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Die Stimmen des Flusses

Die Stimmen des Flusses

Titel: Die Stimmen des Flusses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaume Cabré
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nämlich, daß er für Gott, für das Vaterland, für Franco und so weiter gestorben war. Er trank noch einen Schluck Kaffee. In der Bar waren außer ihm noch vier oder fünf Frühaufsteher. Und draußen auf der Straße war sein Verfolger ganz allein, da es niemandem einfiel, bei dem strömenden Regen aus dem Haus zu gehen.
    Oriol zog das Buch aus der Tasche und tat so, als läse er, während er aus den Augenwinkeln den überwachte, der ihn überwachte, und gleichzeitig versuchte, die Nummer drei der Placeta de la Font nicht aus dem Blick zu verlieren, aus Angst, Du könntest auf dem Arm Deiner Mutter herauskommen und ich könnte Euch wieder verlieren, diesmal für immer.
    Wer ist bloß hinter mir her? Er sah sich die Gäste der Bar an: Sie waren keine Verfolger und sahen auch nicht aus wie Verfolgte. Sah er aus, als würde er verfolgt? Er trank das Glas aus. Der Regen ließ nach.
    »Noch einen Kaffee mit Schuß«, verlangte er, ohne den Blick von seinem Verfolger zu wenden. Die Tür von Nummer drei ging auf, und ein grauhaariger Mann kam heraus, das Frühstücksbrot unter dem Arm, auf dem Weg zur Arbeit wie die Gäste der Bar, die sich jetzt, da sie sahen, daß der Regen schwächer wurde, nach der ersten Zigarette des Tages und einem ordentlichen Kaffee einer nach dem anderen davonmachten.Trotz der Wolken wurde es allmählich heller, und auf den Straßen, die in den Platz einmündeten, zeigten sich die ersten Passanten. Sie boten den abgekämpften, grauen, argwöhnischen Anblick von Menschen am Frühmorgen kurz nach einem Krieg, der sie alle ausgelaugt hatte. Der Verfolger war ein Unbekannter. Er versuchte, inkognito zu bleiben, und von seiner Falangeuniform waren ihm nur der schmale Schnurrbart und der überhebliche Blick geblieben. Es war nicht die Armee. Es waren die Falangisten.
    Da sah er sie. Sie kam aus dem Haus, ein Bündel im Arm. Nein! Es war seine Tochter! Rosa trug eine feine Bluse. Es war nicht kalt, aber seine Tochter war warm einpackt.Wohin gingen sie so früh am Morgen? Er hatte sich darauf eingestellt, lange warten zu müssen, so daß er sich überlegen konnte, was er ihr sagen wollte, wie er es ihr sagen würde, wie er es anstellen sollte, sie zu überzeugen, wenn es überhaupt gerechtfertigt war, ihr alles zu erzählen und sie dann zu drängen, an der Placeta de la Font zurückzubleiben, während er in die Berge zurückkehrte und dort sein Leben aufs Spiel setzte.War es nicht vielleicht besser, ihr nichts zu sagen? Hatte er die Reise umsonst gemacht?
    Wieder fragte er sich, wieso sie so früh aus dem Haus gegangen war. In diesem Augenblick hustete Rosa, und er sprang auf und wollte zu ihr hinlaufen. Da sah er, daß sich zu dem durchnäßten Mann ein zweiter gesellt hatte. Beide sahen zu ihm hinüber und sagten etwas, und ich verstand, daß es besser war, Euch nicht in diese Geschichte hineinzuziehen, weder Dich noch Deine Mutter, denn diese Leute haben keinerlei Skrupel.Also setzte Oriol Fontelles sich wieder hin. Er kämpfte mit den Tränen; nur undeutlich nahm er wahr, wie Rosa an der Bar vorüberging, mit ernstem Gesicht, seine Zukunft in den Armen. Er sah nur ein weißes, molliges Händchen, die Hand seiner Tochter, der andere wichtige Grund, das Geheimnis zu wahren. Oriol ahnte nicht, daß dies das erste und das letzte Mal sein würde, daß er diese Hand sah. Er dachte, nun, da er wisse, wo sie wohnten, könne er es in vierzehn Tagen noch einmal versuchen.
    Fünf Minuten später verließ er die Bar und stellte fest, daß die beiden Männer ihm folgten. Er kam sich vor wie eine Lerche, die sich verletzt stellt, um die Raubtiere vom Nest mit ihren Jungen wegzulocken.
    »Warum hast du mir nachspioniert?«
    »Was hast du gemacht, nachdem du in die Straßenbahn gestiegen bist?«
    »Soll das ein Verhör sein? Verdächtigst du mich etwa?«
    Du könntest mich zumindest verdächtigen, mit einer Frau ins Bett zu gehen, die du für dich willst, die aber Lichtjahre von dir entfernt ist; du könntest mich verdächtigen, Eliot zu sein, den Maquis bei der Vorbereitung der Großen Operation zu unterstützen, von der ich nicht weiß, was sie ist. Ach ja, und ich stehe im Verdacht, schlecht gezielt zu haben, als ich dir im Restaurant Estació de Vilanova eine Kugel in den Kopf jagen wollte. Und das ist noch nicht alles.
    Valentí Targa trank einen Schluck und stellte die Tasse behutsam auf der Untertasse ab: »Was hast du gemacht, nachdem du in die Straßenbahn gestiegen bist?«
    »Ich war im Puff.Willst

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