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Die strahlenden Hände

Die strahlenden Hände

Titel: Die strahlenden Hände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sah zu und wartete mit dem Weiterreden, bis Corinna aus dem Nebenraum, aus der kleinen Küchenecke, Kaffee und von Ljudmila gebackenen Honigkuchen gebracht hatte. Er schien von der Fahrt großen Hunger mitgebracht zu haben, denn er aß zwei Honigkuchenstücke mit großem Wohlbehagen und trank zwei Tassen schwarzen Kaffee. »Ein himmlischer Kuchen!« rief er.
    »Nach einem grusinischen Rezept von Mamuschka gebacken.«
    »Ja, Ihre Mutter! Ihr Musterpatient, wie mir Dr. Wewes erzählte. Darmkrebs … und geheilt. Da werde sogar ich, der für viel Ausgefallenes Verständnis aufbringt, kritisch. Aber davon später. Als ich hörte, daß Sie russische Vorfahren haben, wurde ich – wie sagt man in Deutschland? – hellwach. Gerade aus Rußland kommen Informationen über die erregendsten parapsychologischen Forschungen, Experimente und Taten zu uns. Das Tollste, was man jetzt an der Universität von Alma-Ata entdeckt hat – ein ganzes Forschungsteam war daran beteiligt –, ist die Einwirkung auf materielle Gegenstände nur mittels Gedankenimpulsen. Die Russen nennen es ›Einsatz von bio-plasmatischer Feldenergie‹. Man kann durch diese Energie Gegenstände bewegen, verändern und verformen …«
    »Wie Uri Geller, als er im Fernsehen Gabeln verbogen hat – nur durch Anblicken.« Corinna setzte sich van Meersei gegenüber, aber sie aß und trank nichts. »Als ich das auf dem Bildschirm sah und später bei Kollegen meines Vaters, im Gasthaus, bei den Nachbarn, und überall hörte, das könne nur ein sensationeller Trick sein, so etwas sei schlicht unmöglich – da habe ich hier, wo Sie jetzt sitzen, Herr Professor, ein großes Glas auf den Tisch gestellt und es angesehen. Nichts geschah. Dann streckte ich meine Hände aus und spreizte die Finger – und das Glas zersprang in kleinste Stücke. – Ich habe nie darüber gesprochen, auch nicht zu meinen Eltern.«
    »Auch nicht im Fernsehen?«
    »Nein. Das wissen jetzt nur Sie allein.«
    »Danke für das Vertrauen.« Van Meersei aß noch ein Stück Honigkuchen. »Bei so einem Kuchen bin ich der schwächste Mensch, der lebt.« Er spülte den Mund mit Kaffee aus und kam dann auf die Probleme zurück: »Als ich diese Forschungsergebnisse von Alma-Ata las, wurde mir ein wenig – wie sagt man in Deutsch? – ja, mulmig zumute … Wer vermag jetzt schon zu ermessen, wozu gebündelte bio-plasmatische Feldenergie eines Tages mißbraucht werden könnte? So wie Atomenergie mißbraucht worden ist und weiter mißbraucht wird. Sind das nur Phantasien? Vor hundert Jahren noch war für den Chirurgen das Gehirn ein Tabu – in unserer Zeit experimentiert man mit dem Austausch von Gehirnen, als handle es sich um Austauschmotoren. Während des Mittelalters wurden Menschen mit nicht erklärbaren psychischen Kräften im Westen verbrannt, in Rußland nannte man sie schon damals ehrfurchtsvoll ›Heilige Idioten‹ – und heute liest man mit Staunen, daß Professor Wenjamin Puschkin von der Akademie der Wissenschaften der UdSSR und Direktor des ›Labors für Heuristik‹ in Moskau einem großen Gremium von Wissenschaftlern den Studenten Boris Jermolajew vorstellte, der unter seinen Händen Zeitschriften, Zigarettenschachteln und metallische Gegenstände frei in der Luft schweben ließ. Eine Energie, die Puschkin Autogravitation nennt, versetzte Jermolajew in die Lage, ein eigenes Schwerkraftfeld zu erzeugen. Das stellt nun alles auf den Kopf, was man bisher von der Psychokinese schon zu wissen glaubte. Das bio-plasmatische Kraftfeld, das elektromagnetische Feld – alles überholt? Was war das, Corinna, als Sie die Hände ausstreckten und das Glas zersprang zu Pulver?« Van Meersei atmete tief auf und rührte in der Kaffeetasse, obgleich gar kein Kaffee mehr drin war. »Um das alles zu ertasten, und wenn's nur ein winziges Zipfelchen an Erkenntnis sein mag – deswegen bin ich zu Ihnen gekommen. Ich möchte kühn behaupten: Was dieser Boris Jermolajew in Moskau kann, das können Sie schon lange! Wir hätten in aller Stille und ungestört unsere Experimente durchführen und wissenschaftlich untermauern können …«, er schlug sich auf die Schenkel, »… und nun kommt das Fernsehen! Heute abend um zweiundzwanzig Uhr kennt Sie die halbe Welt, in drei Tagen die ganze. Auf der Strecke bleibt die Wissenschaft!«
    Meersei wischte sich über das Gesicht, betrachtete mit einem geradezu verliebten Blick das letzte Stück Honigkuchen auf der Porzellanplatte, aber er bezwang sich und griff nicht mehr

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