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Die Strasse der Oelsardinen

Titel: Die Strasse der Oelsardinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Steinbeck
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Frühere Geschäfte mit Mack und den Jungens waren für ihn zwar immer hochinteressant, aber niemals von Nutzen gewesen. Bekümmert erinnerte er sich jenes Tages, als ihm Mack fünfzehn Kater verkauft hatte - und nachts kamen deren Eigentümer und holten sie alle weg, bis auf den letzten.
»Wie bist du bloß zu all den Katern gekommen, Mack?« hatte er ihn damals gefragt, und Mack hatte geantwortet: »Meine Erfindung, Doc! Aber weil du es bist, will ich sie dir aus Freundschaft verraten. Du machst dir eine möglichst große Drahtfalle, und dann - brauchst du gar keinen Köder. Du nimmst - also du benutzt dazu ganz einfach eine, eine Katzenjungfrau. Auf diese Art fängst du sämtliche Kater im ganzen Land.«
Vom Laboratorium ging Mack schräg über die Cannery Row und durch die Schwingtür in Chongs Kramladen, wo eben Mrs. Lee auf ihrem großen Hackblock Speck schnitt, während ein Vetter Chongs leicht angewelkte Salatköpfe aufputzte, als wären es Bräute. Auf einem Hügel Orangen lag eine Katze. Lee Chong stand an seinem gewohnten Platz hinterm Zigarrentisch vor den Schnapsregalen.
Als Mack eintrat, erhöhte sich die Geschwindigkeit, mit der sein Mittelfinger auf den Zahlteller tappte. Diesmal hielt Mack sich nicht lange mit Vorreden auf. »Lieber Lee«, begann er, »unser Doc hat vom Museum des Staates New York eine bedeutende Bestellung auf Frösche, für Doc eine ganz große Angelegenheit. Vom Geld wollen wir gar nicht reden, allein schon der Ruhm! Nun muß er leider heute abend dringend nach Süden, und da haben die Jungens und ich uns bereit erklärt, ihm behilflich zu sein. Was tut man nicht alles für seinen Freund, besonders wenn er so nett ist wie Doc! Bei dir läßt er doch auch im Monat mindestens seine sechzig bis siebzig Dollar?«
Lee blieb stumm und auf der Hut. Sein Fettfinger rührte sich kaum auf dem Gummi, sondern zuckte nur leicht wie der Schwanz einer lauernden Katze.
Mack ging aufs Ganze: »Lieber Lee, sei so gut und leihe uns deinen Lastwagen für die Frösche - für unseren guten alten Doc!«
Lee lächelte selig. »Mein Wagen ist in Lepalatu (Reparatur). Motoo läuft nicht meh.«
Eine Sekunde schien Mack entwaffnet, aber er faßte sich rasch, breitete seinen Benzinschein auf dem Zigarrentisch aus und drängte: »Sieh dir das da an! Da siehst du, wie wichtig die Frösche für Doc sind, sonst hätte er mir nicht die Anweisung auf Benzin gegeben. Ich kann ihn unmöglich sitzenlassen. Gay ist der beste Automechaniker. Wenn er dir den Wagen tadellos instand setzt - dürfen wir ihn dann haben?«
Lee bog den Kopf in den Nacken und sah Mack durch die Halbgläser an. Der Vorschlag schien ihm nicht uneben. Sein Lastwagen lief wirklich nicht. Gay war wirklich ein guter Mechaniker, und die Anweisung auf Benzin bot wirklich eine gewisse Sicherheit. »Wie lang blaucht ihn?«
»Vielleicht einen halben, vielleicht einen ganzen Tag. Bis wir genügend Frösche beisammen haben.«
Sehr erbaut war Lee Chong von der Sache nicht, sah aber keine Möglichkeit mehr, ihr zu entrinnen. Also: »Okay!«
»Das hab' ich gewußt«, sagte Mack, »daß Doc sich auf dich verlassen kann. Gay wird gleich mit dem Wagen anfangen, ich hole ihn.« Er ging und kehrte noch einmal um. »Was ich noch sagen wollte: Doc zahlt für jeden Frosch fünf Cent, und wir fangen sieben- bis achthundert Stück. Wie wär's mit einem Fläschchen Old Tennis Shoes? Ich zahl's, wenn wir mit den Fröschen zurück sind.«
»Nein!« sagte Lee Chong.

10. Kapitel
    Als Frankie elf Jahre war, kam er zum erstenmal zum Western Biological. Eine Woche lang stand er bloß vor der Tür und glotzte. Dann stand er eines Tages im Gang und zehn Tage später im Erdgeschoß. Seine Augen waren sehr groß, sein Haar ein wirrer, verfilzter Schopf, die Hände unglaublich schmutzig. Er hob ein Stückchen Holzwolle auf und warf es in den Abfallkübel, dann sah er Doc zu, wie er Gefäße mit Röhrenquallen (Velella spirans) etikettierte. Schließlich trat er sogar an die Werkbank und legte seine schmutzigen Finger auf die Platte. Aber bis er soweit war, dauerte es drei Wochen, und in der ganzen Zeit war er in jedem Augenblick auf dem Sprung, wegzurennen.
Bis ihn Doc eines Tages fragte: »Wie heißt du, mein Sohn?«
»Frankie.«
»Wo wohnst du?«
Frankie mit unbestimmter Bewegung landeinwärts: »Da oben.«
»Warum bist du nicht in der Schule?«
»Ich geh' nicht in die Schule.«
»Warum nicht?«
»Sie wollen mich nicht.«
»Du hast schmutzige Hände. Wäschst du sie

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