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Die strahlenden Hände

Die strahlenden Hände

Titel: Die strahlenden Hände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Corinnaschka? Wie war das, als du da lagst?«
    »Ich war eingehüllt in Wärme«, sagte sie und blickte auf die Stelle, wo der Schnee geschmolzen war. Die Form ihres Körpers war noch deutlich zu erkennen. »Ich schwamm in Wärme … und ja, dann … als ich die Augen schloß … ja, da sah ich etwas … einen Körper, verschwommen, wie aus Nebel zusammengesetzt, durch den in Tausenden von Strahlen die Sonne brach. Und eine Stimme war da, die sagte ganz deutlich: ›Es ist alles gut. Du bist bei mir. Ich bin David Assanurian, dein Großvater …‹«
    Lautlos fiel Ljudmila in sich zusammen und rollte in den Schnee, bevor Doerinck oder Dr. Hambach sie auffangen konnten. Hambach kniete sofort neben ihr und rieb ihr Gesicht mit Schnee ein. Vom Bus her kam Marius gerannt. Seinen Schrei schluckte der Frost: »Corinna! Cora! Cora!«
    »Wir haben ein Tor geöffnet«, sagte Neroschenko ergriffen. Er drückte Corinnas Kopf an sich und streichelte ihn voll Zärtlichkeit. »Wir haben einen Blick in die Unsterblichkeit getan …«
    *
    Sie blieben eine Woche lang in Tscheljabinsk.
    Neroschenkos Experimentenliste war lang, aber kein Experiment war dem tollkühnen Versuch mit der ›Magischen Hitze‹ auch nur entfernt vergleichbar.
    Man beobachtete, maß, protokollierte, fotografierte und untersuchte alle Variationen der Psychokinese, der Dermooptik und der Bio-Kommunikation, die man mit Corinna durchspielte. Dabei kam Neroschenko ein geradezu dramatischer Vorfall zu Hilfe. Während eines Experiments, bei dem Corinna mittels ihrer sensiblen ›sehenden‹ Fingerspitzen in der Brusttasche eines Technikers – sein Name war Nikita Michailowitsch Masurow – ein Taschenmesser entdeckte, das man dort versteckt hatte, blieben ihre Hände plötzlich am Körper Masurows stehen. Die Handflächen formten sich wieder zu flachen Schalen. In ihre Augen trat ein harter, kämpferischer Ausdruck. Neroschenko reagierte sofort: Die Videokamera blieb eingeschaltet, ein Mikrofon an einem Galgen kam näher, das Tonband lief zur Doppelkontrolle mit. Dr. Latischew fotografierte außerdem mit einer Motorkamera. Es gab nicht die kleinste Zuckung, nicht einen einzigen Ton, die oder den man versäumte und nicht registrierte.
    »Sie haben ein Magengeschwür«, sagte Corinna langsam, als taste sie sich noch weiter in das Innere von Masurow vor. Soja Igorowna übersetzte sofort; Masurow grinste blöd und etwas verlegen und blinzelte dümmlich die anderen an. »Ja, ich spüre es ganz deutlich. Ich weiß, wo es sitzt. Es ist am Pars descendens. Wenn nicht sofort etwas geschieht, wird es perforieren.« Sie ließ die Hände sinken, Dr. Boganorow reichte ihr sofort eine Zigarette, sie rauchte hastig drei Züge und sah dann den verlegenen Masurow wieder an: »Sie sind krank!«
    Masurow versuchte ein heiseres Lachen, hämmerte mit den dicken Fäusten auf seinen Leib und blickte sich um. Er war ein mittelgroßer, aber schwerer Mann mit einem roten Gesicht, aß gern fette Dinge – bei der Kälte sehr nützlich –, und man war daran gewöhnt, daß sich der so gemütliche Nikita Michailowitsch bestimmt zweimal in der Woche besoff und dann in Tscheljabinsk den Weibern nachrannte wie ein ausgebrochener Stier. Ein Kerl, der vor Gesundheit strotzte. Und wenn er mal Sodbrennen oder einen Magendruck hatte, dann kam das vom Saufen. Völlig einleuchtend! Aber ernsthaft krank? Laßt uns lachen, Genossen …
    »Irren muß sie sich!« rief Masurow und hämmerte weiter auf seinen Bauch. »Seht her! Wenn's so wäre, das mit dem Geschwürchen, dann müßte es jetzt platzen. Paff … auf wäre es. Und was geschieht? Nichts! Jetzt hat sich Corinna Stefanowna geirrt! Und wie sie sich irrt!«
    »Das werden wir morgen wissen.« Neroschenko machte sich Notizen. »Nikita Michailowitsch, Sie lassen sich morgen im Krankenhaus röntgen. Von oben bis unten.«
    »Ich bin gesund wie ein Adler in den Bergen!« rief Masurow. »Genosse Professor, ich kann Stahlnägel fressen, mir macht's nichts aus.«
    »Das will ich genau wissen, Genosse.« Neroschenko nickte Corinna zu: »Gehen wir in die Kantine. Einen Hasenbraten gibt es, kandierte Beeren und zum Nachtisch eine Babka Jablotschnaja.« (Das ist ein Apfelauflauf mit Aprikosensauce.)
    In der Nacht wurde Corinna alarmiert. Neroschenko selbst, begleitet von Dr. Boganorow, klopfte an ihre Tür. Eine etwas peinliche Situation, denn Marius war zu ihr gekommen, und sie lagen wie ein Ehepaar im Bett.
    »Sie hatten recht, Corinna Stefanowna«, sagte Dr.

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