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Die Strasse ohne Ende

Die Strasse ohne Ende

Titel: Die Strasse ohne Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Zigaretten und unterhielten sich leise. Auf den Wachtürmen stand die verstärkte Wache an den großen Scheinwerfern, die bei einem verdächtigen Geräusch die Wüste in ein blendendweißes Licht tauchten. Das große Tor war durch eine vielfach mit Eisenbändern beschlagene, dicke Bohlentür verschlossen.
    Mit langsamen Schritten kam jetzt Hauptmann Prochaine von seinem Wohnbau über den Hof und trat grüßend in den Lichtkreis der Scheinwerfer. »Alles klar?« fragte er leise.
    »Alles klar!« Grandtours erwiderte den Gruß.
    »Vergleichen wir bitte die Uhren.«
    Grandtours, Prochaine und Viller hoben den linken Arm und sahen auf das Leuchtzifferblatt ihrer Uhren.
    »Drei Minuten vor zehn Uhr«, stellte Prochaine fest.
    »Drei Minuten vor zehn.«
    »Um zehn Uhr rücken wir aus. Wir können uns freier bewegen. Ich habe die Kommandantur angerufen.«
    »Sehr schön.« Grandtours nickte.
    »Man vermutet, daß die Nomaden bei Bir-Adjiba mit dem Mädchenhandel aus Europa verquickt sind.« Prochaine nahm die Maschinenpistole, die auf dem Sitz seines Wagens lag, und hängte sie an dem Lederriemen um den Hals. Metallisch glitzernd schwenkte sie vor seiner Brust ein paarmal hin und her. »Steigen wir ein«, sagte er laut.
    Leise summend, mit gedrosselten Motoren, rollten die Jeeps durch das geöffnete Tor hinaus in die Wüste. Hinter ihnen wurde die schwere Tür schnell wieder geschlossen. Nur die beiden Scheinwerfer der vorderen Wachtürme begleiteten, soweit ihr Schein reichte, die Fahrt der beiden einsamen Wagen in die unendliche, schweigende Sahara. Im ersten Wagen, den Viller steuerte, saßen Grandtours und Prochaine nebeneinander. Sie sprachen fast eine halbe Stunde kein Wort, sondern blickten geradeaus, wo die Oase und der Brunnen Bir-Adjiba liegen mußten. Die Scheinwerfer der Jeeps waren abgeblendet und beleuchteten nur die Fahrbahn – im zweiten Wagen hockten die Legionäre und rauchten Pfeife. Als am Horizont die sich dunkel gegen den Sternenhimmel abhebende Kette des Atlas sichtbar wurde, wandte sich Prochaine an Grandtours.
    »Ich lag im Zweiten Weltkrieg im Hürtgenwald«, sagte er versonnen. »Es war eine Hölle, und ich hatte keine Hoffnung, jemals aus ihr herauszukommen. Aber wir hatten einen großen Vorteil – wir sahen unseren Gegner. Hier ist es still wie im siebenten Himmel des Paradieses, aber wir wissen nie, ob ein Sandhaufen lebendig wird und auf uns schießt. Das ist ein ekelhaftes Gefühl, Grandtours.«
    »Ich weiß.« Der Leutnant nickte und blies den Rauch seiner Zigarette in die Nacht. »Als ich frisch von der Akademie Lyon nach Sidi Bei Abbes kam und meine ersten Wüstenritte machte, würgte es mich in der Kehle. Damals schossen die Rif-Kabylen jeden Franzosen ab, den sie sahen, und sie sahen uns immer, nur wir sie nie! Aber man gewöhnt sich daran, Herr Hauptmann. Man lernt mit den Augen der Araber sehen und mit ihrem Gehirn denken, wenn man lange genug im Land ist. Sie sind noch neu in der Sahara, Sie haben noch militärische Ideale, Herr Hauptmann – das ist ein tödlicher Luxus. Unser Gegner fragt nicht danach, ob Sie Familienvater mit sechs Kindern sind, er sieht nur Ihre Uniform und zielt auf Sie ohne Erbarmen. Und merken Sie sich eins: Unser Gegner in diesem Teil der Wüste ist Amar Ben Belkacem. Ein Kavalier, Herr Hauptmann. Ein Mann von Welt. Reicher als mancher reiche Europäer. Er gibt Ihnen lächelnd die Hand und drückt sie, aber in seiner Hand liegt ein Dolch, dessen Spitze vergiftet ist.«
    »Ekelhaftes Subjekt.«
    »Sie werden ihn sehen, Herr Hauptmann.«
    Prochaine blickte Grandtours von der Seite an. Seine Augen waren schmal. »Sie meinen, daß dieser Amar –«
    Der Leutnant nickte. »Ich nehme fest an, daß er bei den Nomaden ist, die den unbekannten Europäer mit sich schleppen. Ich kann es nicht begründen, ich habe nur das Gefühl, verstehen Sie das, Herr Hauptmann?«
    »Ja.«
    »Ich kenne ihn von früher her. Vor zwei Jahren haben wir uns auf arabische Art unterhalten … mit zwei Dolchen. Damals wurde er gerettet, weil ich zu unerfahren war und glaubte, er sei tot.«
    Prochaine wandte sich voll dem jungen Leutnant zu. Dieser starrte geradeaus in die Wüste und schwieg.
    »Und worum ging es?« fragte Prochaine.
    Grandtours schien die Frage überhört zu haben. Er schwieg beharrlich.
    Prochaine nickte vor sich hin und drückte die vor seiner Brust pendelnde Maschinenpistole etwas zur Seite. »Also ein Mädchen?« stellte er fest.
    »Ja.«
    »Eine Araberin?«
    »Nein –

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