Die Strandhochzeit
das merkt man mir sicher an", antwortete Holly schnell. Sie wollte noch mehr darüber erfahren, was Jack den Inselbewohnern erzählt hatte. Sie hatte den Verdacht, dass er über eine ganz andere Frau gesprochen hatte. „Wann hat Jack Ihnen von mir erzählt? War es direkt nach dem Hurrikan?"
Proteus nickte.
Offenbar hatte er seine unbekannte Freundin also heiraten wollen. Warum, um alles in der Welt, hatte er es nicht getan? Holly überlegte angestrengt. Schließlich riss sie sich zusammen und
fragte: „Wann fahren wir los?"
„Sobald Sie möchten. Jack müsste inzwischen schon am Strand sein."
Mit dem Mut der Verzweiflung hob sie das Kinn und stieg in den Strandbuggy.
Die Party am Strand war bereits in vollem Gange. Fackeln steckten in langen Haltern im Sand. Dann und wann kam eine Windbö vom Meer und ließ die Flammen aufflackern.
Ein Baldachin war aufgebaut worden, und jemand spielte Blues auf einem Saxofon.
Und überall waren Menschen! Einige Männer trugen Uniformen oder Anzüge, manche sogar mit Schlips. Andere waren in Jeans oder Shorts erschienen, und einige trugen jene weiten, dreiviertellangen Hosen, in denen sie wie Seeleute aus dem achtzehnten Jahrhundert wirkten. Bei den Frauen gab es alles - vom glitzernden Cocktailkleid bis zum Hosenanzug. Viele Gäste, sowohl Männer als auch Frauen, waren in farbenprächtige Batikgewänder gekleidet. Die Hautfarben rangierten von Tiefschwarz bis zu einem hellen Milchkaffeebraun.
Holly betrachtete die bunte Szene aufmerksam, als wollte sie das alles malen. Sie war so fasziniert, dass sie eine Zeit lang die Worte vergaß, die ihr unaufhörlich im Kopf herumgingen: Ich kann nicht glauben, dass ich das wirklich tue. Ich werde es ganz sicher bereuen ...
Sie sah Jack, sobald Proteus ihr aus dem Auto geholfen hatte -eine große, imposante Gestalt. In der Menschenmenge war er der Einzige, den sie im Schein der Fackeln wahrnahm. Vielleicht lag es an seiner Regungslosigkeit, an der Art, wie er sich umdrehte und sie durchdringend anblickte. Inmitten der bunt gekleideten Menschen, des flackernden Lichts und der Palmen schien er der einzige ruhende Pol zu sein. Er wirkte wie ein Fels in der Brandung, der sie magisch anzog. Holly schluckte und ging vorsichtig einige Schritte über den weichen Sand. Sie hatte das Gefühl, dass ihr der Boden unter den Füßen weggezogen wurde.
Sämtliche Menschen am Strand schienen Freunde von Jack zu sein. Sie umringten ihn, jubelten ihm zu und waren offenbar überglücklich, seine Hochzeit mit ihm feiern zu dürfen. Holly betrachtete die vielen Gäste. Noch nie in ihrem Leben hatte sie sich so einsam gefühlt - und sie hatte viel Erfahrung mit Einsamkeit.
„Sind Sie bereit?" fragte Paula Vincent. Sie strich ihr das Kleid glatt und nahm ihr das Umschlagtuch ab. Offenbar fand sie, dass die Braut nicht damit zum Altar schreiten konnte.
Ihr langes Haar wehte in der kühlen Brise. Dann spürte Holly seinen Blick. Jack sah sie mit seinen dunklen, geheimnisvollen Augen durchdringend an. Am liebsten hätte sie sich das Tuch wieder umgelegt, um sich vor ihm zu verstecken. Die Kehle war ihr wie zugeschnürt, und ihr Herz schlug heftig.
Er betrachtete sie unablässig, während er mit einem großen, dunkelhäutigen Mann sprach. Dieser nahm daraufhin ein Buch zur Hand. Er trug ein schwarzes Gewand mit weißem Kragen und war offenbar der Geistliche, der sie trauen würde.
Ihr Herzschlag war so laut und heftig wie das Geräusch einer Trommel, das niemand außer ihr hören konnte. Holly hatte das Gefühl, dass sie träumte. Wie aus weiter Ferne hörte sie jetzt das Saxofon eine süße und getragene Melodie spielen. Die fröhlichen Gäste verstummten. Ihre flachen Sandaletten machten kein Geräusch, als sie über den feuchten Sand durch die Menschenmenge ging.
Der Wind wehte ihr das Haar ins Gesicht, und vergeblich versuchte sie, es zurückzustreichen. Sie merkte, dass Jack es betrachtete. Der dünne Stoff ihres Brautkleids flatterte leicht in der Brise. Wieder spürte sie seinen eindringlichen Blick, und plötzlich dachte sie: Jack will mich berühren. Obwohl sie sich einsamer fühlte als je zuvor, war sie erfüllt von einer freudigen Erregung und hatte das Gefühl, dass das größte Abenteuer ihres Le bens begann.
Schließlich stand sie neben Jack. Wie groß und muskulös er war! Sein Körper strahlte Wärme und Stärke aus. Noch nie hatte sie sich einem Mann gegenüber so verletzlich gefühlt. Er berührte sie nicht und nahm noch nicht
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