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Die Stunde der Seherin - Historischer Roman

Die Stunde der Seherin - Historischer Roman

Titel: Die Stunde der Seherin - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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ein Fehler.«
    »Edgar sagt, wenn er nur genug Männer findet, um ein Heer zu bilden, kann er noch König werden. Und dann wird alles wieder gut.« Christina bewunderte insgeheim den Dickkopf des Bruders. Auch wenn er viel zu jung war, mit seiner Sturheit brachte er so manches Unmögliche zuwege …
    »Das ist doch Unsinn.« Margarets Stimme klang eine Spur ärgerlich. »Edgar ist ein Kindskopf. Er hat nicht richtig nachgedacht, und nun sitzt er da in dieser Halle und weiß weder vor noch zurück. Wir können nicht mehr nach London zurück, wir haben überhaupt kein Zuhause mehr. Wir sind heimatlos, Stina. Ehrlich – ich weiß nicht, was aus uns noch werden soll. Ich weiß es nicht …« Ihre Tränen netzten Christinas Gesicht. Eng umschlungen lagen die Schwestern im Bett. In Notsituationen hatte Christina schon immer Halt in den Armen ihrer Schwester gefunden. Darauf hoffte sie auch dieses Mal.
    »Wir haben uns, Magga«, flüsterte sie daher und fühlte ihr stummes Nicken an ihrem Hals. Warum überzeugte es diesmal nicht?
    Noch etwas brannte Christina auf der Seele, und sie wagte erst nach langem Nachdenken, es in Worte zu fassen, weil es ihr so kostbar vorkam. Es war die ganze Zeit in ihrem Kopf gewesen … Aber vielleicht schlief die Schwester auch schon, sie war auf den Rücken gesunken. Überall waren gleichmäßige Atemzüge zu hören, auch die Geräusche aus der Halle waren verstummt. Nein, niemand war hier mehr wach … Sie zog die Knie an und schlang die Arme um die Beine, als würde das helfen, mit der Verlegenheit fertigzuwerden und dem, was ihr Herz so seltsam peinigte.
    »Magga, wusstest du, dass es wehtut, wenn ein Mann einen umarmt?«, flüsterte sie in die Nacht.
    Gleichgültig betrachtete die Stille diese Frage, strich sanft über Gesichter, vermischte die Frage mit der Atemluft, machte sie ungesagt, ungehört, ließ die Erinnerung an sie in der Dunkelheit verwehen. Sicher schlief die Schwester, wie alle anderen, und hatte nichts gehört. Und es war am Ende gut, dass niemand ihre Frage mitbekommen hatte, denn dann blieb die Erinnerung an Nial und diesen merkwürdigen, wundersamen Schmerz, den seine Nähe hinterlassen hatte, ganz bei ihr … Sie lächelte hilflos vor sich hin. Nial. Gänsehaut kroch ihr den Nacken hoch. Nial …
    »Was?«
    Margaret schlief noch nicht.
    »Was hast du gesagt? Wer hat dir wehgetan? Stina?« Sie hatte sich vor ihr auf den Ellbogen gestützt, ihr langes Haar fiel Christina ins Gesicht und verstärkte die Gänsehaut.
    »Er hat mich … er … er«, stotterte Christina und schob das Haar zur Seite. Margarets Gesicht war nur ein Schatten über ihr. »Er … er hat mich aus dem Schlamm gezogen …«
    »Und dann? Dann hat er dir wehgetan? Gütige Gottesmutter, was ist dann passiert? Warum hast du nichts davon erzählt?« Erregt rüttelte sie an Christinas Schulter. »Nun rede schon – was ist passiert?«
    »Nichts, Magga. Er hat nur meine Ohren ruhig gemacht. Und mich dann zum Schiff getragen.«
    »Er hat deine Ohren ruhig gemacht. Ach, Stina …« Jeder in der Familie wusste um den Ton, der Christina seit Kindertagen begleitete – der sie mal zum Weinen brachte und mal in eine merkwürdige Abwesenheit wiegte. »Aber wieso hat er dir dann wehgetan?« Margarets Hand auf ihrer Wange war so liebevoll, dass Christina fast die Tränen kamen.
    »Mein Herz tat weh, Magga. Weiter nichts.« Und dann rollten ihr doch Tränen über die Wangen. Maggas Finger fingen sie auf, und sie beugte sich über Christinas Gesicht, um sie wegzuküssen.
    »Wer war der Mann?«
    »Sie nannten ihn einen culdee . Ein … ein Mönch, Magga. So nennen sie die Mönche hier. Ich hab ihn auf den Mund geküsst, und nun tut mir das Herz weh. Warum ist das so?«
    Die Schwester schwieg, so sanft und verständnisvoll, wie nur sie es konnte. Kein Vorwurf kam ihr über die Lippen, sie hielt nicht einmal die Luft an, als das Wort »geküsst« vor ihrem Gesicht zitterte.
    »Den Schmerz hat Gott dir geschickt, Stina. Damit du dich daran erinnerst. Du beichtest es morgen, und dann wird alles gut.«
    »Ja«, flüsterte Christina erleichtert. Es tat nicht mehr ganz so weh, wenn sie sich zwang, nicht an die braunen Augen zu denken. Nein, es war besser, Späße zu machen. Ihr fiel da nämlich einer ein. »Und du – du beichtest, dass du den König so angelächelt hast, dass er nur noch stottern konnte?«
    Sie spürte, dass die Schwester nun auch lachen musste, obwohl kein Laut zu hören war.
    »Du meinst, das muss ich

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