Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Strafe - The Memory Collector

Titel: Die Strafe - The Memory Collector Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
Vom Netzwerk:
und rief den Neurologen Rick Simioni an.
     
    Kanan lenkte den braunroten Navigator in den Jachthafen. Das Wasser in der Bucht war mit weißen Schaumkronen gesprenkelt. Draußen im Morgendunst schimmerte Alcatraz. Er steuerte auf den Wald von Segelbootmasten zu und ließ den Blick nach allen Seiten wandern.
    Er ging nach einem einfachen Prinzip vor: Nimm das Schlimmste an, um am Leben zu bleiben. Sei jederzeit auf einen Hinterhalt gefasst. Auf einer Nachschubbasis der US-Marines hatte er einmal ein Schild entdeckt, auf dem stand: Sei bereit, jeden zu töten, dem du heute begegnest. Ein guter Rat.
    Er fuhr weiter und schaute sich nach irgendwelchen
Fahrzeugen oder Menschen um, die nicht ins Bild passten. Am Armaturenbrett hingen zwei Post-it-Zettel. Auf dem ersten war zu lesen: Auto, Waffen, Alec, SIE. Das Wort Auto war durchgestrichen. Er saß bereits in einem. Die zweite Nachricht lautete: Somebody’s Baby.
    Die GPS-Stimme sagte: »Bitte wenden Sie hier.«
     
    Er blickte auf. Er war im Jachthafen von San Francisco und starrte durch die Windschutzscheibe auf die Golden Gate Bridge.
    Nach dem Wendemanöver fuhr er zurück zu den Booten, parkte und stieg aus. Das fröhliche Blau des Himmels schien ihn zu verspotten, aber die Kiefern erschauerten unter einem melancholischen Wind. Er zog den Hemdkragen hoch und schlenderte auf die Anlegestelle zu.
    Er spürte den Dolch in seinem Stiefel. Spürte einen Stein, wo sein Herz hätte sein müssen, so fest und heiß, dass er einen Moment lang kaum noch atmen konnte.
    Reiß dich zusammen. Lass den Verrat hinter dir, bring es zu Ende und hol sie dir.
    Der Hafen war voll, draußen auf dem Wasser waren nur wenige Segel zu erkennen. Die Leute, deren Boote hier lagen, waren gerade im Bankenviertel oder in Silicon Valley und schufteten sich sechzehn Stunden am Tag ab, um sich ihr Hunderttausenddollar-Spielzeug leisten zu können.
    Ein Stück weiter vorn erblickte er die Somebody’s Baby. Ihr Fiberglasrumpf leuchtete im Sonnenschein. Er sprang an Bord, stieg die Treppe hinunter und brach das Schloss der Kabinentür auf.

    In seinem schwarzen Lieferwagen beobachtete Ken Meiring, wie der Navigator zweimal, dreimal an ihm vorbeirollte - Mann, wie viele Runden wollte der Typ denn noch über den Parkplatz drehen? Schließlich wendete der Ford und kam zurück. Ian Kanan stieg aus und marschierte hinüber zu den Booten.
    Meiring kletterte aus dem Auto und folgte ihm.
     
    Im Inneren der gepflegten Kabine war es ruhig. Niemand an Bord. Kanan holte einen Schlüsselbund aus der Kombüse und schloss einen Einbauschrank in der Sitzbank an der Kabinenwand auf.
    »Verdammt.«
    Keine Waffen. Kein Revolver, kein Gewehr, nicht einmal die Leuchtpistole der Jacht war da. Jemand hatte sie entfernt. Ratlos starrte er ins Leere.
    Plötzlich schaukelte das Boot, und an Deck quietschten Schuhsohlen.
    Lautlos schlich sich Kanan wieder in die Kombüse. Er lehnte die Tür an und kauerte sich dahinter. Die Schuhe quietschten die Treppe herab, wie klobige Stiefel mit Gummisohlen. Dann verharrten sie.
    Kanan spähte durch den Spalt. Ein Mann stand mit dem Rücken zu ihm in der Kabine. Er war Ende dreißig, weiß und gebaut wie ein Schrank. Ein Fettring zog sich wie ein Satellitengürtel um seine Taille. An seinem Hals flammte eine groteske Akne, offenbar die Folge von Steroidmissbrauch. In der rechten Hand hielt er eine halbautomatische HK-Pistole.
    Adrenalin schoss Kanan durch die Adern. Ein Fremder mit einer Schusswaffe. Einer von ihnen ?

    Er taxierte seine Chancen. Der Mann wirkte relativ schwerfällig. Er hatte ihm den Rücken zugekehrt, ohne zuvor die Kombüse zu durchsuchen. Falls er ein Profi war, dann hatte er heute einen schlechten Tag.
    Aber das Gleiche traf auch auf Kanan zu. Dieser Fettklotz hatte ihm aufgelauert, und er hatte ihn nicht bemerkt.
    Der Mann war drei Schritte von ihm entfernt, und seine Bewegungsfreiheit war durch den engen Raum eingeschränkt. Kanan spannte die Muskeln, warf die Tür zurück und sprang.
    Der Typ hörte ihn und wollte sich umdrehen. Im selben Moment trat ihm Kanan schon mit dem rechten Bein ins linke Knie und drosch ihm die Handkante zwischen die Schulterblätter. Der Mann stürzte nach vorn. Sein Kopf krachte auf die Kante der Sitzbank, und er klatschte auf den Boden wie ein Mehlsack. Kanan stampfte auf seine rechte Hand und nahm ihm die Waffe ab.
    Dann drückte er ihm das Knie in den Rücken und hielt ihm den Pistolenlauf an den Schädel. »Wer bist du?«
    »Das ist

Weitere Kostenlose Bücher