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Die Strafe - The Memory Collector

Titel: Die Strafe - The Memory Collector Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
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hier. Er musste nur geduldig sein.
     
    »Ist es das?«
    Ian Kanan blickte vom Telefon auf. Das Taxi kroch auf der Crissy Field Avenue nach Westen. Das Feld war menschenleer. Niemand draußen. Der Fahrer beobachtete ihn im Rückspiegel.

    »Warten Sie kurz«, antwortete Kanan.
    Er konnte nicht nach Hause. Das Haus wurde bestimmt rund um die Uhr bewacht. Außerdem würden sie versuchen, ihn über sein Handy aufzuspüren. Er ging tief ins Menü und klickte auf Flugzeugmodus. Damit konnte er das Telefon eingeschaltet lassen, Fotos machen und über alle gespeicherten Informationen verfügen, aber es empfing und sendete nicht mehr. Es schickte keine Signale an Handymasten. So konnte ihn niemand finden.
    In einem Untermenü gab er ein, dass der Sendemodus am Freitag um zehn Uhr abends wieder aktiviert werden sollte.
    Er schielte auf das Gekritzel an seinem rechten Arm. Schwerer Gedächtnisverlust. Ich kann keine neuen Erinnerungen bilden. So konnte man es ausdrücken. Er konnte sich nicht daran erinnern, dass er dem Fahrer gesagt hatte, zum Crissy Field zu fahren. Er wusste nicht einmal mehr, dass er ins Taxi gestiegen war.
    Er saß in der Klemme. Sein Rucksack war weg, auch sein Computer. Nur das Handy hatte er noch. Aus seinem Kopf strömten die Erinnerungen wie die Luft aus einer durchlöcherten Tauchflasche. Er war allein an der San Francisco Bay und musste sich verstecken. Die Sache war nicht so gelaufen, wie er sich das vorgestellt hatte.
    Damit galt also Plan B.
    »Lassen Sie mich hier raus«, sagte er.
    »Sind Sie sicher?«
    »Absolut.« Er knöpfte das Denimhemd über dem T-Shirt mit der Aufschrift FADE TO CLEAR zu. Draußen war es sicher kalt. »Haben Sie vielleicht Stift und Papier für mich? Ich kauf sie Ihnen ab.«

    Wieder fing er den Blick des Fahrers im Rückspiegel auf. Schwerfällig wandte sich der Mann nach hinten und reichte ihm einen Kugelschreiber und einen Stoß Post-it-Zettel.
    »Danke.« Kanan bezahlte ihn, schob die Sachen in die Hemdtasche und stieg aus.
    Der Wind sprang ihn von der Seite an. Das Taxi fuhr davon und strebte in eine weniger verlassene Gegend.
    Es hatte nicht geklappt. Er musste auf Plan B zurückgreifen. Diese Einsicht fuhr ihm heftiger in die Glieder als der Märzwind. Er schlug den Hemdkragen hoch und drückte die Arme an den Körper. Seths T-Shirt half bestimmt gegen die Kälte. Er nahm sich fest vor, diesen Gedanken im Kopf zu behalten.
    Auf einmal hatte er Seth vor Augen, der nur aus Ellbogen und dürren Beinen bestand, die rutschende Brille auf der Nase, mit todernstem Gesicht in sein Gitarrenspiel vertieft. Die Talentschau an der Schule, durchgeknallte Vierzehnjährige, die der Band seines Jungen zujubelten. Neben ihm Misty mit leuchtendem Gesicht. Sie hatte sich an ihn gedrückt und fast gelacht vor Stolz. In dem Lärm hatte er sich zu ihr gebeugt, ihr Haar zurückgestrichen und ihr ins Ohr geflüstert: »Er ist wie du, Babe. Talent und Leidenschaft.«
    Er konnte nur hoffen, dass Seth auch genug von Mistys Mumm geerbt hatte. Darauf war sein Sohn im Moment dringend angewiesen.
    Noch nie hatte sich Kanan so einsam gefühlt. Mit jeder Faser sehnte er sich danach, seine Familie in die Arme zu schließen. Aber das war nicht möglich, solange er diese Sache nicht zu Ende gebracht hatte. Er hatte Mühe, sich zu
konzentrieren. Er durfte auf keinen Fall abschweifen. Der Auftrag musste erledigt werden.
    Ich kann keine neuen Erinnerungen bilden. Mit einem Schlag wurde ihm klar, dass ihm von seiner Familie vielleicht nichts anderes bleiben würde als Erinnerungen.
    Er brauchte einen Plan. Einen möglichst einfachen Plan.
    Ein Auto besorgen. Waffen besorgen. Alec aufspüren, dann die anderen.
    Sein Blick wanderte über die Straße, die stahlgraue Bucht, die Golden Gate Bridge. Hoch droben am Hügel leuchtete der Brückenzugang durch Eukalyptusbäume und windgebeutelte Kiefern. Mit gesenktem Kopf schritt er voran in die Wildnis des Presidio.
     
    Am späten Nachmittag erreichte Jo endlich Misty Kanan.
    Ians Frau hatte wenig Lust auf eine Befragung. »Ian ist krank und irrt irgendwo in der Gegend rum. Warum sind Sie nicht auf der Suche nach ihm, statt mich ins Kreuzverhör zu nehmen?«
    »Wir haben eine bessere Chance, ihn zu finden, wenn wir mit den Leuten reden, die ihn gut kennen. Und das heißt, mit Ihnen.«
    Misty zögerte. »Schön. Um fünf.«
    Um halb fünf hielt Lieutenant Tang in einem Zivilwagen vor Jos Haus. Sie hupte wie eine ungeduldige Jugendliche, und Jo stieg rasch

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