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Die strahlenden Hände

Die strahlenden Hände

Titel: Die strahlenden Hände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Gesicht der Frau, über das jetzt ein seliges Lächeln glitt, ein inneres Leuchten, eine tiefe Zufriedenheit. Und mitten in diesem inneren Glanz blieb der Atem stehen, das beglückende Lächeln erstarrte, das Leben wich aus den Augen, aber das gläserne Leuchten blieb.
    Langsam, ganz langsam zog Corinna die Hände zurück, richtete sich auf und lehnte sich haltsuchend an Meersei, der dicht hinter ihr stand. Roemer knirschte mit den Zähnen, Dr. Hambach nagte an der Unterlippe, Stefan Doerinck atmete schwer.
    »Was ist?« fragte der Mann, der noch nicht begriffen hatte, was geschehen war. »Hören Sie schon auf? Warum hören Sie auf?« Er tappte näher, sah seine lächelnde Frau an und begriff noch immer nicht. »Hanna …«, sagte er mit erschütternder Zärtlichkeit in der Stimme. »Hanna … spürst du, wie gut das tut …?«
    »Ihr Glück war gottesnah …«, sagte Meersei ernst.
    »Hanna!« Der Mann verstand jetzt. Er fiel neben der Trage auf die Knie und legte beide Hände um das schmale, gelbe, stille Gesicht mit dem wunderschönen Lächeln. »Hanna! O Gott! O Gott!« Dann warf er den Kopf herum und sah zu Corinna empor. Doerinck hatte seiner Tochter eine angezündete Zigarette gebracht, sie rauchte sie hastig und mit halb geschlossenen Augen. »Ich danke Ihnen …«, stammelte der Mann. »Sie ist so glücklich gestorben, so voll Hoffnung … Kann man schöner sterben?«
    Dr. Hambach ging zur Tür und winkte einen der draußen wartenden Sanitäter herein.
    »Sie können sie wieder zum Wagen bringen«, sagte er. Der Sanitäter blickte zur Trage, sah den weinenden Mann und hob die Augenbrauen.
    »Was ist los? Tot?«
    »Ja.«
    »Bedaure, dann können wir sie nicht mehr transportieren. Vorschrift, Herr Doktor. Wir dürfen in einem Krankenwagen nur Lebende fahren. Wenn's auf der Fahrt passiert – na, dann ist nichts zu ändern. Aber bereits Tote … bedauere. Das geht nur mit einem Sarg und einem Beerdigungsinstitut.«
    Er warf noch einen Blick auf die tote Frau, hob die Schultern und verließ das Haus. Kurz darauf hörte man den Krankenwagen wegfahren. Um sich in dem Gewühl der Menschen Platz zu schaffen, ließ er ein paarmal seine Sirene ertönen. Sie entfernte sich schnell.
    »Auch das noch!« sagte van Meersei. »Was glauben Sie, welche Bewegung in die Menge kommt, wenn nachher ein Sarg angeliefert wird. Ist das Fernsehen draußen?«
    »Natürlich!« Dr. Roemer hatte sich um den weinenden Mann gekümmert. Er hatte ihn zu einem Stuhl geführt, ihn darauf niedergedrückt und ihn geradezu gezwungen, ein volles Glas Kognak zu trinken. Das hatte ihm wirklich gut getan; der Antiquitätenhändler faßte sich und weinte nicht mehr. »Zwei Teams sind da.«
    »Das wird ein Fressen für die!« Dr. Hambach nickte Doerinck zu. »Stefan, tragen wir die Tote nach hinten?«
    Sie packten die Trage, schleppten sie in den hinteren Raum, Corinnas Werkstatt, und stellten sie vor dem großen Knüpfrahmen ab. Da nichts anderes greifbar war, nahm Dr. Hambach einen langen, schmalen Wandteppich und legte ihn über die Tote. Sommerblüten hieß das Motiv. Strahlende Farben, sonniges Leben.
    Sie waren gerade in den Ausstellungsraum zurückgekommen, als es wieder an der Tür klopfte. Roemer wuchtete hinüber und brüllte: »Wer ist da?!«
    »Beiler hier.«
    »Wir brauchen kein Werkzeug!« schrie Roemer und lief rot an.
    »Peter Beiler ist unser Bürgermeister.« Doerinck ging zur Tür, öffnete sie und ließ Beiler und einen anderen Mann in das Haus. Der Unbekannte stellte sich als Kriminaloberrat Fernich vor. In seiner Not hatte Beiler nämlich beim Polizeipräsidenten in Münster angerufen und von ihm erfahren, daß man für so etwas nicht zuständig sei. Trotzdem wolle man einen Beamten schicken zur Beobachtung der Lage. Oberrat Fernich war darüber gar nicht erfreut; derartige öffentlichen Auftritte versuchte man bei der Polizei zu vermeiden. Das Fernsehen hatte auch prompt reagiert, als Bürgermeister Beiler am ›Kampfplatz‹ erschien. Auf die Frage an Oberrat Fernich indessen, wer er sei und was er hier mache, erhielt der TV-Reporter die grobe Antwort: »Das geht Sie nichts an! Kein Kommentar!« Das wurde natürlich gefilmt – so etwas war Salz in der Suppe.
    Hier im Haus stellte sich Oberrat Fernich allen Anwesenden global vor, indem er seinen Namen in die Runde rief. Sehr erstaunt, ja betroffen war er, als er Landgerichtsdirektor Roemer bemerkte. Ihn hier vorzufinden, hätte er nie vermutet. Er erkannte ihn sofort. Wer in

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