Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Strasse der Oelsardinen

Titel: Die Strasse der Oelsardinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Steinbeck
Vom Netzwerk:
wieder zusammen, und in der Nacht sahen ihn die vier Bettlosen auf seinem Lager sich wonnig rekeln, hörten ihn mit Genuß aufseufzen, und dann schlief er und schnarchte, während die andern noch wach lagen.
Am folgenden Vormittag schnaufte Mack unter der Last einer verrosteten Sprungfedermatratze, die er auf einem Abfallhaufen gefunden hatte, den Berg hinan. Alle Teilnahmslosigkeit war aus dem Palace gewichen. Mack und die Jungens überboten sich bei der Verschönerung ihrer Behausung derart, daß sie binnen weniger Monate geradezu übermöbliert war. Alte Teppiche bedeckten die Dielen; es gab Stühle ohne und mit Polsterung, Tische und eine Standuhr aus Großväterzeit ohne Zifferblatt und Uhrwerk.
Die Wände wurden hell und luftig gestrichen und verschwanden bald darauf hinter Bildern, auf welchen verführerische Blondinen Coca-Cola kredenzten. Henri hatte zwei Meisterwerke aus seiner Hühnerfedernperiode gestiftet. Ein Arrangement aus Pfauenfedern war an der Wand hinter der Standuhr befestigt, und in einer der Ecken stand in einer prächtigen Vase ein Büschel vergoldeter Katzenschwänze.
Die Anschaffung eines Ofens zog sich längere Zeit hin. Endlich fanden sie das Richtige: ein verschnörkeltes silbriges Ungetüm mit Wärmröhre. Die Vorderseite glich einem vernickelten Tulpenbeet. Aber nun fingen die Schwierigkeiten erst richtig an.
Zum Stehlen war das Ding zu groß, und sein Eigentümer war nicht bereit, sich großmütig von ihm zugunsten einer armen kranken Witwe mit acht unmündigen Kindern zu trennen, welche Mack eilends erfunden hatte und hingebungsvoll betreute.
Der Mann verlangte vielmehr anderthalb Dollar und ging erst nach drei Tagen eifrigen Feilschens auf achtzig Cent herunter, auf welchen Betrag ihm Mack einen Schuldschein ausstellte, den der gute Mann vermutlich heute noch hat. Der Abschluß erfolgte in dem fünf Meilen hinter Monterey gelegenen Seaside, und der Ofen wog dreihundert Pfund. Zehn Tage lang suchten Mack und Hughie nach einer Transportgelegenheit. Erst als sich herausstellte, daß niemand bereit war, ihnen die Arbeit abzunehmen, machten sie sich selbst ans Werk.
Bis Cannery Row brauchten sie dazu drei Tage. Nachts schliefen sie neben ihrer Dreizentnerlast. Doch als der Ofen endlich an Ort und Stelle stand, war er das Kernstück des Palace, sein Goldzahn! Vorn strahlte ein blankes Blattwerk nebst Tulpenbeet in seligem Licht. In seiner Wärmröhre konnte man sogar Eier kochen.
Mit diesem Ofen kam Stolz und mit dem Stolz das Gefühl, heimisch zu sein, ins Palace Hotel und Grillroom. Eddie setzte purpurne Gartenwinden; sie umrankten die Haustür, und Hazel trieb irgendwo sogar seltene Fuchsien auf, die er in Fünfgallonenkanister setzte, womit er dem Eingang ein festlich lebhaftes Gepräge verlieh. Mack und die Jungens liebten ihr Palace dermaßen, daß sie es sogar mitunter saubermachten. Von Leuten, die kein Heim ihr eigen nannten, sprachen sie nun in mitleidigem Spott. Manchmal luden sie stolz einen Unbehausten auf ein paar Tage zu sich zu Gast.
Eddie war Aushilfsbarmann im La Ida. Er bediente dort, wenn Whitey, der ständige Mixer, sich krank meldete, was er jedesmal tat, wenn er etwas Besseres zu tun hatte. Aber da allemal, wenn Eddie mixte, einige Flaschen verschwanden, durfte er nur ab und zu bedienen. Trotzdem vertraute Whitey seinem Freund Eddie immer wieder seine Stellvertretung an, weil er, und zwar mit Recht, davon überzeugt war, daß Eddie keine Dauerstellung erstrebe und ihn daher nie von seinem Posten verdrängen werde.
In dieser Beziehung war auf Eddie unbedingter Verlaß. Er ließ auch nur wenige Flaschen mitgehn; denn unter dem Bartisch hatte er einen großen Fünfliterkrug mit Trichter stehen. Da hinein goß er alles, was in den abservierten Gläsern war, bevor er sie abwusch. Wenn im La Ida gesungen oder gestritten wurde oder in später Stunde die Gemütlichkeit ihren Höhepunkt erreichte, schüttete er nicht selten halb- oder dreiviertelvolle Gläser in seinen Trichter. Die so entstandene Mischung, die er nach beendetem Dienst mit nach Hause ins Palace nahm, schmeckte immer interessant und mitunter sogar überraschend. Das Gemisch von Rye, Bier, Bourbon, Scotch, Wein, Rum und Gin blieb im allgemeinen konstant, zuweilen aber bestellte ein müder Gast auch Anisette, Curaçao oder Nikolaschka, und diese kleinen Zutaten gaben dann Eddies Punsch einen ganz besonderen Beigeschmack. Zudem schüttete er vorm Weggehen immer ein bißchen Angostura in seinen Behälter. An guten

Weitere Kostenlose Bücher