Die Stunde Der Jaeger
hör auf, dich wie ein Versager aufzuführen«, sagte ich.
»Das ist ein starkes Stück, aus dem Mund von jemandem, der mit eingezogenem Schwanz in den Wald davongelaufen ist â¦Â«
Ich machte einen Schritt auf ihn zu, die Zähne zu einem stummen Knurren gefletscht, die Hände zu Fäusten geballt. Auf einmal panisch, zuckte er zurück, sodass der Stuhl ein Stück nach hinten kippte. Wir starrten einander einen Augenblick lang an â ich forderte ihn heraus, es mit mir aufzunehmen. Ich forderte ihn heraus, zu sagen, was er dachte.
Er senkte den Blick zu Boden. Dann fuhr er sich mit den
Händen durch die Haare und stützte sich mit den Ellbogen auf dem Tisch ab. »Was zum Teufel geschieht mit mir?«, murmelte er.
Ich wandte mich ab. Natürlich wusste ich, was mit ihm geschah, doch wie sollte ich das alles erklären? Ein ganzes neues System aus Körpersprache und Emotionen â ich lebte nun schon seit Jahren damit. Ich nahm sie als selbstverständlich hin.
»Okay, ihr beiden bringt selbst mich aus der Fassung«, sagte Cormac, die Hände resignierend erhoben. Er stand auf. »Ich mache einen Spaziergang.«
»Cormac.« Ben streckte die Hand über den Tisch hinweg aus und hielt Cormac einen Moment lang auf. Das Gemälde blieb bestehen, bis Ben Atem holte und sagte: »Es tut mir leid. Es tut mir leid, dass ich dir das alles aufhalse.«
Der Jäger sah weg, und sein Gesicht verspannte sich. Er setzte eine Miene auf, die ich nicht deuten konnte. Da war ein Gefühl, das er verzweifelt zu verbergen suchte.
»Nein«, sagte er. »Ich habe dich in diesen Schlamassel hineingezogen. Mir tut es leid.«
Wie schon so oft im Laufe dieser Woche, verlieà er die Hütte. Machte einen Spaziergang. Auf diese Weise ging er mit den langen, betretenen Schweigepausen um.
Bens Arm lag immer noch quer über den Tisch ausgestreckt, und als er seufzte, neigte er beinahe den Kopf bis zur Platte hinunter. »Ich wusste, dass er das tun würde. Ich wusste, dass er sich die Schuld gäbe.«
Ich trat auf Ben zu â diesmal langsam, nicht bedrohlich. Er warf mir einen Seitenblick zu, argwöhnisch, zuckte
aber nicht zusammen. Ich berührte ihn an der Schulter, lieà meine Hand dort liegen. Sagte einmal nichts, lächelte aber, als er sich fester an mich drückte.
Es war das reinste Wunder, aber Ben hörte auf mich. Er machte sich wieder an die Arbeit. Lieh sich mein Handy, um seine Voicemail abzuhören, benutzte meinen Laptop und meinen Internetzugang, um seine E-Mails zu lesen, reagierte auf zwei panische Nachrichten von Mandanten. Er hatte seine eigene Kanzlei, so klein, dass ein Mensch sie allein führen konnte, doch groà genug, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, ganz im Einklang mit seinem unabhängigen Wesen. Offensichtlich war er zu dem Schluss gekommen, dass er sich besser wieder an die Arbeit machen sollte, wenn er nun am Leben bliebe. Auch Werwölfe mussten Miete zahlen. Jedenfalls ihre menschliche Seite.
Wir aÃen wieder Wildbret zu Abend. Das Zeug wurden wir nie leid. Allerdings dachte ich allmählich, dass ich in einen Grill investieren sollte, damit wir die Steaks nicht immer unter den Bratrost stecken mussten. Cormac aà an die Arbeitsplatte gelehnt, Ben und ich saÃen am Tisch. Die Mahlzeit fühlte sich beinahe normal an.
Niemand starrte einen anderen an, niemand bat darum, erschossen zu werden, und Cormac hatte seine Waffen verräumt.
Wir unterhielten uns über meinen bösen Stalker.
»Wie lange geht das schon so?«, fragte Ben.
»Etwa zehn Tage. Das erste Mal ist es kurz vor eurer Ankunft geschehen«, sagte ich. »Okay, wer auch immer es auf
mich abgesehen hat, weià also, was ich bin. Wieso ist gestern Nacht nichts passiert? Warum haben sie nicht der Wolfhälfte nachgestellt?«
»Sie haben Angst«, sagte Ben. »Bei Vollmond bist du am stärksten. Darauf wollen sie sich nicht einlassen.«
Cormac sagte: »Er hat Recht. Vollmond ist die schlechteste Nacht, um einem Werwolf nachzujagen. Man wartet bis zum folgenden Morgen. Erwischt ihn, während er sich ausschläft.« Er lächelte.
Selbst Ben schüttelte hierbei den Kopf. »Du bist soeben noch mal ein verdammtes Stück furchteinflöÃender geworden.«
»Ich? Ich habe mich kein bisschen geändert.« Er warf Ben einen strengen Blick zu.
Ich hatte nicht vor, sie noch weiter über
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