Die Stimme des Nichts
phlegmatisch, schmallippig und mürrisch – auch wenn er als Bürger Nurs einen deutlich gesünderen Teint aufwies als die meisten seiner Kollegen. Mit der schlafenden Pip auf der Schulter wartete Flinx geduldig, dass der Bürokrat mit dem fertig wurde, was er da tat.
»Exportkennung?« Der Angestellte sah nicht einmal von seinem Bildschirm auf. Flinx nannte ihm eine lange Zahl, die persönlich angegeben werden musste. Er wartete, während sie überprüft wurde.
Nachdem der Angestellte die Zahlenreihe halb eingetippt hatte, runzelte er die Stirn. Er vergrößerte die Anzeige. »Sie sind Philip Lynx?«, fragte er und sah endlich einmal auf.
Flinx hatte seine persönlichen Kenndaten bereits abgegeben. »Wollen Sie einen Netzhautscan machen?« Eine Hirnwellenabtastung wäre eindeutiger, doch die konnte er nicht zulassen. Ein Netzhautscan hatte bisher immer ausgereicht.
»Das wird nicht nötig sein. War bloß eine rhetorische Frage.« Er schaute wieder auf seine Anzeige. »Ziemliche Menge an Vorräten für einen einzelnen Mann.«
»Die sind nicht nur für mich. Die sind für ein ganzes Schiff bestimmt.« Natürlich war er der einzige Passagier dieses Schiffes, doch es bestand kein Grund, diese Information freiwillig preiszugeben.
»Ach so. Na dann«, murmelte der Mann, als wäre damit alles geklärt.
Er fuhr fort, die Formalitäten zu bearbeiten, was zu der Freigabe von Flinx’ Waren führen würde, die bereits in der Lagerhalle auf den Transport zum Shuttle warteten.
Der Angestellte zögerte. »Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus – ich bin von Natur aus neugierig –, es gehört zu meinem Job, auf Dinge zu reagieren, die meine Neugier erregen.« Er deutete auf die Anzeige, die Flinx nicht sehen konnte. »Dieser eine Posten hier. Den verstehe ich nicht.«
Auf seinen Befehl hob sich das Display und drehte sich zu Flinx, der die Frachtgutliste misstrauisch betrachtete. »Welchen meinen Sie?«
»Na ja, es ist die Erde. Verdichteter, belüfteter, erstklassiger Humus vermischt mit anderen Substanzen, aber im Grunde genommen Erde. Was tun Sie auf so einem kleinen Sternenschiff mit Erde?«
Der große Mann lehnte sich auf die Schaltertheke und lächelte verbindlich. »Die wird geschäftlich gebraucht. Da sind wertvolle Pflanzen auf dem Schiff. Spezielle Handelsware. Einige müssen umgetopft werden.«
»Sie kommen mir nicht vor wie der Gärtnertyp.«
»Bin ich auch nicht. Wie gesagt, das ist Handelsware.«
»Sie haben nicht zufällig versucht, ein paar davon nach New Riviera zu schmuggeln? Darauf stehen empfindliche Strafen.«
»Sie meinten eben, ich käme Ihnen nicht vor wie der Gärtnertyp. Komme ich Ihnen vor wie der hirnlose Typ?« Auf seiner Schulter hob Pip den Kopf und gähnte. In der grellen Bürobeleuchtung glänzten ihre kleinen, scharfen Zähne wie Perlen, als sie den Zöllner aufmerksam anblickte.
Der verlor plötzlich jedes Interesse an so banalen Dingen wie Blumenerde. Flinx ging mit vollständiger Ausfuhrgenehmigung. Jetzt konnte er das Verladen seiner Vorräte überwachen. Danach wurde es Zeit, ein längeres Gespräch mit Clarity Held zu führen. Und das versprach wesentlich ernster zu werden als sonst.
Als er das Zollgebäude verließ, sah er sich in Überlegungen vertieft, wieso er wusste, dass die Pflanzen an Bord seines Schiffes neue Erde brauchten. Vielleicht hatte er doch mehr von einem grünen Daumen als gedacht. Oder vielleicht hatte er im Schlaf emfaltiert. Aber wie der Beamte gesagt hatte, es war bloß Erde.
Sie erwachte beim lieblichen Ptwii-ptwirr der schillernd gefiederten Silalanguets, der melodischsten Bewohner von New Rivieras Takari-Wäldern. Die fröhliche Lebhaftigkeit des Gesangs bildete einen starken Gegensatz zu der Düsterkeit ihrer Gedanken. Nicht nur wusste sie nicht, wo sie war, sie hatte auch keine Ahnung, wie sie dorthin gekommen sein mochte.
Sie befand sich in einem kleinen Haus, dessen Wände wie echtes Holz aussahen. Durch die Luftbarrieren, die den Platz der altmodischen Fensterscheiben eingenommen hatten, sah sie üppig blühende Bäume, einen tiefblauen Himmel und vereinzelte leuchtend grüngelbe Korkenzieherbüsche. Außer dem faszinierenden Gezwitscher der Silalanguets drang das anschwellende Brummen der Colusai-Kletterer herein. Beides wirkte nicht beruhigend.
Besonders da ihre Hände hinter dem Rücken gefesselt und auch die Fußgelenke zusammengebunden waren.
Ansonsten konnte sie sich ungehindert bewegen. Indem sie die Beine nach links schwang
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