Die Strasse des Horus
einmal erblickte er ihn selbst. Pezedchu hatte sich auf den Überresten des Anlegers aufgebaut und balancierte dort gelassen, die dunkle Brust schweißglänzend, das blutige Schwert hoch erhoben. Ahmose unterdrückte den Wunsch, sich hinter den Getreuen zu ducken, sich unsichtbar zu machen. Pezedchu beugte sich jetzt hinunter. Die Bewegungen des Generals hatten in dem ganzen wilden Durcheinander etwas so Ruhiges, Bewusstes, dass Ahmose plötzlich vollkommen gebannt war. Er sah, wie ein Setiu-Offizier einmal nickte. Pezedchu zeigte nach vorn, dann nach hinten. Seine Geste umfing das gesamte Ufer, und Ahmose, dessen Blick Pezedchus muskulösem Arm gefolgt war, erstarrte. Überall lagen ägyptische Schiffe, etliche mit ausgelegten Laufplanken, etliche ohne, die meisten verlassen oder nur spärlich bemannt. Selbst aus der Entfernung bekam er mit, dass Pezedchu sie sinnend musterte. Ihr Götter, nein!, dachte Ahmose ungläubig, aber da rannte er auch schon zum Heck, dass die Getreuen hinter ihm herstolperten. Das kann er doch nicht tun! Diese Überheblichkeit! Diese Selbstsicherheit! Aber er kann, wisperte eine andere Stimme. Er versucht es gerade, und falls du dich nicht beeilst und seine Absichten vereitelst, ist diese Schlacht so gut wie verloren. Verzweifelt musterte Ahmose die Nachhut. Der ältere Abana hatte sich zu Paheri gesellt. Sie berieten sich. Die Leben in Ptah bewegte sich bereits auf ihr Schiff zu, denn Qar hatte begriffen, wie eilig es der König hatte, und schlängelte sich durch andere Schiffe, deren Bootsleute und Soldaten Ahmose erkannten und ihm zujubelten. Ahmose hörte sie kaum. Ungeduldig hielt er die Reling gepackt und sah zu, wie der Abstand zwischen ihm und dem Befehlshaber der Flotte kleiner wurde. Paheri blickte auf und sah ihn. Qar rief einen Befehl, und die Riemen hoben sich. Die Leben in Ptah glitt vorwärts.
»Der Hügel gehört uns«, rief Ahmose Paheri zu. »Kümmere dich um deine Schiffe, Paheri! Sie liegen unbemannt am Ufer aufgereiht und warten nur darauf, angezündet oder eingenommen zu werden!«
»Aber, Majestät, die Divisionen haben dringend um Hilfe gebeten, also habe ich den Bootsleuten den Befehl zum Aussteigen und zum Kämpfen an Land gegeben«, wehrte sich Paheri. »Nötigenfalls werden weitere losgeschickt.«
»Die Bootsleute hätten die Laufplanken einziehen und vom Ufer ablegen sollen«, rief Ahmose laut dazwischen. »Pezedchu kämpft nicht darum, unsere Reihen zu lichten, er will unsere Schiffe erobern oder verbrennen. Wenn er so schlau ist, wie ich vermute, verbrennt er sie. Falls er sie erobert, ist er immer noch im Vorteil, denn dann ist er nicht mehr an Ort und Stelle gebunden. Er kann seine Männer zu jedem Kampfgebiet schicken, kann den Rest der Bootstruppe binden. Wenn möglich, schicke deinen Kapitänen Nachricht. Hole die Bootsleute zurück an Bord und die Schiffe auf den Fluss. Sofort.« Er fuhr zu Qar herum. »Bringe mich zum Setiu-General«, befahl er. »Ich möchte so nahe wie möglich an ihn heran.« Paheri hatte nicht reagiert, aber ein Boot legte rasch von seinem Schiff ab, und da wusste Ahmose, dass die Herolde seinen Befehl durch den alles übertönenden Lärm weitergeben würden.
Seine kostbaren Schiffe, Kamoses kostbare Schiffe, mit großen Kosten gebaut, lagen am verschlammten Ufer, ihre Schatten fielen lang und mager auf das Gewühl, während die Sonne tiefer sank. Paheri trifft keine Schuld, dachte Ahmose, während er besorgt Ausschau hielt, ob seine Soldaten ihre Laufplanken einholten. Noch so viel Drill und Scheinschlachten können keine echte Schlacht ersetzen, in der nichts richtig vorhersehbar ist und eine einzige gute Idee das Kriegsglück wenden kann. Pezedchu ist fähig, uns allesamt auszutricksen. Wenn sein Genie doch mir statt Apophis zur Verfügung stünde. Gewiss hat Pezedchu es satt, einem König zu dienen, der nur wenig Mut und Urteilsvermögen besitzt!
Er hob die Hand, und die Leben in Ptah schob sich langsam weiter. Hinter ihm lagen die Schiffe, die noch nicht in den Kampf eingegriffen hatten. Vor ihm ging der Kampf unterhalb der Mauer weiter, aber er sah nur noch Pezedchu und die unordentlich aufgereihten, ungeschützten Schiffe. Die Setius gehorchten irgendeinem Befehl, den ihr General gegeben hatte. Sie rannten jetzt, und Ahmose sah halb erleichtert, halb besorgt, dass sie die Laufplanken erreichten. Also hatte Pezedchu am Ende doch noch einen Fehler gemacht. Entweder war er nicht auf den Gedanken gekommen, die Schiffe in
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