Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stunde der Gladiatoren

Die Stunde der Gladiatoren

Titel: Die Stunde der Gladiatoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
Vom Netzwerk:
feilbot. Dafür aber war sie umso hübscher, mit den Dirnen, die sich hier die Klinke in die Hand gaben, nicht zu vergleichen. Für diese Schönheit, vom Aussehen her Orientalin, würde er einiges berappen müssen, aber das, so der Handel zustande käme, wäre ihm die Sache wert. »Was ist: Hat es dir die Sprache verschlagen?«
    Scorpio, Präfekt der kaiserlichen Leibwache, schüttelte den Kopf, prostete der unbekannten Schönen zu und lud sie ein, sich zu ihm zu setzen. »Wie kommt es, dass ich dich noch nie gesehen habe?«, wollte er wissen, worauf die Hetäre, um die es sich zweifellos handelte, mit einem verführerischen Augenaufschlag reagierte. »Jemanden wie dich trifft man hier selten.«
    Â»Das kommt daher, weil ich noch nicht lang in Treveris weile«, antwortete die Venus, bei der alles, woran Männer Gefallen fanden, in einer Person vereint zu sein schien. Dunkles, welliges, bis auf die Schultern reichendes Haar und geschwungene und dezent geschminkte Wimpern. Dazu eine dunkle, orientalisch anmutende Tönung der Haut, von der Art, wie man sie in Syrien oder Ägypten antraf. Das Beste an der Unbekannten, im Gegensatz zu den anderen Dirnen mit einem Chiton bekleidet, war jedoch ihre Stimme. Sie als sanft zu bezeichnen war beinahe schon eine Beleidigung. Verführerisch wie Aphrodite, klug wie Athene und anziehend wie die schöne Helena: Etwas Vergleichbares hatte er in Treveris noch nie gesehen. Und schon gar nicht in dieser heruntergekommenen Taverne, wo sich Diebe, Schmuggler und zwielichtige Gestalten aus ganz Gallien tummelten. »Nicht einfach, sich zurechtzufinden!«
    Â»Was dagegen, wenn ich dir behilflich bin?«, raunte Scorpio der Fremden zu, ein Lächeln im Gesicht, das an einen lüsternen Satyr erinnerte. »Ich denke, du und ich würden uns gut ergänzen.«
    Â»Woran genau hast du dabei gedacht?«
    Â»An alles, was Spaß macht«, antwortete der Präfekt, wobei er das Wort ›Spaß‹ über die Maßen betonte. »Das fängt beim Trinken, bei anregenden Gesprächen und Tafelfreuden an.«
    Â»Und womit hört es auf?«, hauchte die Frau, die tat, als könne sie nicht bis drei zählen. Dass dies eine Masche war, hatte Messala natürlich erkannt, aber das hinderte ihn nicht, ihr weiter den Hof zu machen.
    Â»Ich hoffe, du hast genug Zeit.«
    Die hatte er, keine Frage. Ein Blick auf das Stundenglas, welches in der Nische hinter ihr auf dem Tresen stand, und Messala strahlte mit der Fremden um die Wette. Noch eine dreiviertel Stunde. Genug Zeit also, Gott Bacchus zu huldigen, sich ein lauschiges Plätzchen zu suchen und den Freuden der Liebe zu frönen. Alles andere, auch sein Auftrag, würde sich von alleine regeln.
    Â»Womit es aufhört, willst du wissen?«, raunte Scorpio der Unbekannten zu und ließ den Becher bis zum Rand füllen. »Denk nach – oder muss ich deutlicher werden?«
    Â»Nein, musste du nicht!«, erwiderte die Unbekannte und griff nach dem Becher, den Scorpio in Händen hielt. »Komm, schöner Mann – verlieren wir keine Zeit!«

    *

    An der Tür angekommen, hielt Scorpio abrupt inne. Der Wein, ein edler Tropfen aus dem Ruwertal, hatte seine Sinne vernebelt, und das mehr, als ihm lieb sein konnte. Dies zuzugeben kam ihm freilich nicht in den Sinn, und er redete sich ein, Herr seiner selbst zu sein. Wäre er es gewesen, hätte er die Gestalt bemerkt, die ihm und der Unbekannten folgte, aber da es Venus war, die seine Schritte lenkte, ließ er jegliche Vorsicht vermissen.
    Die Schwüle, ohnehin drückend genug, tat ein Übriges, und wie er so durch die Dunkelheit hastete, kam sich Scorpio wie in einem Glutofen vor. Je weiter der Weg, desto geringer die Wachsamkeit, und so nahm der Präfekt nicht einmal das Donnergrollen wahr, das mit jedem Schritt, den er zurücklegte, bedrohlicher wurde.
    Â»Nur Geduld, Liebster, wir sind gleich da!« Kaum fähig, mit der Hetäre Schritt zu halten, stieß Scorpio einen leisen Fluch hervor. Um einander näherzukommen, hätte es auch das Obergeschoss getan, das Auspicius, Wirt ›Zum Priapus‹, für ein paar Sesterzen vermietete. Die Fremde indes hatte darauf bestanden, das Liebesnest woanders zu errichten – wo, wollte sie nicht verraten.
    Und so stolperte Scorpio hinter der mysteriösen Schönen her, vorbei an verbarrikadierten Läden,

Weitere Kostenlose Bücher