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Die Stunde Der Jaeger

Die Stunde Der Jaeger

Titel: Die Stunde Der Jaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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auszunutzen.«
    Er stieß ein Geräusch aus, das sich in meinen Ohren wie ein zufriedenes Stöhnen anhörte. »Du willst ja bloß, dass ich Gefallen am Werwolfdasein finde. Darum geht es bei der ganzen Sache.«
    Ich stieß mich von ihm ab, bloß einen Augenblick. »Du
musst keinen Gefallen daran finden. Du musst es bloß überleben.«
    Er richtete den Blick auf mich, sah mir in die Augen. »In Ordnung.«
    Ich küsste ihn und küsste ihn, versuchte zitternd, mich noch näher an ihn zu schmiegen – wir lagen bereits der Länge nach Haut an Haut. Er legte mir eine Hand in den Nacken, die andere schob sich auf meinen Hintern zu, und er presste mich dicht an sich. Seine Berührungen hinterließen ein Brennen in der kalten Winterluft.
    Er brachte einen weiteren Kommentar zustande. Seine Stimme klang tief und rau. »Kitty, bloß damit du es weißt: Von dir lasse ich mich jederzeit ausnutzen.«
    Also tat ich es.
    Er lag zusammengerollt in meinen Armen, und ich schwelgte in seinem Geruch – verschwitzt, warm, moschusartig. An jedem einzelnen Morgen, an dem ich allein gewesen war, war ich nervös und unzufrieden aufgewacht. Und jetzt, hier mit ihm – hatte ich erneut ein Rudel, und die Welt schien wieder in Ordnung.
    Es lag an der Lykanthropie, sagte ich mir. Ohne sie hätte ich niemals mit Ben geschlafen. Nicht dass ich es bereut hätte.
    Aber trotzdem.
    Die Sonne war beinahe über den Bäumen. So sehr ich auch am liebsten den ganzen Tag hierbleiben wollte, mussten wir doch zurückkehren. Zurück in die Welt.
    Schließlich war es Ben, der sagte: »Ich schätze, wir sollten zurück, bevor Cormac uns suchen kommt.«

    Das würde der Kopfgeldjäger ganz gewiss tun. Uns aufspüren. Ich war mir nicht ganz sicher, was er täte, wenn er uns erst einmal gefunden hätte. Ich kramte die Kleidungsstücke hervor, die ich versteckt hatte, und teilte sie unter uns auf. Wir zogen uns an, halfen einander auf die Beine und brachen in Richtung Hütte auf.
    In meinem Rudel damals in Denver hatte das Alphamännchen Carl es sich zur Gewohnheit gemacht, mit etlichen Frauen zu schlafen. Wenn Lykanthropie für die Libido das Gleiche war wie Benzin für Feuer, dann hatte Carl es in vollen Zügen ausgenutzt. Der Gestaltwandel war für ihn Vorspiel, und als Anführer des Rudels besaß er seinen eigenen Harem. Auf sein Geheiß hin rollte sich jede einzelne von uns auf den Rücken und zeigte ihm den Bauch, wie brave, unterwürfige Wölfinnen es eben taten. Meine Wölfin hatte es geliebt: die Aufmerksamkeit, die Zuneigung, den Sex. Die Übergriffe – verbaler und gelegentlich auch anderer Art –, die mit seiner Aufmerksamkeit einhergingen, änderten nichts daran. Jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, an dem ich es nicht mehr aushielt. Carl war immer noch in Denver. Deshalb konnte ich nicht zurück.
    So wollte ich nicht sein. Wenn ich schon der Alpha in unserem kleinen Zweierrudel sein musste, wollte ich nicht die Art Alpha sein. Ich wollte nicht mit jedem ins Bett gehen, bloß weil ich es konnte.
    Oder war es geschehen, weil ich ihn mochte? Ich mochte ihn in der Tat. Aber hätte ich jemals mit ihm geschlafen, wenn wir nicht nackt im Wald gewesen und nach Wölfen gerochen hätten? Hätte es je zur Debatte gestanden?

    Hatte Ben mich fest in den Armen gehalten und mich leidenschaftlich geküsst, oder war es sein Wolf gewesen?
    Machte es überhaupt einen Unterschied?
    Solche Dinge waren der Wolfsseite so viel klarer: Du magst ihn? Er ist nackt? Er zeigt Interesse? Dann los! Nur die menschliche Seite machte sich Sorgen, dass Gefühle verletzt werden könnten.
    Er ging zwei Schritte hinter mir – wieder diese wölfische Unterwürfigkeit. Den Kopf hatte er nach unten geneigt, und er sah müde aus. Unter den Augen hatte er Schatten. Doch er wirkte nicht wütend, verängstigt, angespannt oder irgendetwas anderes, was ich vielleicht bei einem frisch gebackenen Wolf erwartet hätte. Als er bemerkte, dass ich ihn beobachtete, lächelte ich aufmunternd. Er erwiderte mein Lächeln.
    Â»Was wirst du Cormac sagen?«
    Â»Nicht schießen?« Er zuckte zusammen und schüttelte den Kopf. »Du hast Recht gehabt, ich hatte Unrecht? Ich weiß es nicht. Ich bin verwirrt. Ich will nicht sterben. Das wollte ich nie. Das weißt du, oder?«
    Ich verlangsamte meine Schritte, bis wir nebeneinander

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