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Die Stunde der Seherin - Historischer Roman

Die Stunde der Seherin - Historischer Roman

Titel: Die Stunde der Seherin - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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ihr durch den Kopf, als sie das Gleichgewicht verlor und vom Pferd rutschte, weil sie sich nach Máelsnechtai umgeschaut hatte. Gott kann einen nur an einem Ort beschützen – ihre aufgeregte Neugier wurde ihr zum Verhängnis.
    Das Stundenbuch fing ihren Fall auf – zwar bohrten sich seine Kanten scharf in ihr Fleisch, doch schützte es ihr Rückgrat, als sie durch die Luft flog und auf dem Boden aufprallte. Auf perverse Art sorgte das Buch immer wieder dafür, dass ihr nichts zustieß, um sie im nächsten Moment anders zu quälen … Zwei Wölfe kamen hechelnd auf sie zu, offenbar ratlos, ob sie sich mit den anderen auf das Pferd stürzen oder das leichtere Opfer am Boden wählen sollten. Hinter ihnen trieb der Fahle sie erbarmungslos zum Angriff an.
    Die Stute zögerte keinen Moment. Wie ein haariges Ungeheuer wuchs sie aus dem Boden, tänzelte auf der Stelle und schien mit allen vier Beinen nach den Angreifern zu treten. Ihre Schreie kamen aus tiefer Kehle und durchtrennten die Nacht mit scharfen Schnitten. Wild flog die Mähne umher. Sie beugte sich vor und packte mit einem gezielten Biss einen der Wölfe am Kopf, schleuderte ihn in die Luft, dass sein Körper gegen ihren Hals klatschte und zurück auf den Boden, als wöge er nichts, als wäre er nur ein Grasbüschel, an dem ein lästiger Erdklumpen hing … Der Wolf jaulte auf, dann prallte sein schmaler Körper erneut auf den Boden, und er erschlaffte. Die Stute ließ ihn sofort fallen, holte mit dem Vorderhuf aus und zertrümmerte den Schädel eines anderen Wolfes.
    Sie ließen von ihr ab, wendeten sich stattdessen Christina zu, doch schienen sie unentschlossen, ob sie angreifen sollten. Ihre geduckten Körper verschmolzen mit dem schneelosen Erdreich. Die Gruppe schien sich geteilt zu haben. Ein Schmerzensschrei gellte über die Ebene – Máelsnechtais Pferd war von einem anderen Teil des Rudels offenbar zu Fall gebracht worden, auch der zweite Schotte war gestürzt, wälzte sich brüllend irgendwo im Schnee. Sie hörte die furchtbaren Schreie eines Pferdes im Todeskampf. Dann umringten die Wölfe sie von allen Seiten. Heißer Atem umgab ihren Kopf wie eine lüsterne Wolke. Zungen speichelten Geifer auf ihren Rock, Zähne blitzten im Mondlicht, Schatten umtanzten sie. Böse schwarze Knopfaugen musterten sie aus zerrupftem Winterfell, es stank nach Aas und Kot und Grausamkeit. Warum sie zögerten, war nicht ersichtlich. Der Fahle, der hochaufgerichtet hinter ihnen stand und sich nicht rührte, konnte nicht der Grund sein. Sie waren so eisgrau wie er und aus demselben Holz geschnitzt. Und Ihnen ward Macht gegeben, zu töten das vierte Teil auf der Erde mit dem Schwert und Hunger und mit dem Tod und durch die Tiere auf Erden …
    Die Wölfe krochen geduckt auf Christina zu, schlossen den Kreis. Einer hub an zu heulen, ein zweiter fiel winselnd ein, ein dritter stützte den furchterregend wimmernden und zugleich lachenden Chor mit tieferer Stimme, und alle schienen sie einander zu lauschen – um den rechten Moment zu verabreden? Der Schweif des Fahlen wischte Schnee auf und ließ ihn auf die gesträubten Pelze herabrieseln.
    Ihr Zögern gab Christina den entscheidenden Impuls. Sie hatte aufgehört zu denken, die Furcht war verschwunden. Verschwunden hinter jener Kraft, die wie eine unheimliche Welle in ihr aufstieg und den Ton erzeugte, der sich in jede Zelle ihres Körpers drängte.
    Während von hinten die Stute erregt und mit fliegenden Hufen auf sie zugetrabt kam, um sich das nächste Opfer zu greifen, richtete Christina sich aus der gekauerten Haltung auf und erhob sich vor den Wölfen. Der größte von ihnen bleckte die Zähne. Ein einziges, heiseres Bellen entwich seinem Rachen. Er durchbrach den Kreis, setzte zum Sprung an. Eine gewaltige Hitze schoss in Christinas Arme. Sie riss sie empor, und es war, als würde sie aus ihrem Körper in die Luft gezogen, weg vom Boden, obwohl sie noch dort kniete.
    Der Wolf flog geradewegs in ihre ausgebreiteten Arme und wäre dort vielleicht verglüht, doch ein furchtbarer Schlag traf ihn noch im Flug. Er krümmte sich und fiel wie ein Stein zu Boden, tödlich durchbohrt von einem Pfeil, der, hätte er den Wolf verfehlt, in Christinas Brust gelandet wäre. Die anderen Wölfe sprangen auf, winselten und stoben davon, als das weiße Pferd aus den Schneefeldern angaloppiert kam und sein Reiter weitere Pfeile durch die Luft sandte, die gnadenlos Leiber durchbohrten und den Rest des Rudels in die Flucht schlugen.
    »Ist

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