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Die strahlenden Hände

Die strahlenden Hände

Titel: Die strahlenden Hände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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komme!«
    »Wenn ich sage, ich bin Ihnen immer Dank schuldig, Corinna«, sagte Dr. Wewes kurz darauf in Doerincks Arbeitszimmer, wohin sie sich beide zurückgezogen hatten, »dann wäre das so, als würde man in eine Sammelbüchse für Blinde einen Hosenknopf werfen. Ich möchte Ihnen helfen. Aber wie? Man hat Ihr Haus angezündet … wenn Sie für den Neubau eine finanzielle Unterstützung brauchen … verfügen Sie über mich.«
    »Ich brauche kein Geld.« Corinna wischte sich mit beiden Händen über das Gesicht und rauchte dann, wie immer, hastig ihre Zigarette weiter. Sie hatte Dr. Wewes noch einmal in höchster Konzentration abgetastet und mit ihren Fingerspitzen gespürt, daß er geheilt war. Solche Erlebnisse erschütterten sie immer wieder. Wenn die Kranken durch die Kraft ihrer Hände symptomfrei geworden waren, kam sie sich jedesmal vor wie ihr eigener Patient – sie begriff nicht, daß so etwas möglich war. Sie lebte mit einem Rätsel, mochte es auch noch so umfangreiche wissenschaftliche Erklärungen geben, geheimnisvoll klingende Namen und im Experiment bewiesene Forschungen. Irgendwie blieb es, so sehr man sich gegen diesen Begriff wehren mochte, ein Wunder. Es war alles erklärbar – und doch unbegreiflich.
    »Jeder, der zu mir kommt, legt Geld auf den Tisch. Der kleinste Schein ist ein Fünfzigmarkschein. Noch ein halbes Jahr dieser Andrang, und ich könnte mir eine große Villa bauen.«
    »Dann tun Sie es, Corinna!« sagte Dr. Wewes eindringlich. »Bauen Sie eine eigene Klinik. Ich helfe Ihnen dabei.«
    »Sie wissen wie jeder meiner Patienten, daß ich kein Geld nehme. Ich will dafür kein Geld.«
    »Und was machen Sie mit den vielen Scheinen?«
    »Sie liegen da. Ich rühre sie nicht an. Nur Marius führt täglich genau darüber Buch. Er weiß als einziger, wieviel es ist.«
    »Und was soll mit dem sich immer mehr ansammelnden Vermögen geschehen?«
    »Ich weiß es nicht. Ich habe es nicht verlangt, man hat es dagelassen, und so liegt es noch herum. Ich weiß es wirklich nicht …«
    Um so besser glaubten es die Finanzbehörden zu wissen.
    Zehn Tage vor Corinnas Abflug nach Moskau erschienen eines Morgens, sehr früh, zwei höfliche Herren im Zelt, wiesen einen Ausweis vor und stellten sich als Beamte der Steuerfahndung Münster vor. Im Zusammenhang mit der Strafanzeige, die von der Ärzteschaft gegen Corinna eingereicht worden war, lief auch eine Anzeige bei der Finanzdirektion ein. Um schnell handeln zu können, bekam die Steuerfahndung den Hinweis auf die ›merkwürdige Heiltätigkeit der Corinna Doerinck‹.
    Corinna und Marius befanden sich noch allein im Zelt. Zwar waren schon eine Menge Wagen auf dem Parkplatz vorgefahren, aber da die Sprechstunde erst um neun Uhr begann, herrschte noch tiefe Stille vor dem Zelt.
    Herr Wackmüller und Herr Piering – der eine Steuerrat, der andere Oberinspektor – kamen, obwohl sie der Anblick Corinnas beeindruckte, sofort zur Sache.
    »Sie haben dem Finanzamt über vier Monate lang keinerlei Angaben über Ihre Einnahmen gemacht«, sagte Steuerrat Wackmüller und setzte sich auf einen Stuhl im sogenannten Warteraum. Oberinspektor Piering blickte sich interessiert um. Eine leichte Aufgabe – bei einer Hausdurchsuchung war dieses Zelt mit seinen paar abgeteilten Zimmern gut zu übersehen.
    »Ich hatte keine Einnahmen. Meine Werkstatt und mein Haus sind abgebrannt.«
    »Und wovon leben Sie?«
    »Vom Ersparten und von Zuwendungen meines Vaters.«
    »Und Ihre – sagen wir: Heiltätigkeit?«
    Es klang so mokant, daß Marius Herbert bedauerte, Wackmüller nicht vom Stuhl reißen, in den Hintern treten und hinauswerfen zu können.
    »Die ist unentgeltlich.«
    »Können Sie das beweisen?«
    »Fragen Sie alle, die hier gewesen sind.«
    »Es ist uns aber bekannt, daß die Kranken Geld hinterlassen.«
    »Das stimmt.«
    Wackmüller und Piering wechselten einen schnellen Blick. »Aha!« hakte Piering ein. »Eben sagten Sie noch, Sie behandelten unentgeltlich.«
    »Das stimmt.«
    »Aber Sie nehmen doch Geld ein.«
    »Nein.«
    »Sie haben eben bestätigt, daß die Patienten Geld hierlassen.«
    »Ja, aber ich nehme es nicht ein.«
    »Fräulein Doerinck!« Steuerrat Wackmüller holte zischend Luft. »Es geht hier nicht um germanistische Begriffe. Die Kranken lassen Geld hier, also ist das Ihre Einnahme.«
    »Nein.«
    »Erklären Sie das bitte!« sagte Piering ziemlich steif. Wenn sie uns hier verarschen will, dachte er wütend, ist sie bei den Richtigen gelandet. Mit

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