Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die strahlenden Hände

Die strahlenden Hände

Titel: Die strahlenden Hände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
uns nicht, mein Fräulein, auch wenn Ihre Hände angeblich noch so sehr leuchten. Wenn alles möglich ist, eins ist sonnenklar: Beim Finanzamt gibt es keine Wunder! Man müßte dann schon Politiker sein, da ist so manches wunderbar.
    »Das ist ganz einfach«, fuhr Marius dazwischen, ehe Corinna antworten konnte. »Die Kranken kommen, legen beim Hinausgehen einen Schein in eine große Zinnschale, und da bleibt es, das Geld. Jeden Abend nehme ich es heraus, zähle es, trage es in einem Buch ein und schließe es weg. Dort, im Schrank, liegt es noch! Unberührt.«
    »Was Sie mit dem Geld tun, ist Ihre Sache.« Steuerrat Wackmüller knackte mit den Fingern. »Nur versteuern müssen Sie es.«
    »Nein«, sagte Corinna und schüttelte den Kopf.
    »Aber ja! Es sind Einnahmen …«
    »Durchaus nicht. Es sind Geschenke.«
    »Auch Geldgeschenke müssen Sie versteuern. Fortwährende freiwillige Zahlungen sind Einnahmen.«
    »Nein. Ich nehme diese Geschenke ja nicht an.«
    »Aber das Geld liegt doch hier.«
    »Genau. Es liegt. Unberührt. Ich will es nicht! Es ist hingelegt worden, es liegt da, aber ich will es nicht.«
    »Gewissermaßen ist es eine Fundsache«, sagte Marius genüßlich. »Bis zum heutigen Morgen sind es genau« – er schlug ein Notizbuch auf und hob etwas die Stimme – »62.400 Deutsche Mark. Toll, was? Und heute abend werden es sicherlich 65.000 Mark sein. Das Geld vermehrt sich wie die Karnickel.«
    »65.000 Mark!« Steueroberinspektor Piering holte tief Luft. Das war mehr als sein Jahresgehalt ausmachte. Was man mit Hokuspokus alles verdienen kann! Nicht daß er neidisch war – ein Steuerbeamter, der voll Neid die Steuererklärungen liest, ist fehl am Platze –, aber er fand es ungerecht. »Die müssen Sie versteuern.«
    »Nein … sie gehören uns nicht!« sagte Marius mit bewußt gequälter Stimme.
    »Wem sonst?«
    »Denen, die das Geld einfach hingelegt haben. Wir wollen es ja nicht.«
    »Aber es ist nun mal da!« rief Wackmüller erregt.
    »Das eben ist das Problem. Hier liegen 65.000 Mark, und keiner will sie haben. Was schlägt das Finanzamt vor? Was soll damit gemacht werden? Kann man von einem Geld, das keinem gehört, Steuern verlangen? Wem soll die Zahlungsaufforderung zugeschickt werden? Wer bekommt hier eine Steuernummer? Stehen dieser Steuernummer die üblichen Abzüge zu? Wer soll überhaupt die Steuererklärung unterschreiben?«
    »Halten Sie uns nicht zum Narren!« rief Piering mit gerötetem Gesicht. »Sie haben das Geld angenommen. Sie haben demnach für die steuerliche Behandlung zu sorgen.«
    »Wir haben nichts angenommen. Ich wiederhole: Es wurde gegen unseren Willen hingelegt und wird von uns nur aufbewahrt, bis sich die Besitzer wieder melden und es vielleicht wieder abholen.«
    »Das ist doch völlig ausgeschlossen!«
    »Genau das befürchte ich auch.« Marius Herbert grinste. »Was ist da zu tun? Sie sind die Fachleute!«
    »Wir können das Geld einziehen!« sagte Wackmüller finster.
    »Bitte! Ich werde zu diesem Akt sofort Fernsehen und Presse laden.«
    »Sie drohen uns?« rief Piering aufgebracht.
    »Drohen? Wir leben in einem demokratischen Land, und jeder amtliche Akt ist öffentlich von Interesse. Wenn die Rechtslage so klar ist, wundert es mich, daß Sie bei Erwähnung der Presse und des Fernsehens so explosiv reagieren.«
    Man muß der Ehrlichkeit halber zugeben: Wackmüller und Piering waren nicht zu beneiden. Es war in ihrer Praxis noch nie vorgekommen, daß ein großer Geldbetrag herumlag, geschenkt und gestiftet, und niemand wollte ihn haben. Geld im Niemandsland … Natürlich konnte man es als ›Fundsache‹ zugunsten des Staates einziehen, aber das hätte in diesem Fall zu einem Aufsehen geführt, das man unbedingt vermeiden wollte.
    Wackmüller und Piering wechselten wieder ein paar verständigende Blicke und beschlossen, die Entscheidung über diesen kniffligen Fall dem Leiter der Steuerfahndung zu überlassen. Steuerrat Wackmüller verlangte die nicht angerührte Geldsumme zu sehen, zählte die Scheine durch, verglich sie mit den Aufzeichnungen von Marius Herbert und fertigte darüber eine Notiz an. Noch einmal wurde es kritisch, als Oberinspektor Piering, der auf seine Beförderung wartete, erwähnte: »Die Geldsumme stimmt. Wer aber beweist uns, daß nicht vorher ein Betrag abgezweigt wurde und hier natürlich nur das Geld aufgeführt wird, das man übrigließ? Pro Tag so zweihundert Mark beiseite, das fällt ja gar nicht auf.«
    »Diesen Satz werden wir uns

Weitere Kostenlose Bücher