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Die strahlenden Hände

Die strahlenden Hände

Titel: Die strahlenden Hände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Grad Frost durch den Schnee! Halt! Halt! Dr. Hambach, der den gleichen Gedanken hatte, krallte seine Hände in Doerincks Schulter.
    »Daß du das erlaubst, Stefan!« keuchte er. »Das ist ja Mord! Du hast doch den Winter 1942 in Rußland erlebt. Die erfrorenen Körperteile werden schwarz, dann kannst du sie abbrechen, die Finger, Ohren, Zehen, Füße … Hol Corinna sofort zurück! Sie haben deine Tochter verrückt gemacht!«
    »Da müßte ich sie schon niederschlagen«, erwiderte Doerinck dumpf. »Sonst hilft bei ihr nichts.«
    »Dann tu es doch endlich!«
    Bevor Doerinck ganz aufspringen konnte, wurde er schon wieder zurückgeworfen: Marius stürzte an ihm vorbei zur Tür und sprang hinaus in den Schnee. Ihm folgte Ljudmila, erst dann kamen Doerinck und Dr. Hambach ins Freie. Die Kälte schlug ihnen wie eine Faust entgegen und behinderte das Atmen. Als Doerinck tief Luft holte, war es ihm, als schnitte ein Messer in seine Kehle. Wie damals, dachte er. Da haben wir nur durch den Schal atmen können. Und der war in ein paar Minuten zu einem Brett vereist. Corinna aber ging mit nackten Füßen durch diesen mörderischen Frost …
    Professor Neroschenko hatte sich verändert. Der kleine, dicke Mann mit den listig blinzelnden Augen und der ansteckenden Fröhlichkeit war nun ein ganz kühler, sein Team regierender Wissenschaftler. Ein tragbares EKG wurde an Corinna angeschlossen, Herz und Kreislauf wurden überprüft. Die Körpertemperatur wurde elektronisch gemessen. Corinnas Gesicht schien versteinert; das einzige, was in diesem Gesicht lebte, waren ihre großen, fast schwarzen Augen. Die Lippen waren nur noch ein Strich, wirkten wie eine Narbe in diesem starren Gesicht. Alle trugen dicke Fellstiefel … Corinna stand mit nackten Füßen im Frost und schien nichts zu spüren.
    »Die tibetische Probe ist folgendermaßen«, sagte Dr. Boganorow mit ruhiger Stimme. »Sie geben den Mantel ab und legen sich, so nackt wie Sie sind, in den Schnee. Sehen Sie dort den Stapel? Das sind Wolltücher, die wir in Wasser getaucht haben und die jetzt brettsteif gefroren sind. Mit diesen Tüchern werden Sie zugedeckt. Die Energie in Ihnen, die psychische Hitze, wird diese Tücher auftauen. Das genügt uns. Bei der tibetischen Probe müssen die Tücher nicht nur auftauen, sondern durch die ›Magische Hitze‹ auch getrocknet werden. Das kann Stunden dauern. Darauf verzichten wir hier. Uns genügt, daß die Tücher tauen, daß der Schnee, auf dem Sie liegen, schmilzt, und daß Ihr Körper keinerlei Erfrierungen zeigt. Sind Sie bereit dazu?«
    Corinna nickte stumm. Ljudmila, die neben ihr stand, schlug dreimal über sich und ihre Tochter das Kreuz. Dr. Hambach stöhnte auf. Doerinck war wie gelähmt vor Entsetzen. Nur Marius stammelte: »Ich bringe sie um … ich bringe sie alle um, wenn Cora etwas passiert …«
    Soja Igorowna, trotz der sonst rötenden Kälte wachsbleich im Gesicht, nahm Corinna den Pelzmantel ab. Neroschenko führte sie zu dem geglätteten Schneeplatz und nickte. So, als lege sie sich zum Schlaf nieder, kniete Corinna erst nieder und wälzte sich dann auf den Rücken. Ihr herrlicher nackter Körper zitterte dabei kein bißchen, er schien unempfindlich gegen den mörderischen Frost zu sein. Sie streckte sich aus, legte die Arme an die Seite und schloß die Augen. Der Atem, der ihre Brüste hob und senkte, verflachte zusehends und war kaum noch wahrnehmbar an ihrem Leib.
    »Schluß!« schrie Marius hell. »Schluß!«
    Er wollte sich auf Corinna stürzen, aber zwei der Techniker hielten ihn fest und umklammerten ihn wie ein doppelter Schraubstock. Marius hieb und trat um sich, aber gegen diese beiden stämmigen Sibirier hatte seine schwache Kraft keine Chancen.
    Zwei Assistenten begannen, die steinhart gefrorenen Wolltücher über Corinnas nackten Leib zu decken. Bei den Füßen fingen sie an, Tuch nach Tuch, bis zum Kinn … nur Corinnas lebloses Gesicht blieb frei. Sie hatte die Augen jetzt geschlossen, aber unter den Lidern schienen ihre Augen in das Innere des Kopfes zu versinken. Die Höhlen wurden tiefer und tiefer.
    Neroschenko sah sich um. Ein Techniker winkte. Die Stoppuhr lief. Doerinck stand hinter Ljudmila und umklammerte ihre Schulter. Ljudmila war neben Corinna in den Schnee niedergekniet und betete. Es waren die alten russischen Litaneien, die sie von ihrer Mutter kannte, ein leiser Singsang, der Gottes Ohr treffen sollte.
    Grabesstille lag über der Menschengruppe, die auf die im Schnee liegende Corinna

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