Die Stunde der Hexen - Midnight Hour 4 - Roman
angefangen! Die Gespräche spätabends, in denen wir besprachen, was mit Mom und Dad zu tun sei, da sie nun alt wurden. Früher hatten wir immer Witze darüber gemacht, dass sie uns besser gut behandeln sollten, weil wir eines Tages ein Pflegeheim für sie aussuchen würden. Ich hatte nicht gedacht, so etwas in den nächsten zwanzig Jahren tun zu müssen. Nein, dreißig Jahren.
Stur sagte ich: »Ja, klar, und sie wird nicht erraten, dass etwas im Busch ist, wenn sie hier pünktlich eintrifft und sieht, dass ich tatsächlich zu früh dran bin.«
Cheryl setzte Jeffy in einem Laufstall ab, wo er sofort nach einem bunten Plastikspielzeug griff und damit gegen den Boden hämmerte. Sie richtete sich auf und fuhr sich mit den Händen durch die Haare, wobei sich einzelne Strähnen aus ihrem Pferdeschwanz lösten. Auf einmal sah sie zehn Jahre älter aus. Sie wirkte müde. Natürlich wirkte sie müde, sie war schließlich Mutter.
»Ich weiß, ich weiß«, sagte sie. »Ich habe mir nur gedacht, es wäre besser, wenn wir planen könnten …«
»Hinter Moms Rücken aushecken, meinst du?«
»Okay. Ja, sicher. Es ist dumm gewesen. Tut mir leid.«
Ich lehnte mich an die Arbeitsplatte und konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. »Als wir noch Kinder waren, dachte ich immer, ich wäre diejenige, die sich niederlässt, Haus in einem Vorort, zweieinhalb Kinder, und dass du etwas Verrücktes machen würdest, in einer Rockband singen oder so. Und jetzt sieh dir uns an.«
Auf der Highschool war Cheryl beinahe ein Punk gewesen. Die echte Hochzeit hatte sie um ein paar Jahre verpasst, doch sie hörte die Musik, trug eine Armeejacke aus Restbeständen und Springerstiefel. Verlor mehr Sicherheitsnadeln, als die meisten Leute im Laufe ihres Lebens zu Gesicht bekamen. Als ihre vier Jahre jüngere Schwester vergötterte ich sie und lieh mir all ihre Kassetten, was meinen Musikgeschmack für immer prägte. Während ihres Studiums war sie aus dem Ganzen herausgewachsen. Machte ihren Abschluss in Informatik und schlug den Weg ins IT-Management ein. Begegnete Mark und wurde zu einer Vorortstatistik. Jedenfalls war sie größtenteils aus dem Ganzen herausgewachsen. Gelegentlich erwischte ich sie dabei, wie sie ein T-Shirt von den Ramones trug, als wollte sie sagen: »Ich bin nicht schon immer so gewesen.«
Heute hatte sie ein einfaches blaues T-Shirt an, das, wie ihre Jeans, vom vielen Waschen ausgebleicht war.
»Es ist schon komisch, wie es die eigene Einstellung ändern kann, wenn einem der Richtige über den Weg läuft.«
»Vermutlich.«
»Dieser Ben - ist er der Richtige?«
Ich wünschte, ich wüsste die Antwort. Schulterzuckend sagte ich: »Wer weiß.«
Mit einem verschmitzten, wissenden Unterton sagte sie: »Es ist noch nicht zu spät. Vielleicht heißt es für dich eines Tages auch noch Vorort und zweieinhalb Kinder.«
Meine Miene erstarrte zu einem höflichen Lächeln. Ich wollte es ihr nicht erzählen. Ich war noch nicht so weit, dass ich ihr die Sache mit den Kindern sagen wollte. Es gab Wichtigeres zu besprechen.
»Was ist also wegen Mom?«, fragte ich.
»Was werden wir machen?«
»Das liegt nicht wirklich bei uns, oder? Sie ist ein großes Mädchen.«
Cheryl fing an, auf- und abzugehen. »Ich weiß, aber sie wird Hilfe brauchen, wir werden ihr beistehen müssen. Falls sie weitere Operationen und eine Chemotherapie benötigen sollte, werden wir uns doch wohl um sie kümmern müssen, nicht wahr?«
»Da bist du meiner Meinung nach ein wenig voreilig. Warum warten wir nicht ab, bis wir wissen, wie ernst es ist, bevor wir anfangen, auszurasten?«
»Damit wir wichtige Entscheidungen treffen können, während wir gerade ausrasten?«
»Abwarten, Cheryl. Das lassen wir auf uns zukommen.«
»Wir müssen uns auf das Schlimmste gefasst machen, damit wir ihr dann helfen können.«
»Das werden wir«, sagte ich. »Auf jeden Fall, was auch immer getan werden muss.«
»Dann bleibst du also? Das bedeutet, dass du hier sein und nicht bei jeder Gelegenheit quer durchs Land düsen
wirst, ohne jemandem Bescheid zu geben.« Es war keine beiläufige Frage. Sie beugte sich vor und starrte mich geradezu verzweifelt an. Beinahe hätte sie auch noch mit dem Finger auf mich gezeigt.
Es ging überhaupt nicht um Mom.
»Cheryl, was fragst du da? Willst du sicherstellen, dass es nicht allein an dir hängen bleiben wird, falls Mom Hilfe brauchen sollte? Ist es das?«
So blieben wir und starrten einander an. Es war beinahe wölfisch.
Da
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