Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Strasse ohne Ende

Die Strasse ohne Ende

Titel: Die Strasse ohne Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
»Cherchez la femme!« sagte er dabei. »Sie fangen gut in Algier an, bester Kollege.«
    Mit zitternden Händen schlitzte Dr. Handrick den Brief auf. Er riß das Blatt heraus und las den Brief mit bebender Stimme vor. »Rette mich. Man hält uns mit Gewalt hier fest. Hôtel des Pyramides. – Der Wirt ist ein Ekel! Wenn Du kommst, mußt du ihn überwältigen. Aber warte nicht länger, ich kann es nicht mehr aushalten. Hilde.«
    Dr. Bernard war blaß geworden und starrte Dr. Handrick an. »Was soll das?« fragte er leise.
    »Die Polizei! Schnell! Sofort die Polizei!« Dr. Handrick rannte zum Telefon. »Wo ist das Hôtel des Pyramides?«
    »In der Kasbah!«
    »Es geht um das Leben von dreizehn Mädchen!« schrie Dr. Handrick. »Wir müssen sofort die Polizei holen. Bestellen Sie bitte einen Wagen für uns! Es geht um Minuten.«
    Dr. Bernard rannte aus dem Zimmer und brüllte durch das Haus nach seinem arabischen Diener.
    Eine Viertelstunde später hielten vier Wagen kreischend vor dem Hôtel des Pyramides.
    Dr. Handrick war der erste, der heraussprang und in den finsteren Gang stürmte. Er traf auf den dicken Wirt, der keifend aus der Gaststube stürzte und sich mitten in den Gang stellte.
    Dr. Handrick dachte an Hildes Brief und stieß dem Araber mit aller Gewalt die Faust ins Gesicht. Stumm fiel der Wirt gegen die Lehmwand und wischte sich das aus dem Mund hervorstürzende Blut mit dem Rockärmel ab. Die Polizisten, die nachgerannt kamen, besetzten das Gastzimmer, wo die anwesenden Araber ruhig, als sei nichts geschehen, ihr Dominospiel weiterspielten. Sie blickten nicht einmal auf; nachdenklich setzten sie die Steine, als ständen keine Gendarmen an den Wänden.
    Der Kommissar hatte unterdessen den Wirt gepackt und in die große Küche gestoßen. »Wo sind die Mädchen, du Saukerl?« schrie er und hielt dem Wirt seine dicke Faust vor die verquollenen Augen. »Heraus mit der Sprache! Sonst kracht's!«
    »Schon weg!« Der Wirt krümmte sich an der Mauer und sah zu Dr. Handrick hin, der vor ihm stand. »Alle weg! Vor einer halben Stunde. Ganz plötzlich. Wurden abgeholt.«
    »Das ist nicht wahr!« Dr. Handrick zog den Wirt zu sich heran. Er schüttelte ihn wild und stieß ihn dann wieder gegen die Wand. »Wer ist dieser Omar?«
    »Ich kenne ihn nicht«, jammerte der Wirt. »Er kam, bezahlte, brachte die Mädchen und holte sie wieder ab. Mehr weiß ich nicht.«
    Der Kommissar holte aus und schlug den Wirt zu Boden. Über den Ohnmächtigen hinweg stieg er aus der Küche und pfiff seine Polizisten zurück, die durch den Fuchsbau des Hotels gekrochen waren. »Nichts«, sagte er achselzuckend. »Sie können den Wirt totschlagen, er schweigt. Wie immer, Monsieur, zu spät!«
    »Aber sie war hier!« schrie Dr. Handrick außer sich. Die Haare hingen ihm ins bleiche Gesicht – er machte den Eindruck eines Irrsinnigen. »Man hat jetzt eine Spur!«
    »Eine Spur? Wo denn, Monsieur?«
    »Sie war doch hier!« brüllte Dr. Handrick.
    »War.« Der Kommissar sah seine Faust an, an der noch das Blut des Wirtes klebte. »Für ein ›War‹ gibt Ihnen in Afrika keiner einen Centime.«
    Ich kann nicht mehr. Nein! Ich kann nicht mehr.
    Ich bin am Ende meiner Kräfte. Die Wüste saugt mich aus wie einen Schwamm, aus dem eine riesige Faust den letzten Tropfen preßt. Mein Kamel lahmt, es hinkt durch den Sand und schreit nach zehn Schritten wie ein Irrer. Und so geht es jetzt drei, nein, vier Tage lang. Ich habe keinen Zeitbegriff mehr, ich lebe nur noch in dem einen Gedanken: Weg von den Oasen, hinein in die Unendlichkeit des Sandes! Dieser Gedanke ist Kraft, ist himmlische Stärke, er beflügelt mich, kennt keine Grenzen. Weiter, weiter – irgendwo dort in der flimmernden Ferne ist die Freiheit!
    Wie habe ich es bloß ausgehalten, vier Tage ununterbrochen durch die Sahara zu ziehen, diese Hitze zu ertragen, ohne Wasser, ohne Essen … Wenn ich jetzt über das Land blicke, ist es mir, als schwämme es vor meinen Augen, als liege es in einem weiten Meer, das sich leicht im Wind kräuselt.
    Ich bin geflohen. Ich habe es gewagt, aus dem Lager Amar Ben Belkacems zu flüchten, unter den Augen der Wächter, die vor dem Eingang des Zeltes saßen, während ich hinten die Tücher mit einem Dolch aufschnitt und auf dem Bauch durch den Sand kroch.
    Plötzlich war ich wieder stark, als ich die Freiheit um mich sah. Ich konnte mich auf den Wächter bei den Kamelen stürzen und ihn so lange würgen, bis er ohnmächtig war. Und ruhig – woher nahm ich

Weitere Kostenlose Bücher