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Die Strudlhofstiege

Die Strudlhofstiege

Titel: Die Strudlhofstiege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heimito von Doderer
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dem Bahnhofe nicht aufgehalten hätte.« Nun, so erzählte er weiter, die Beamten hätten sich in überaus höflicher Form (›wie's denn bei euch hier allemal zu gehen pflegt‹) mit einem richterlichen Hausdurchsuchungs-Befehle und freilich auch mit ihren Legitimationen ausgewiesen. (Die Rechtssicherheit in Österreich war allerdings 1925 noch sehr hoch, ja, eine für heutige Begriffe fast absolute). Der eine war ›ein sicherer Herr Zacher‹, wie Eulenfeld sich in seiner gern altertümelnden Sprache ausdrückte; den anderen Namen habe er sich nicht gemerkt. Sie hatten zwei ›Haus-Suchungs-Befehle‹ (der Rittmeister sagte nicht, wie hierzulande üblich: ›Hausdurchsuchung‹). Und zwar den einen auf die Eulenfeld'sche, den anderen auf die Schlingerische Wohnung ausgefertigt; in der ersteren waren sie bereits gewesen und kamen von dort, wie sich später herausstellte. Eulenfeld hatte auch in Erfahrung gebracht, daß die Beamten unmittelbar nach seinem Weggange mit Mimi bei ihm erschienen waren. Da er kurz vor dem Verlassen der Wohnung auf die Uhr gesehen, wußte er diesen Zeitpunkt genau: fünf Uhr und zwanzig Minuten. »Edithchen hat uns herübergerufen, da du ausbliebst, Melzer. Wir sollten ihr helfen die Zeit vertreiben. Die Polente hat sich natürlich an die Hausmeisterin gewandt, weil bei mir sich nichts rührte – gemach, gemach!« wehrte er ab, da Melzer endlich wissen wollte, um was es sich denn bei dieser ganzen Geschichte gehandelt habe und weshalb überhaupt die Polizei erschienen sei?! Aber nun kam Eulenfeld freilich bald auf die Trafikantin Oplatek zu sprechen und auf Theas unschuldige Ungeschicklichkeit (ihn hielt irgendein wohl kaum bewußtes Fingerspitzengefühl davon ab, in bezug auf die Rokitzer etwas geradezu Unfreundliches zu sagen). Die Untersuchung in Eulenfelds Wohnung hatte kaum zwanzig Minuten in Anspruch genommen, infolge der Übersichtlichkeit dieser ordentlichen Junggesellenbehausung: welche von Frau Wöss eilfertig aufgesperrt worden war. Denn was die Behörde wesentlich suchte, das waren ja recht umfängliche Kartons und Packungen, die ihrem Auge schwerlich hätten entgehen können … Selbstverständlich sei die Polizei durch die Hausmeisterin auf die hiesige Wohnung aufmerksam gemacht worden als auf den vermutlichen Aufenthalt des abwesenden Mieters, meinte Eulenfeld; die Wöss habe ihn wohl auch mit Mimi das Haus verlassen gesehen; aber woher dann der bereits ausgefertigte Durchsuchungs-Befehl auch für hier? »Ungewöhnliche Zeit für derlei Amtshandlungen übrigens«, sagte der Rittmeister. »Meistens starten sie dazu am frühen Morgen.« (Es rutschte ihm gleichsam heraus.) Na, kurz und gut! – Jetzt erwähnte er noch beiläufig die Verbindung zwischen den hiesigen Hawelka's und den dortigen Wöss', sowie sein Zerwürfnis mit der Hausmeisterin im August (»wär' bald ein bloßes Würfnis geworden, nämlich treppenabwärts, will ich mal sagen«). Kurz und gut also, die Polizei hatte ganz offenbar im voraus schon die Absicht gehabt, auch bei Editha zu amtieren. Die hausmeisterische Herkunft solcher polizeilicher Kenntnisse von seinem, Eulenfelds, Umgange liege freilich auf der Hand. Offenbar sei Frau Wöss früher schon einmal von einem Kieberer aufgesucht worden. (Es war jedoch nur die Hedi Loiskandl gewesen, wie wir herausgebracht haben; sie hatte sich an die Wöss-Hawelkas im ›Café Franz-Josefs-Bahn‹ herangemacht, wo die Mannsbilder beider Familien gern Karten spielten, wie schon von Dolly Storch beobachtet worden ist. Aber am Ende genügte die Loiskandl hier auch.) Nun also, hier bei Editha sei's dann ebenfalls ganz kurz abgegangen. Nur in den großen Garderobe-Schränken nebenan hätte man genau nachgesehen. (Zwei Hausdurchsuchungen mit rein negativem Ergebnis hintereinander änderten wahrscheinlich auch für die amtierenden Organe irgendwie das Bild der Lage. Von dem Phänomen der Zwillinge sa hen sie nicht gar viel: der Rittmeister – bei dem ganzen Anlasse sehr würdig und korrekt auftretend – räumte den Agenten dieses merkwürdige Naturspiel tunlichst aus den Augen, indem er Mimi erst in die Küche und dann in's Badezimmer schubste; es wurden alle Räume ausnahmslos betreten. Allerdings ist nicht daran zu zweifeln, daß die Wöss den Beamten von den Zwillingen erzählt haben wird, welche ja besonders seit der Rückkehr Edithas zu Ende des August ein Haupt- und General-Thema der befreundeten Frau Hawelka bildeten.)
    Was den Rittmeister bei der ganzen Haupt- und

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