eine Äußerung, die selbst der aufgeschlossenen KI zu denken gab. Sie zögerte, um ihn bloß nicht misszuverstehen.
    Flinx seufzte, weil er den Grund für das ausgedehnte Schweigen erriet. »Nicht im klinischen Sinne. Zumindest glaube ich das nicht.«
    »Sind es die Kopfschmerzen?«, fragte das Schiff fürsorglich.
    »Nicht nur. Diese Träume – ich kann überhaupt nicht mehr richtig schlafen. Je mehr ich mit Leuten zusammenkomme, je öfter ich ihre Empfindungen auffange, desto weniger bin ich geneigt, mir um ihr eventuelles Schicksal Sorgen zu machen. Ich bin es leid, beschattet und gejagt zu werden und das Ziel von Mordanschlägen zu sein.«
    »Es ist immer schön, berühmt zu sein«, murmelte die KI.
    Ich muss unbedingt eine Feineinstellung beim Grad der programmierbaren Ironie vornehmen, dachte er. »Das ist nicht komisch. Es gibt nur zwei Intelligenzen, die wenigstens ein bisschen verstehen, was in mir vorgeht: Pip und du.«
    »Sie irren sich, Flinx«, widersprach die Stimme freundlich. »Ich verstehe nicht im Geringsten, was in Ihnen vorgeht. Keine KI, egal wie ausgeklügelt oder fortgeschritten, kann ein menschliches Wesen wirklich verstehen. Die Logik einmal ausgenommen, gibt es zu viele Aspekte menschlichen Verhaltens, die keinen vorhersagbaren Werten entsprechen. Ihre Individualität schließt ein allgemeines Verständnis aus. Ich kenne Sie so gut, wie eine künstliche Intelligenz einen Menschen kennen kann, und es kommt viel zu häufig vor, dass ich Sie überhaupt nicht verstehe.«
    »Das ist wirklich ermunternd.« Die KI war nicht der Einzige an Bord, der sarkastisch sein konnte.
    »Ich tue, was ich kann.« Natürlich wusste er, dass das nicht sein konnte, aber die KI klang gekränkt. »Bedenken Sie, Philip Lynx, dass gemäß einer Binsenweisheit unter Maschinenintelligenzen kein Mensch restlos zu verstehen ist und Sie noch unbegreiflicher sind als die meisten.« Dann sagte sie etwas Unerwartetes. »Vielleicht, wenn ich an Ihren Träumen teilhaben würde, die Sie so plagen.«
    »Ich erzähle sie dir.« Im Gegensatz zu anderen Leuten, die regelmäßig mit einer KI umgingen, hatte Flinx zu der Stimme kein Gesicht geschaffen.
    »Nein, ich meine miterleben. Vielleicht würde ich dann verstehen, warum sie Ratlosigkeit und Verzweiflung auslösen.«
    »Maschinen können nicht träumen.« Er blickte an die Decke. »Oder?«
    »Nein. Um zu träumen, muss man schlafen können. KIs schlafen nicht. Abgeschaltet zu sein ist etwas anderes. Menschen schlafen. Thranx schlafen. Sogar AAnn schlafen. Bei Maschinen – wenn wir abgeschaltet werden, sterben wir, und wenn wir eingeschaltet werden, ist das eine Wiedergeburt.«
    »Klingt aufregend«, murmelte Flinx geistesabwesend.
    »Eigentlich nicht. Das ist ganz einfach. Ich wünschte, ich wäre Ihnen mehr von Nutzen, Flinx. Wie Sie wissen, war es seit meiner Erschaffung im Laufe unserer gemeinsamen Reisen gelegentlich nötig, dass ich mit anderen KIs in Verbindung getreten bin. Dabei ist mir vor einiger Zeit klar geworden,

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