Die Strafe - The Memory Collector
den Stoffhund.
»Wo ist dein Käfig?«
Den Affen sicher im Griff, machte sie sich auf den Weg zu Ferds Büro zwei Türen weiter. Dort wartete ein knapp zwei auf zwei Meter großer Käfig mit Kletterbaum und bequemem Bett. Sie löste Mr. Peebles’ Finger und Zehen von
ihrem Pullover, drehte ihn elegant um die Achse und setzte ihn hinein. Sie schloss die Tür und legte den Riegel vor. Dann wandte sie sich zum Schreibtisch um, auf der Suche nach etwas, womit sie den Riegel sichern konnte. Zufällig stieß ihre Hand gegen die Computermaus, und Ferds Monitor erwachte.
Zischend sog sie die Luft ein. An ihrer Schläfe pochte eine Ader.
Auf dem Bildschirm erschien ein Download in Technicolor aus einer Folge von Star Trek. Sie erkannte die sexy Borg-Frau in dem Bodysuit, der ihr wie Sprühfarbe am Körper saß. Die Hüfte vorgeschoben, hielt sie eine Waffe von der Größe einer Walharpune in den Händen.
Und Jos Kopf war mit Photoshop auf ihren Körper montiert worden.
In seinem Käfig kreischte Mr. Peebles und warf sich gegen die Gitterstäbe. Sprachlos gaffte sie auf den Monitor.
Siebenmal Jo. Sie wusste nicht, ob sie den Computer zu Schrott machen oder sich krummlachen sollte.
Plötzlich bemerkte sie aus dem Augenwinkel eine Bewegung. Nebenan. Sie lugte über den Zaun in ihre hellerleuchtete Küche. Und erstarrte.
Dort stand ein Mann.
Die Angst durchzuckte sie wie ein Blitz. Von oben konnte sie nur seine Beine wahrnehmen. Er wirkte schmächtig und beweglich, steckte in Jeans, und ein blaues Bandana hing ihm aus der Hintertasche. Langsam schritt er durch die Küche und schaute sich um.
Wo war Tina?
Hastig suchte sie die Hosentaschen nach ihrem Telefon ab. Nichts.
Scheiße. Ihr Handy lag auf dem Küchentisch. Sie griff nach dem Telefon auf Ferds Schreibtisch und wählte 911.
Von Tina war nichts zu sehen. Das Wohnzimmer schien leer. Oben brannte kein Licht. Der Mann wandte sich zum Küchentisch und klappte ihr Notebook auf.
»911, Notruf.«
»In meinem Haus ist ein Einbrecher.« Sie gab ihre Adresse durch. Ihre Stimme klang brüchig. »Meine Schwester ist dort. Beeilen Sie sich.«
»Bleiben Sie bitte dran, Ma’am, ich schicke einen Streifenwagen.«
Während die Finger des Fremden über ihre Tastatur glitten, schlenderten die Beine eines zweiten Mannes in die Küche. Er hatte ihre Umhängetasche dabei und leerte jetzt den Inhalt auf den Tisch.
Sie wollte einatmen, aber es gelang ihr nicht. »Da ist noch ein zweiter.«
Wo ist Tina?
Der zweite Kerl war stämmiger als der andere. Er nahm Jos Notizbuch und schlug es auf.
Was stand in dem Notizbuch?
Was stand nicht drin? Ruth Fischers Name und Telefonnummer. Giftige Bemerkungen über Riva Calder. Die Tatsache, dass Alec Shepard Ian Kanans Bruder war.
»Die Polizisten sollen sich beeilen. Die Einbrecher durchsuchen meinen Computer und meine Notizen zu einer Kriminalermittlung, bei der es um einen Vermissten und um Mord geht. Wenn sie die Adresse des Vermissten finden,
sind seine Frau und sein Sohn in Gefahr. Schicken Sie dort auch gleich jemanden hin.« Sie nannte Misty Kanans Namen und Adresse.
Tastengeräusche und Stimmen im Hintergrund. »Die Kollegen sind bereits unterwegs. Bleiben Sie bitte dran.«
Unterwegs war nicht gut genug. »Meine Schwester ist in dem Haus. Ich trommle ein paar Nachbarn zusammen und hol sie raus.«
Die Stimme des Beamten rutschte eine halbe Oktave höher. »Bitte bleiben Sie, wo Sie sind, Ma’am. Stellen Sie sich den Einbrechern nicht entgegen.«
Jo ließ das Telefon auf den Schreibtisch fallen und lief zur Treppe. Sie brauchte eine Waffe. Am liebsten ein Katana.
In Ferds Küche zog sie eine Schublade auf. Besteck klapperte. Sie wandte sich der nächsten zu. Messer. Sie griff nach einem Brotmesser mit einer dreißig Zentimeter langen gezackten Klinge und prüfte es. Es war schwer, lag gut in der Hand und sah wirklich gemein aus. Die Edelstahlklinge blitzte, als sie sie drehte.
Sie blickte durch Ferds Hintertür. In ihrem Haus waren zwei Einbrecher. Waren noch mehr draußen, die in einem Auto warteten oder sich in dem Park auf der anderen Straßenseite versteckt hatten?
Mit prickelnden Händen lief sie auf leisen Sohlen die Hintertreppe hinunter. Was wollten diese Typen? War das Kanan mit seinen Helfern? Sie bückte sich, damit ihr Kopf unter dem Zaunrand blieb. Das Messer flach ans Bein gedrückt, rannte sie zur Ecke der Villa. Vorsichtig spähte sie auf den dunklen Gehsteig, der vom Haus zur Straße führte.
Schatten
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