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Die Strasse ohne Ende

Die Strasse ohne Ende

Titel: Die Strasse ohne Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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eine Österreicherin.«
    »Ach! Und was ist jetzt mit ihr?«
    Grandtours' Backenknochen stachen weit durch die braune Haut. Sein Kopf hatte die Form eines Habichts. »Sie wurde vergiftet.«
    »Vergiftet?«
    »Ja. In Algier. In Ihrem Hotelzimmer. Niemand hat den Täter gesehen, kein Portier, kein Kellner, kein Boy. Denn alle waren Araber. Nur der Besitzer und der Maître d'hôtel sind Franzosen. Sie lag im Bett, zugedeckt, als schliefe sie. Man hatte ihr unter die Haut ein Schlangengift injiziert, so zart und fein, daß sie von dem Stich nicht erwachte und weiterschlief – in den Tod. Es war sieben Wochen später, als ich Amar Ben Belkacem als vermeintlich Toten in der Wüste liegen ließ.«
    »Ein Racheakt?« fragte Prochaine leise.
    »Ja. Wir wollten in drei Monaten heiraten.«
    Prochaine schwieg darauf. Auch er starrte jetzt in die Ferne, wo am Horizont eine fahle, begrenzte Helle auftauchte. Die Jeeps hüpften über die ersten Steine der immer kiesiger werdenden Wüste, die Motoren sangen hell.
    »Lagerfeuer«, meinte Grandtours plötzlich.
    »Der Schein am Horizont?«
    »Ja.«
    »Dann sind wir ja bald am Ziel.«
    »Sie lagern näher, als ich erwartet habe. Das macht mich bedenklich. So sicher ist nur einer, der nichts zu verbergen hat. Auch Amar Ben Belkacem kann sich Mutproben nicht leisten. Fahren wir etwas langsamer.«
    Vorsichtig, ohne Lichter, ratterten die Jeeps durch die Nacht. In Wagen II hatte man in die Fassung an der Windschutzscheibe bereits während der Fahrt ein Maschinengewehr gesteckt. Prochaine lud seine Pistole durch. Viller zog an einer erloschenen Zigarette. Der erste Araber, die Wache bei der Herde, stand am Weg und grüßte freundlich. Dann sah er dem Jeep nach und hüllte sich dichter in eine dicke Djellabah.
    Grandtours erhob sich etwas im Sitzen. Er beugte sich über den Rücken des vor ihm hockenden Viller, der den Wagen langsam über den Kies lenkte. In sein Gesicht stieg eine leichte Röte der Erregung. Prochaine ahnte, was im Innern des jungen Leutnants vorging, und umfaßte den Schaft seiner Maschinenpistole.
    Die ersten Zelte, dunkel, gestreift, hingeduckt auf den Boden, verschlossen. Wollhügel inmitten der Wüste. Neben den Zelten, angepflockt, kniend, die Kamele und Esel. In großen Haufen lagen die Haushaltsgeräte herum.
    Am Eingang des Lagers hielten die Wagen an. Die Legionäre sprangen auf den Kies und scharten sich um die beiden Offiziere, die auf die Mitte, das große Zelt, zugingen. Wie ein Igel bewegte sich der kleine Zug vorwärts, nach allen Seiten sichernd. Grandtours eilte voraus, seine Schritte wurden immer schneller, und Prochaine hatte Mühe, an seiner Seite zu bleiben.
    Vor dem Mittelzelt stand eine große, hagere Gestalt, umflossen von einem seidenen Haikh. An der Stirnseite des weißen Turbans glänzte matt ein Brillant.
    Grandtours blieb stehen. Seine Brust hob und senkte sich im erregten Atem. »Amar Ben Belkacem«, sagte er leise.
    »Willkommen, Messieurs! Zu jeder Zeit – auch in der Nacht – ist mir Ihr Besuch eine Freude.« Amar Ben Belkacem reichte Grandtours und Prochaine beide Hände entgegen, nachdem er sie erst grüßend an die Stirn gelegt und sich leicht verbeugt hatte.
    Grandtours ergriff die rechte Hand – aber er drückte sie nicht, sondern warf die Handfläche nach oben und sah Amar Ben Belkacem groß an. »Deine Hand verrät mir, daß sie Verbotenes getan hat!« sagte er scharf.
    Der Araber lächelte mild. Er zog die Hand zurück und legte sie auf seine Brust. »Wer dürfte dann noch seine Hand zeigen?« antwortete er einfach. »Wir sind Menschen, Leutnant.«
    Prochaine sah sich schnell um. Sie standen allein im Lager – wie ausgestorben schien es. Alle waren in ihren Zelten; die Lagerfeuer, um die sie vor wenigen Minuten noch gesessen hatten, flackerten in der hellen Nacht. Die Stille war bedrückend. Prochaine wußte, daß in den Zelten die Männer mit den Waffen in der Hand warteten, um auf einen Ruf Amar Ben Belkacems hervorzustürzen. Alles dies war so unwirklich in dieser glitzernden Wüstennacht, so märchenhaft, daß es schwer war, sich den Ernst der Wirklichkeit zurückzurufen.
    »Meine Patrouille hat heute morgen Ihre Karawane gesichtet«, sagte Prochaine laut.
    »Ich weiß. Meine Leute haben auch Ihre Legionäre gesehen.«
    »Sie hatten einen Weißen bei sich!«
    Amar Ben Belkacem sah Prochaine lange an, ehe er antwortete. »Wir sind Nomaden und lieben es, allein zu ziehen. Die einzigen Europäer, die wir sehen, sind die

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