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Die Straße

Die Straße

Titel: Die Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cormac McCarthy
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beides von einem zugeklebten Plastikbeutel umhüllt. Er ruhte sich aus, hielt sich am Spatenstiel fest, die Stirn in der Armbeuge. Als er wieder aufblickte, stand der Junge im Garten, nur wenige Meter von ihm entfernt. Er hatte schreckliche Angst. Mach nicht auf, Papa, flüsterte er.
    Alles okay.
    Bitte, Papa. Bitte.
    Alles okay.
    Nein, ist es nicht.
    Er hatte die Fäuste vor der Brust geballt und hüpfte vor Angst auf und ab. Der Mann ließ den Spaten fallen und schlang die Arme um das Kind. Komm, sagte er. Wir setzen uns einfach auf die Veranda und ruhen uns ein bisschen aus.
    Und dann können wir gehen?
    Setzen wir uns einfach ein Weilchen hin.
    Okay.
    In die Decken gehüllt, saßen sie da und schauten in den Garten. Lange Zeit saßen sie so. Er versuchte dem Jungen zu erklären, dass im Garten niemand begraben sei, doch der Junge fing nur zu weinen an. Nach einer Weile glaubte er sogar, dass der Junge vielleicht recht hatte.
    Lass uns einfach hier sitzen, sagte er. Wir müssen auch gar nicht reden.
    Okay.
     
     
    Sie gingen erneut durch das Haus. Er fand eine Bierflasche und einen alten Gardinenfetzen, riss einen Streifen von dem Stoff ab und stopfte ihn mit einem Kleiderbügel in den Flaschenhals. Das ist unsere neue Lampe, sagte er.
    Wie können wir sie anzünden?
    Ich habe im Schuppen ein bisschen Benzin gefunden. Und Öl. Ich zeige es dir.
    Okay.
    Komm, sagte der Mann. Es ist alles okay. Versprochen.
    Doch als er sich bückte, um dem Jungen in das von der Kapuze der Decke beschattete Gesicht zu sehen, befürchtete er stark, dass etwas kaputt gegangen war, was sich nicht wieder in Ordnung bringen ließ.
     
     
    Sie gingen durch den Garten zum Schuppen. Er stellte die Flasche auf die Bank, nahm einen Schraubenzieher, stieß ein Loch in eine der Öldosen und machte noch ein zweites, damit sich das Öl besser abgießen ließ. Er zog den Docht aus der Flasche und goss sie ungefähr halbvoll, altes Rohöl, von der Kälte dick und zähflüssig, sodass der Vorgang länger dauerte. Er schraubte den Deckel des Benzinkanisters ab, drehte aus einem der Samentütchen einen Fidibus, goss Benzin in die Flasche, hielt mit dem Daumen den Hals zu und schüttelte sie. Dann goss er etwas auf einen Tonteller, nahm den Lumpen und stopfte ihn mit dem Schraubenzieher in die Flasche zurück. Er zog ein Stück Feuerstein aus der Tasche und schlug es gegen die gezahnten Backen der Zange. Er versuchte es mehrmals, hielt dann inne und goss mehr Benzin auf den Teller. Es gibt vielleicht eine Stichflamme, sagte er. Der Junge nickte. Er schrappte Funken auf den Teller, auf dem mit leisem Wummern eine Flamme erblühte. Er griff nach der Flasche, neigte sie, zündete den Docht an, blies die Flamme auf dem Teller aus und reichte dem Jungen die qualmende Flasche. Hier, sagte er. Nimm das.
    Was machen wir jetzt?
    Halt die Hand vor die Flamme. Lass sie nicht ausgehen.
    Er stand auf und zog den Revolver aus dem Gürtel. Die- se Luke sieht aus wie die andere, sagte er. Aber das täuscht. Ich weiß, du hast Angst. Das ist okay. Ich glaube, dort unten könnte es etwas geben, und deshalb müssen wir nachsehen. Wir können nirgendwo anders hin. Es muss sein. Ich möchte, dass du mir hilfst. Wenn du nicht die Lampe halten willst, musst du den Revolver nehmen.
    Ich halte die Lampe.
    Okay. Genau das tun die Guten. Sie versuchen es immer wieder. Sie geben nicht auf.
    Okay.
    Den schwarzen Rauch der Lampe im Schlepp, ging er dem Jungen voran in den Garten. Er steckte den Revolver in den Gürtel, griff nach dem Spaten und begann, das Schließband aus dem Sperrholz zu hacken. Er zwängte eine Ecke des Blattes darunter, stemmte es hoch, kniete sich hin, packte das Schloss, drehte das ganze Ding los und warf es ins Gras. Er zwängte das Blatt unter die Luke, schob die Finger darunter, stand dann auf und hob sie an. Er sah den Jungen an. Alles in Ordnung?, fragte er. Der Junge nickte stumm, hielt die Lampe vor sich. Der Mann schwang die Luke zurück und ließ sie ins Gras fallen. Eine einfache, aus dicken Planken gezimmerte Treppe führte hinab in die Dunkelheit. Er nahm dem Jungen die Lampe aus der Hand. Er ging ein paar Stufen hinunter, doch dann machte er noch einmal kehrt, beugte sich vor und küsste das Kind auf die Stirn.
     
    Der Bunker war mit Hohlblöcken ausgemauert. Ein gegossener Betonboden, mit Küchenfliesen belegt. Es gab zwei eiserne Bettgestelle mit offenliegenden Federn, eines an jeder Wand, die Matratzen wie beim Militär zusammengerollt am

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