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Die Stripperinnen vom Burbank und 16 andere Stories

Die Stripperinnen vom Burbank und 16 andere Stories

Titel: Die Stripperinnen vom Burbank und 16 andere Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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in die Füße, und ich mußte mir die Schuhe mit Pappe auslegen - Pappe, Zeitungspapier, oder was ich gerade finden konnte. Auch da kamen die Nägel irgendwann durch, und dann machte man sich entweder eine neue Einlage oder man drehte die alte um oder brachte sie irgendwie nochmal in Form.
    Der Lastwagen hielt direkt neben mir. Ich kümmerte mich nicht darum und ging weiter. Der Lastwagen fuhr wieder an, und der Kerl fuhr neben mir her.
    »Junge«, sagte der Kerl, »willst du einen Job?« »Wen soll ich umlegen?«, fragte ich.
»Gar keinen«, sagte der Kerl. »Komm schon, steig ein.« Ich ging auf die andere Seite herum, und als ich dort anstand die Tür offen. Ich stieg auf das Trittbrett,
    zwängte mich rein, machte die Tür zu und lehnte mich in dem Ledersitz zurück. Wenigstens war ich jetzt aus der
    »Wenn du mir einen abkaust«, sagte der Kerl, »kriegst du fünf Dollar.«
Ich wuchtete ihm die Rechte in den Magen, erwischte ihn mit der Linken irgendwo zwischen Ohr und Hals, und dann kam ich noch einmal mit einer Rechten durch, die ihn voll in die Fresse traf, und der Lastwagen kam von der Straße ab. Ich packte das Lenkrad und steuerte ihn auf die Straße zurück. Dann stellte ich den Motor ab und zog die Bremse. kletterte heraus und ging weiter die Straße entlang. Ungefähr fünf Minuten später fuhr der Lastwagen wieder neben mir her.
»Junge«, sagte der Kerl, »tut mir leid. Ich habs nicht so gemeint. Ich hab damit nicht gemeint, daß du ein Homo bist. Obwohl, ich meine, irgendwie hast du schon ein bißchen was von einem Homo. Muß einem ja nicht peinlich sein, wenn man ein Homo ist, oder?«
»Nee, wahrscheinlich nicht. Vorausgesetzt, man ist einer.«
»Na komm«, sagte der Kerl, »steig ein. Ich hab ne anständige Arbeit für dich. Kannst dir ein bißchen was verdienen, wieder auf die Beine kommen.«
Ich stieg ein. Wir fuhren los.
»Mußt schon entschuldigen«, sagte er. »Du hast zwar ne richtig harte Visage, aber sieh dir mal deine Hände an. Du hast Hände wie eine Frau.«
»Machen Sie sich mal keine Gedanken über meine Hände«, sagte ich.
»Naja, es ist Schwerarbeit. Eisenbahnschwellen stapeln. Schon mal Schwellen gestapelt?«
»Nee.«
»Das ist harte Arbeit.«
»Ich hab mein ganzes Leben harte Arbeit gemacht.«
»Okay«, sagte der Kerl, »okay.«
Wir fuhren schweigend weiter, der Lastwagen ruckelte hin und her. Es gab nichts als Staub. Staub und Wüste. Das Gesicht dieses Kerls machte nicht viel her, der ganze Kerl machte nicht viel her. Aber es gibt eben hin und wieder kleine Leute, die es zu ein bißchen Prestige und Macht bringen, indem sie lange genug an einer Sache dranbleiben. Er hatte den Lastwagen, und er heuerte Leute an. Manchmal muß man sich mit so etwas abfinden.
Wir fuhren. Dann ging da so ‘ein älterer Typ die Straße lang. Er muß um die 45 gewesen sein. Für die Straße ist das alt. Mr. Burkhart (er hatte mir seinen Namen gesagt), trat auf die Bremse und fragte den Alten: »Hey, Kumpel, willst du dir ein paar Dollar verdienen?«
»Aber ja, Sir!« sagte der Alte.
»Rück mal ein bißdien«, sagte Mr. Burkhart zu mir. »Laß ihn rein.«
Der Alte stieg ein. Er stank entsetzlich — nach Schnaps und Schweiß und Agonie und Tod. Wir fuhren weiter, bis wir zu einer kleinen Ansammlung von Gebäuden kamen. Wir stiegen mit Burkhart aus und gingen in einen Laden. Dort gab es einen Typ mit einer grünen Sonnenblende über den Augen und einem Haufen Gummiringe ums linke Handgelenk. Er hatte eine Glatze, aber seine Arme waren ein Gestrüpp von widerlich langen blonden Härchen.
»Hallo, Mr. Burkhart«, sagte er. »Ich sehe, Sie haben sich wieder ein paar Süffel an Land gezogen.«
»Hier ist die Liste, Jesse«, sagte Mr. Burkhart, und Jesse lief herum und suchte die bestellten Sachen zusammen. Das dauerte einige Zeit. Dann hatte er alles beisammen.
»Sonst noch was, Mr. Burkhart? Ein paar billige Flaschen Wein?«
»Keinen Wein für mich«, sagte ich.
»Gut«, sagte der Alte, »dann krieg ich seine Flasche da
    »Das wird dir aber vom Lohn abgezogen«, sagte Burk

    »Mir egal«, sagte der Alte, »ziehen Sie’s eben ab.«
    »Bist du sicher, daß du keine Flasche willst?«, fragte mich Burkhart.
»Also gut«, sagte ich, »ich nehme eine.«
    Wir hatten ein Zelt, und in der Nacht tranken wir den Wein und der Alte schüttete mir sein Herz aus. Er hatte seine Frau verloren. Er liebte seine Frau immer noch. Er dachte ständig an sie. Eine erstklassige Frau. Er war früher Mathematiklehrer gewesen.

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