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Die strahlenden Hände

Die strahlenden Hände

Titel: Die strahlenden Hände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zu Sauereien aufgelegt«, sagte Willbreit ein wenig hysterisch. »Nach dem Wodka gehe ich wieder. Ich habe geglaubt, mit dir könnte man einmal vernünftig reden.«
    »Vernunft braucht eine Basis, und die baut mir Krautkrämer auf den Teller. Hungrig habe ich die Psyche eines Tieres. Und nach der ersten Flasche Burgunder ist mit mir menschlich zu reden. Himmel, du stinkst nach Schnaps! War's so schlimm?«
    »Unerträglich.« Willbreit atmete durch. Erasmus Roemer hatte seine forsche Tour abgelaufen, jetzt war er wieder leidlich normal. »Ich frage mich zum wiederholten Male: Ist juristisch dagegen wirklich nichts zu machen?«
    »Nein. Nur wenn sie für Geld …«
    »Sie hat außer ihrer Mutter noch andere behandelt. Drei Kunden ihrer Teppichknüpferei.«
    »Sie knüpft Teppiche? Sieh an! Bewegliche Finger sind das Präludium der Liebe.«
    »Erasmus! Ich gehe!«
    »Haben die Kunden sie darum gebeten?«
    »Nein, sie haben es gar nicht gemerkt.«
    Roemer sah seinen Freund etwas schief an. »Wieviel Gläser hast du schon intus, Thomas?«
    »Sie hat Magengeschwüre diagnostiziert und sie unbemerkt ›weggestreichelt‹.«
    »Das gibt es nicht. Wenn mich eine Frauenhand streichelt, wachse ich über mich selbst hinaus. Gut ausgedrückt, was?«
    »Sie streichelt in einem Abstand von zehn Zentimetern vom Körper. Durch die Luft.«
    »Erotisch völlig fad!«
    »Sie sagt, sie läßt die Geschwüre vertrocknen, einschrumpfen …«
    »Genau der umgekehrte Effekt, als wenn man mich streichelt.«
    »Kann man mit dir nicht normal und sachlich reden?« schrie Willbreit erbost und sprang auf.
    »Bei Krautkrämer, nach einer Trüffelsuppe, bin ich aufnahmefähiger.«
    »Sie behauptet, auf diese Art bei ihrer Mutter einen Dickdarmkrebs zu heilen! Ich habe dem beigewohnt.«
    »Du Lümmel! Du hast ihr beigewohnt?«
    »Auf Wiedersehen!« Willbreit ging zur Tür. »Friß und sauf, bist du platzt!«
    »Die Humorlosigkeit der neuen Welt ist erschütternd. Thomas, komm her und setz dich wieder. Ich höre ganz geduldig zu. Ein Richter muß oft mehr Geduld haben als ein Irrenarzt. Da hatten wir mal eine Verhandlung gegen einen Chaoten. Der springt plötzlich auf, rennt nach vorn zu mir, reißt die Hose runter und scheißt vor den Richtertisch. Das hast du doch wohl nicht vor?«
    Willbreit kam von der Tür zurück und setzte sich wieder in den Kaminsessel. »Gibt es keinen Paragraphen, der die Verhinderung einer Krankenbehandlung bestraft?«
    »Ich nehme an, die Mutter unterzieht sich freiwillig der Streichelei.«
    »Ja.«
    »Nichts, gar nichts zu machen, Thomas. Solange ich nicht ein öffentliches Ärgernis errege, kann ich in meinen vier Wänden machen, was ich will. Ich darf nur, wenn ich davon Kenntnis erlange, verhindern, daß sich jemand umbringt oder verstümmelt.«
    »Das wäre doch hier der Fall, Erasmus.«
    »Nein. Wieso denn?«
    »Dieser Hokuspokus führt zum Tod der Mutter.«
    »Aber sie glaubt an eine Heilung – da liegt der Hund begraben. Sie will nicht sterben, sie will leben!«
    »Aber sie wird sterben!«
    »Beweise es. Beweise, daß die Tochter eine kriminelle Handlung begangen hat, eine bewußt kriminelle Handlung. Mit Vorsatz, wie es bei uns Juristen so schön heißt. Da hatten wir mal einen Vergewaltigungsfall …«
    »Bitte!« sagte Willbreit gequält. »Erasmus, bitte! Mir liegt die Sache schwer auf der Seele. Ich könnte ja sagen: Was kümmert mich diese eine Krebskranke, ich habe Hunderte davon …«
    »Das wäre mein Vorschlag, Thomas.« Roemer erhob sich ächzend aus seinem tiefen Sessel. Seine 230 Pfund hochzustemmen, war jedesmal eine Kraftleistung. So bequem die Sessel waren, wenn man drinsaß – der Teufel sollte sie holen, wenn man wieder heraus mußte. »Belaste dich nicht mit einem Kranken, dem du keine Rechnung schreiben kannst.«
    »Du hast die Moral eines Nilpferdes.«
    »Erkannt! Einem hungrigen Nilpferd treten die Tränen in die Augen.« Roemer stand riesig, wuchtig vor dem sitzenden Willbreit. »Wenn das alles ist, was dich bedrückt, hast du ein paradiesisches Leben.«
    »Ich möchte, daß du mal mit mir nach Hellenbrand fährst und dir das Mädchen ansiehst.«
    »Ich? Du lieber Himmel! Ich soll mich streicheln lassen? Das kann vulkanische Folgen haben.«
    »Du sollst sie dir ansehen, Erasmus!«
    »Ist sie hübsch?«
    »Umwerfend.«
    »Blond?«
    »Pechschwarz. Ein eurasischer Typ. Die Mutter stammt aus dem Kaukasus.«
    »Ein Affe saß am Kaukasus und knabberte an einer Nuß, da kam ein Mägdelein daher,

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