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Die Stimme

Titel: Die Stimme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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Kopisten und vielleicht einen Übersetzer mit einer poetischen Ader, die das für mich anfertigen könnten? Einen Illuminator brauche ich nicht – verzierte Initialen reichen mir wirklich. Nur muß es rechtzeitig gebunden sein.«
    »Ich kenne Leute, die sich für diese Arbeit eignen, ja.«
    »Wenn Ihr die ganze Sache in die Hand nehmen wollt, so daß alles rechtzeitig fertig ist, erhaltet Ihr eine gute Vermittlungsgebühr.«
    »Ich suche die mir bekannten Leute auf, komme morgen wieder und gebe Euch Nachricht. Aber ich bin überzeugt, daß es möglich ist, auch so kurzfristig noch.«
    »Gut, gut – dann bis morgen.« Und schon hörte man, wie Master Kendalls Schritte sich entfernten. Gregory zog den Kopf ein wie eine Schildkröte. Das Wasser war kalt. Außerdem hörte er, wie sich vor dem Zelt etwas rührte.
    »Mistress hat mich mit diesen Kleidern geschickt, Ihr könnt sie tragen, bis Eure getrocknet sind. Die liegen hier gleich neben dem Feuer, doch es dauert wohl noch ein Weilchen, bis sie trocken sind. Neben dem Zuber liegt ein Handtuch. Ich gehe jetzt.«
    Barmherziger Heiland, was kam noch alles? Wohl so ein Narrengewand in abwegigen Farben als krönender Abschluß einer Abfolge von Demütigungen. Bruder Gregory kam aus dem Bade hoch und besah sich die Kleidung, während er sich abtrocknete. Alles in Ordnung. Margaret hatte doch ein feines Gespür für seine Bedürfnisse und hatte ihm ein prosaisches, schwarzes Gewand mit Bruch bringen lassen, was Master Kendall auf der Beerdigung seiner Mutter getragen hatte. Alles war ein wenig zu weit und zu kurz für seine lange, schlaksige Gestalt, doch wenn man es hier und da etwas zusammenhielt, paßte es recht gut. Als er die Kleider anlegte, sah er sich erneut ihre gnadenlose Schwärze an und überlegte, ob Margaret sich wohl auf subtile Weise über ihn lustig machen wollte. Dann ging er nach unten, wo ihn Margaret mit einem fröhlichen: »Wieder trocken, Bruder Gregory?« begrüßte, so als ob sie das lächerliche, schwarze Gewand nicht einmal sah. Er warf ihr einen durchdringenden Blick zu. Sie wollte vor Dünkel ja schier platzen und verdiente einen Rüffel.

    Nach dem Abendläuten, wenn die Straßen Londons dunkel sind und jeder anständige Bürger seine Lichter gelöscht hat und zu Bett gegangen ist, wurden Hilde, Bruder Malachi und ich von dem erbärmlichen Gezeter zweier betrunkener Sattler geweckt, welche die matschige Gasse vor unserem Haus entlangtorkelten.
    »Brü-hü-der auf e-hi-wig in Christi allzuma-ha-hal«, sangen, besser, versuchten sie, die Bruderhymne ihrer Zunft zu singen. Das Gegröle schwoll auf und ab wie Wolfsgeheul. Gegenüber in der Gasse klappte geräuschvoll ein Fensterladen auf.
    »Ruhe da!« donnerte eine Männerstimme. Von nebenan kam eine andere Stimme:
    »He, alter Tom! Ich habe von rolligen Katzen schon besseren Gesang gehört!« Etwas sauste durch die Luft und zerplatzte. Jemand hatte mit einem faulen Ei geworfen, das aber auf dem unebenen Pflaster keinen Schaden anrichtete. Eine empfindsame Nase konnte den leichten Schwefelgeruch jedoch riechen. Auf einmal taumelten die Trunkenbolde und hielten an, wobei sie sich gegenseitig stützten.
    »Das isses«, verkündete einer und donnerte an unsere Tür. Wir lagen alle da und wünschten uns nichts sehnlicher, als daß sie weggehen würden, doch da wurde die Nachbarstür aufgerissen.
    »Watt, auf der Stelle kommst du rein! Soll dich etwa wieder der Nachtwächter einsperren?«
    »Ach, da bist du ja, Kate, was machst du denn nebenan?«
    »Ich bin nicht nebenan; das hier ist dein Haus, und du hämmerst wie ein Idiot auf der Tür dieser neuen Leute rum.«
    »Ich bin kein Idiot, das hier ist das richtige Haus, und du bist nebenan – was zum Teufel tust du eigentlich nebenan?« fragte er in immer mißtrauischerem Ton.
    »Du bist ja betrunken. Und kommst spät. Was hast du denn nach dem Zunftfest noch getan? Mach den Mund auf und gib Antwort!«
    »Aber Schätzchen«, sagte er in übertrieben versöhnlichem Ton, »ich bin im Haus von einem unserer Brüder eingekehrt – in Geschäften.«
    »In Saufgeschäften, meinst du wohl! Und wen hast du da bei dir?«
    »Noch'n Bruder. Seine Frau will ihn nicht reinlassen, sagt er, und so sagte ich, meine Kate ist eine gastfreundliche Frau. Bleib die Nacht bei uns. Aber du hast uns ausgeschlossen, und jetzt willst du, daß wir nebenan bleiben –«
    Man hörte Schritte, als die Frau herauskam, ihn sich beim Ohr schnappte und ihn von unserer Tür

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