Die Stunde der Hexen - Midnight Hour 4 - Roman
gesprochen. »Wie viele waren es denn?«
Nach einer Pause sagte er: »Zwei. Mehr nicht.«
»Das reicht, meinst du nicht?«
»Und ich habe bei vieren von Cormac mitgeholfen.«
»Wie viele genau hat denn Cormac erledigt?«
Er lächelte nur.
Diese Kerle machten mich noch wahnsinnig. Ich schnaubte und marschierte weiter. Als ich an die Tür der Suite klopfte, hatte er mich bereits wieder eingeholt.
Aus der Suite erklang Mercedes’ Stimme: »Es ist nicht abgesperrt. Herein!«
Ich öffnete die Tür und betrat ein ziemlich geräumiges Wohnzimmer mit großen samtüberzogenen Sesseln und Chaiselonguen, die um einen Kamin und einen Mahagonicouchtisch gruppiert waren. Dicke Teppiche und Kristalllampen verliehen dem Raum eine warme, üppige Atmosphäre.
Auf der anderen Zimmerseite erhob Rick sich aus einem brokatüberzogenen Stuhl. Er wirkte höflich und elegant wie immer, seine Haltung war jedoch angespannt, als sei er nervös. Er hatte die Hände an den Seiten zu Fäusten geballt, doch sein Gesicht war ausdruckslos.
»Mist!« Ich erstarrte und blickte ihn verärgert an.
»Was für eine Begrüßung! Ich gehe davon aus, dass ihr
beide euch kennt?« Mercedes saß zurückgelehnt auf einem antiken Sofa und betrachtete mich gelassen.
Ich hätte es wissen müssen, hätte damit rechnen sollen. Sie konnte nicht hier sein, ohne die Aufmerksamkeit der hiesigen Vampire auf sich zu ziehen. Da ich mich so auf sie konzentriert hatte, hatte ich die allgemeine Lage vergessen. Ich hatte sogar vergessen, auf mich selbst aufzupassen. Mit geschlossenen Augen holte ich tief Luft, um mich zu sammeln. Dann musterte ich Mercedes Cook. Sie trug ein rauchfarbenes, eng anliegendes Kleid aus einem spitzenbesetzten Stoff, der gleichzeitig modern und altmodisch wirkte.
»Ähm, ja«, war alles, was ich hervorbrachte. Mein Geheimnis war gründlich aufgeflogen, wie es den Anschein hatte. Wer wusste sonst noch von meiner Rückkehr nach Denver?
Rick erholte sich von dem Schrecken - offensichtlich hatte unser Wiedersehen ihn nämlich genauso überrascht wie mich. Aus irgendeinem Grund hatte Mercedes ihm also nicht gesagt, dass ich käme. Aber was machte er hier?
Er gewann seine sonstige Gelassenheit wieder und kehrte auf seinen Platz zurück. »Wieder in Denver, wie ich sehe.« Eine klare Aussage.
Ich konnte widersprechen, Ausflüchte machen, mich dumm stellen. Oder ehrlich sein. Die Sache ging ihn verdammt noch mal nichts an. »Scheint so.« Ich lächelte so liebenswürdig wie möglich.
»Interessant«, lautete sein einziger Kommentar. Kein Warum oder Wie oder Wann.
»Wie lange kennt ihr beide euch schon?«, fragte ich. Sie tauschten einen dieser Blicke aus, die eine lange Bekanntschaft erahnen ließen - das unterdrückte Lächeln und die fragenden Blicke in den Augen. Sie versuchten zu entscheiden, wie viel sie erzählen, ob sie überhaupt damit herausrücken sollten.
Mercedes ergriff die Initiative. »Ach, wir kennen uns nun schon seit geraumer Zeit, nicht wahr?«
»Nun kommen Sie schon, Sie sind Vampire«, sagte ich. »Was bedeutet das? Ein Jahrzehnt oder ein Jahrhundert oder vielleicht drei?«
»Sie und Rick sind miteinander befreundet«, sagte Mercedes. »Wissen Sie, wie alt er ist?«
Ich musterte Rick, der sich nicht rührte. Waren wir Freunde? Ich war mir nicht sicher, ob ich so weit gehen würde. Schließlich kannte ich ihn, ohne auch nur das Geringste über ihn zu wissen. Ich hatte das Gefühl, in eine Art Spiel oder einen Running Gag gestolpert zu sein. »Zwei fünfzig«, sagte ich. Gemeint waren zweihundertfünfzig Jahre.
Mercedes warf ihm einen Blick zu, und ihr Lächeln wurde breiter. »Herrje, wir sind hier aber alle geheimniskrämerisch, nicht wahr?«
Ich blinzelte. »Wie alt ist er? Wie weit liege ich daneben?«
»Ich habe Ihnen doch gesagt, Kitty, dass es unhöflich ist, über das Alter zu reden.« Sie strich den ohnehin perfekten Rock ihres Kleides glatt und wechselte das Thema. »Bei Gelegenheit werde ich wohl Arturo meine Aufwartung machen. Sind Sie mit ihm auch befreundet?«
Ich runzelte die Stirn. »Ich kenne ihn. Ich wüsste es wirklich zu schätzen, wenn Sie ihm nichts von meiner Rückkehr nach Denver erzählen würden.«
»Das klingt, als gäbe es da eine Geschichte«, sagte sie. Keinerlei Versicherung, dass sie mein Geheimnis für sich behalten würde. Ich musste sie völlig neu einschätzen. Bisher hatte ich ihr unbesehen geglaubt - sie wirkte wie eine junge, lebhafte, erfolgreiche Bühnenkünstlerin. Das
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