Die Strandhochzeit
abrupt um, ging hinein und holte ihre alte Jeansjacke.
Sie hatte einige Löcher und war nicht ganz sauber, aber warm. Holly musste daran denken, wie Jack ihr in Paris diese Jacke um die Schultern gelegt hatte. Sie barg das Gesicht in dem rauen Stoff, der schwach nach Jack roch. Tief in Gedanken, atmete sie den Duft ein. Was tue ich hier nur?
Aber sie wusste, dass es zu spät war, um sich das zu fragen. Sie hatte Jack ihr Wort gegeben - und sie hielt ihre Versprechen immer. Das war eine Regel, gegen die sie auch während der schwierigen Zeit als Teenager nie verstoßen hatte. Und nach dem, was Paula gesagt hatte, schien es eine Gemeinsamkeit zwischen ihr, Holly, und Jack zu sein.
Sie kehrte auf die Terrasse zurück. „Jetzt ist mir wieder warm."
Paula sah sie forschend an. „Sie brauchen sich wirklich keine Sorgen zu machen.
Schließlich ist es mein Beruf, Hochzeiten zu organisieren."
„Wahrscheinlich macht das Warten mich nervös."
Paula nickte verständnisvoll. „Auf Sugar Island ist man daran gewöhnt, dass die Flugzeuge Verspätung haben. Für Sie ist es natürlich etwas anderes. Aber ich verspreche Ihnen, dass Jack kommt", fuhr sie lächelnd fort. „Jemand wird ihn von Barbados herfliegen. Und der Flughafen bleibt geöffnet, bis er gelandet ist."
„Vielen Dank für Ihre Hilfe", sagte Holly.
„Ich habe die Verantwortlichen nur daran erinnert, wie Jack uns geholfen hat."
„Was hat er denn getan?"
Erstaunt zog Paula die Augenbrauen hoch. „Hat er Ihnen das nicht erzählt? Vor einigen Jahren hat ein Hurrikan die Insel verwüstet. Jack kam damals mit einer internationalen Hilfsmann-schafther."
„Ich weiß, dass sein Unternehmen Notunterkünfte herstellt, aber..."
„Ja, sie produzieren Zelte und so weiter. Aber Jack war hier. Er hat mit angepackt und ist nicht eher abgereist, bis jeder von uns ein Dach über dem Kopf hatte."
Holly konnte sich gut vorstellen, wie Jack das Problem analysiert und dann jedem mitgeteilt hatte, was er zu tun hatte - gelassen und ohne eine Gefühlsregung.
„Seitdem hat er sehr viele Freunde auf Sugar Island."
Die Bewohner von Sugar Island schienen Jack zu mögen und ihm auch zu vertrauen.
Dieser Gedanke hätte sie beruhigen sollen. Doch wenn Holly an Jack dachte, war er ihr noch immer fremd: ein großer, schlanker Mann mit dunkle n Augen, dessen Schweigsamkeit sie verwirrte und der ihr manchmal wie ein
Bergsee erschien - still, tief und unergründlich. Jack und sie würden heute Abend ein Gelübde ablegen, das keiner von ihnen ernst meinte. Erst jetzt fiel ihr auf, dass er ihr noch keinen einzigen Grund genannt hatte, warum er entschlossen war, sie zu heiraten.
Sie legte den Kopf zurück und blickte in den sternenklaren Himmel. Ihr war kalt, aber das hatte nichts mit der kühlen tropischen Nacht zu tun.
Er kann mich nicht verletzen. Ich bin nicht in ihn verliebt.
Plötzlich fragte eine innere Stimme: Wirklich nicht?
Ruhig bleiben, befahl Holly sich. Hat er dir je zu verstehen gegeben, dass er dich attraktiv findet? Nein. Würdest du es dir wünschen? Nein. Langsam fühlte sie sich besser.
Er hat mich noch nicht einmal richtig geküsst, dachte sie. Worüber machte sie sich eigentlich solche Sorgen?
Paulas Handy klingelte erneut und riss Holly aus ihren Gedanken.
„Hallo, Vinny. Wie geht's?"
Holly konnte hören, was die Frau am anderen Ende der Leitung sagte. Es gab gute Neuigkeiten. Das Flugzeug war gelandet. Jack hatte bereits die Pass-und die Zollkontrolle hinter sich. In einer halben Stunde würden sich alle in Haven Beach am Strand treffen.
„Es geht los", kündigte Paula an und lächelte strahlend. „Sie werden nicht vor dem Altar sitzen gelassen."
„Da bin ich aber erleichtert." Holly rang sich ein Lächeln ab.
Paula hatte noch nie eine Braut erlebt, deren Augen so viel Angst ausdrückten. Da sie Jack sehr gern hatte, hoffte sie inständig, dass Holly nur wegen der bevorstehenden Trauung nervös war. „Möchten Sie noch einen letzten Drink als freie Frau?" versuchte sie, sie zu beruhigen.
Frei? überlegte Holly entsetzt. Doch dann riss sie sich zusammen. Sie und Jack würden eine Vernunftehe eingehen. Das war ihnen beiden bewusst. Es gab keinen Grund, zu glauben, er wolle sie zu irgendetwas zwingen. Im Gegensatz zu Homer Whittard, Brendans Cousin, wollte Jack sie ohne Hintergedanken heiraten. Er war einfach ein sehr praktisch veranlagter Mann mit einem ausgeprägten Beschützerinstinkt. Nur warum fühlte sie sich dann in seiner Nähe oft so
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