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Die Stunde der Seherin - Historischer Roman

Die Stunde der Seherin - Historischer Roman

Titel: Die Stunde der Seherin - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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darauf bedacht, ihre Reiterin nicht zu verlieren. Der Mórmaer setzte zur Verfolgung an, doch in der Dunkelheit kam er nicht weit, und so brüllte er ihnen voll Wut hinterher: »Bleib stehen, verfluchte Dirne! Ich krieg dich noch!«
    Ein heftiger Windstoß fuhr durch den Tannenwald und ließ die Bäume ächzen, damit wenigstens einer den Tod der treuen Begleiterin beklagte. Der Wind half ihnen bei der Flucht, indem er herabfallende Äste querlegte und hinter ihnen einen morschen Baum fällte. Er blies sich immer mehr auf und zeigte seine Macht, während Christina sich wie erstarrt auf dem Rücken der kleinen Stute festklammerte. Sie ahnte, dass es jetzt nur noch um ihr eigenes, kleines, nacktes Leben ging.
    Mit traumwandlerischer Sicherheit fegte das schwarze Pferd durch den nächtlichen Wald, ohne auch nur einmal einen Baum zu berühren oder seine Reiterin an tiefhängenden Ästen abzustreifen. Es schien jeden Abhang rechtzeitig zu wittern, verlangsamte seinen Lauf und trippelte die Böschung im Schritt hinunter. Unten angekommen, rannte es ohne Verschnaufpause sofort weiter. Christina umschlang den Pferdeleib mit ihren Beinen. »Lauf, Mädchen, lauf«, flüsterte sie blind in die fliegenden Mähnenhaare und hoffte nur noch, dieses Rennen gegen den Tod zu gewinnen … Das kleine schwarze Pferd schien genau zu wissen, wie es laufen musste. Die Nacht wurde lichter – der Wald lag hinter ihnen. Voller Neugier schob sich der Mond aus der Deckung. Wärme hatte tiefe Löcher in die Schneedecke gefressen – die Stute schien diese Löcher zu suchen, als ahnte sie, dass das Laufen dort leichter fallen würde als im Schnee, der niemals verriet, welche Gräben er verbarg. Die Galoppsprünge wurden ruhiger. Sie hatten ihre Verfolger abgehängt.
    Die Stute schnaubte dennoch unwillig und schüttelte ihre schwere Mähne. Ein Windstoß von der Seite ließ sie in Trab fallen, dann stand sie still wie eine Statue, lauschte und witterte in die Nacht hinein. »Komm, lauf weiter«, ermunterte Christina das Pferd. Sie fühlte doch, dass Máelsnechtai immer noch in der Nähe war, auch wenn sie ihn nicht hörte – wie konnte das Pferd jetzt innehalten! Der Schotte war ein hartnäckiger Verfolger; vor wenigen Augenblicken hatte er auf brutale Weise bewiesen, dass er sie um keinen Preis aufgeben würde. Die Furcht kehrte in ihr Herz zurück. Sie schlug auf die Kruppe des Pferdes, um es zum Weiterlaufen zu animieren. Doch die Stute hatte guten Grund zu lauschen.
    Und Christina hörte es nun auch. Das Heulen der Wölfe kam nun von überall, vereinigte sich in der Nachtluft zu einem Chor und zog einen gefährlichen Ring um sie. Aus allen Richtungen segelte auf den Schwingen der Nacht vielstimmiges Gejaule an ihr Ohr, ein Lied von Hunger und Tod, eine grässliche Klage aus der Vorzeit, die nun Gestalt annahm – blinkende Augen tauchten auf, Knurren in einem der Schneefelder, Hecheln, Trappeln von vielen Pfoten im nassen Schnee. Immer mehr schwarze Schatten flitzten aus dem Wald herbei, geeint durch den Gedanken an Beute.
    Die Stute spannte sich an. Wie ein Berg ragte ihre buschige Mähne vor Christina in die Höhe, das Pferd schien zu wachsen und in die Breite zu gehen, während es Kraft sammelte. Und dann rannte die Stute los. Doch nicht schnell genug, denn die Schatten hatten sie bereits umkreist und jagten nun wie fliegende Dämonen neben ihnen her – lautlos, gefährlich und rücksichtslos vorwärtsgescheucht von dem fahlen Pferd.
    Niemals zuvor hatte Christina Wölfe gesehen, nur von ihnen gehört und ihre blutigen Spuren auf Allmenden und in Ställen gefunden. Sie kannte die Geschichten der vierbeinigen Mörder, die Berichte über ihre Grausamkeit und ihren immerwährenden Hunger, der auch nicht vor großen Tieren Halt machte. Und dass sie aussahen wie treue Hunde und die Ahnungslosen damit narrten, wenn sie sich anschlichen.
    Die Stute versuchte ihr Glück in der Flucht. Immer flacher wurden ihre Bewegungen, und Christina duckte sich tief in die Mähne, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, wenn sie sich nach den Wölfen umschaute. Nur so erkannte sie, dass die Schatten nicht ihre einzigen Verfolger waren. Drei weitere Pferde jagten im gestreckten Galopp durch die mondbeleuchtete Ebene hinter ihnen her. Die Schreie des Mórmaer wurden vom Wind zu ihr getragen, und das Dröhnen der Pferdehufe lenkte die hinteren Wölfe ab. Sie machten kehrt und wendeten sich dem Verfolger zu.
    Man kann nicht an zwei Orten zugleich sein. Das schoss

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