Die Strafe - The Memory Collector
»Allmächtiger.«
»Keine Angst, das ist nicht das kongolesische Affenvirus. Nur die Nachwirkungen von mutigem Verhalten.«
»Ich will dich jetzt nicht allein lassen …«
»Ich weiß, wie Jo aussieht. Und auch Kanan erkenne ich, ich hab ihn heute schon gesehen. Irgendjemand muss doch den Polizisten dort zeigen, wer er ist.« Er klopfte Ferd auf den Rücken. »Du musst sofort zum Arzt, glaub einem alten Sanitäter.«
Dann schickte er die SMS an Tang ab und sprintete zu seinem Auto.
Ian Kanan blinzelte sich die Müdigkeit aus den Augen. Er stand an einem Schreibtisch im Lagerraum eines Sportartikelgeschäfts. Wild verstreut auf dem Schreibtisch lagen Post-it-Zettel und Fotos. Dazu drei Handfeuerwaffen, ein Messer in einer Knöchelscheide und mehrere Schachteln Munition. Er hielt ein Gewehr mit Nachtzielfernrohr in der Hand.
Eine Remington Model 700, eines der populärsten amerikanischen Gewehre mit Kammerverschluss. Es hatte einen verstellbaren Abzug und ein abnehmbares Kastenmagazin. Das musste reichen.
Als er das Gewehr auf den Schreibtisch legte, entdeckte er dort ein Foto aus seiner Brieftasche: er mit Misty und Seth am Strand, Whiskey mit einer Frisbeescheibe im Maul.
Er strich mit den Fingern über die Aufnahme. »Bitte versteht mich.«
Plötzlich nahm er aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr. Draußen auf der Gasse. Nur eine unmerkliche Verschiebung in der Dunkelheit. Sofort schmiegte er sich mit dem Rücken an die Tür.
Wieder eine Bewegung, substanzlos wie Rauch. Dort draußen war jemand.
An der verriegelten Tür hing eine Nachricht. Bin zu Wendy’s. In zehn Min. wieder da. WARTE HIER.
Lautlos schob er den Riegel zurück und öffnete die Tür. Er trat hinaus in den Nebel.
Drei Meter vor ihm und von ihm abgewandt, stand eine Gestalt in einer schwarzen Jacke. Durch die Milchglasscheibe fiel schwaches Licht auf den Lauf einer Pistole dicht am Bein der Gestalt.
Einer von ihnen.
Er machte sich nicht die Mühe, leise zu sein, weil der Abstand so gering war. Nach drei schnellen Schritten riss er die Fäuste hoch. Die kleine Gestalt mit dem stachligen schwarzen Haar drehte sich jetzt zum Fenster und wollte herumfahren, als sie ihn hörte. Er bemerkte ihr asiatisches Profil.
Eine Frau. Er ließ die Fäuste nach unten sausen. Mit einer genau berechneten Bewegung traf er sie an beiden Seiten des Halsansatzes. Sie verlor sofort das Bewusstsein und sackte wie eine Marionette in seine Arme.
Er warf sie sich über die Schulter und trug sie hinein.
KAPITEL 31
»Aufwachen.«
Wieder versetzte Kanan der Frau einen Klaps ins Gesicht, fester diesmal. Ihr Kopf fuhr hoch und prallte hinten gegen den Stützpfosten. Flatternd öffneten sich ihre Augen.
Dann wurde ihr Blick scharf. Er kauerte vor ihr auf den Fußballen, die Unterarme auf den Knien. Sie zuckte zurück und merkte, dass ihre Hände mit Klebeband hinter den Pfosten gefesselt waren. In ihrem Mund steckte ein kleiner Gummiball.
Er erklärte ihr die Lage. »Wenn ich den Knebel rausnehme, können Sie von mir aus schreien, bis Sie rot anlaufen, aber hier unten hört Sie niemand.«
Sie funkelte ihn an, dann schaute sie sich um. Im Keller des Ladens war es kalt und kahl.
Er drückte auf ihre Wangen und ließ den Gummiball aus ihrem Mund springen.
Sie drehte den Kopf weg und spuckte auf den Boden. »Ich bin Polizeibeamtin, Sie sind verhaftet.«
»Ich habe Ihre Marke gefunden, Lieutenant.« Er nickte zur Seite. Ihre Dienstmarke, ihre Waffe und ihr Telefon lagen
auf dem Betonboden. »Tut mir leid, dass ich Ihnen den Abend verdorben habe. Aber bevor Sie zurück ins Revier dürfen, müssen wir noch ein bisschen plaudern. Wie haben Sie mich aufgespürt?«
»Polizeiliche Ermittlungen. Ian, wir wissen, dass Ihre Frau und Ihr Sohn entführt wurden. Wir tun alles, um sie zu retten.«
Seine Haut wurde siedend heiß. »Sie retten?«
»Wir wissen, dass sie festgehalten werden, um Sie zur Übergabe von Nanotechnologieproben von Chira-Sayf zu zwingen. Wir wollen Ihnen helfen. Lassen Sie mich frei. Wir haben keine Zeit mehr.«
»Wo sind sie?«, fragte er.
»Ich weiß es nicht. Die Entführer bringen sie zum Treffpunkt. Aber wir müssen dafür sorgen, dass die Polizei vor ihnen da ist. Schneiden Sie die Fesseln durch.«
Sie erinnerte ihn an einen wilden Igel - klein, zäh und bissig.
»Sind Sie allein?«
Sie zerrte an dem Klebeband. »Natürlich nicht. Ian, wir können hier nicht rumtrödeln. Für Ihre Familie wird es allmählich eng.«
Für ihn war
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