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Die Stunde der Seherin - Historischer Roman

Die Stunde der Seherin - Historischer Roman

Titel: Die Stunde der Seherin - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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wie bei den wilden Kriegern, sondern hing ordentlich herunter, und die Spitzen lockten sich leicht. Vielleicht war der Mann auch eitel und verwendete seine Zeit auf sein Aussehen und nicht nur auf die Waffen. Die Finger, die an dem Bart herumspielten, waren breit und fleischig; die bis ans Nagelbett abgekauten Nägel wollten allerdings nicht zum Rest passen. Während er sie betrachtete, verengten sich seine Augen. »Sie ist Eure Schwester?« Eine Braue zuckte begreifend. »Ihr seid also eines der Æthling-Mädchen.«
    Nein, völlig unwahrscheinlich, dass er das nicht längst wusste. Schamlos ließ er seinen Blick nun auch über ihr Gesicht, ihren Hals und ihre Brüste wandern.
    »Es geht die Rede davon, dass die Æthling-Mädchen an Schönheit kaum übertroffen werden können.« Das Kompliment hatte die Plumpheit eines Baumstamms. Christina betrachtete den Fußboden hinter ihm. Er hatte sie gezielt hierhergebracht, und sie war auf der Hut, weil es für sein Begehren keine Zeugen geben würde. Vielleicht bemerkte er ihre Abwehrhaltung, denn er verzog die Lippen abschätzend. »Nun, die Rede stimmt. Zumindest so weit ich sehen kann. Bislang sah ich Euch nur aus der Ferne, und mir gefiel, was ich sah. Auch wenn Ihr klein wie ein Kind seid, der rechte Mann wird Euch schon lang ziehen, dass es ihm auch Spaß macht.«
    »Spart Euch Eure Komplimente, hlæfweard …«
    Sie bewegten sich beinah gleichzeitig – sie wollte an ihm vorbei, er vertrat ihr den Weg. »Ich mache keine Komplimente, Æthling-Mädchen. Für so etwas habe ich keine Zeit.« Er umfasste ihr Kinn, wie man den Kopf eines Pferdes packte. Sie schüttelte ihn unwillig ab, bekämpfte den aufsteigenden Zorn. Er war gefährlich, und jetzt lachte er triumphierend, als gefiele ihm ihr Zorn. »Ich wurde nicht geboren für Galanterie, Æthling-Mädchen.«
    »Nun, bei meiner Schwester ist es Euch gelungen, Euch galant zu zeigen«, sagte Christina schnell und wandte sich ab, um das unangenehme Gespräch zu beenden und seinem durchdringenden Blick zu entkommen. Doch der Schotte hatte anderes im Sinn und hielt damit auch nicht lange hinter dem Berg.
    »Sie ist sehr schön, Eure Schwester«, rief er. Mit dem Ellbogen gegen die Hallenwand gelehnt, mit dem anderen Arm aufreizend an seinem Wolltuch herumspielend, hatte er sie mit der Breite seines Körpers in der Ecke festgesetzt. »Schön wie Ihr. Sie ist sehr schön. Es war mir eine Ehre, ihr behilflich zu sein.«
    Ihr Herz pochte aufgeregt. Was wollte er von ihr? »Ja, das ist sie. Und vor allem ist sie Eure Königin.« Seine Bemerkung war zu dreist, um sie hinzunehmen, sie hatte sich kaum noch unter Kontrolle. Sein gieriger Blick wurde unerträglich.
    Doch er lachte nur spöttisch laut auf. »Jaha! In der Tat! Sie ist meine … Königin. Sehr lustig, das. Wirklich sehr lustig …« Dann sah er sie scharf an. »Ihr wisst wirklich nicht, wer ich bin«, stellte er fest. »Dabei habt Ihr bereits ein Geschenk von mir angenommen.«
    Ein Geschenk? Tatsächlich? Fieberhaft überlegte sie, was er meinen konnte.
    »Der grüne Schal?«, half er ihr weiter. Sie erstarrte. Jener hässliche grüne Schal von einem Bewunderer mit unaussprechlichem Namen, jener Schal, über den sie mit Edgar so gelacht hatte und den sie noch in Edinburgh einer Dienerin geschenkt hatte? So lange hatte der Mann sie also schon im Blick! Christina drückte sich in die Ecke. Wie eine unsichtbare Wand baute sich die Gefahr vor ihr auf, forderte sie zur Flucht auf. Doch wohin, er stand ihr ja im Weg. Sie entschloss sich, sein Spiel mitzuspielen.
    »Ihr … Ihr wurdet als der Mórmaer von Moray vorgestellt. Moray – das liegt im Norden. Ihr knietet vor dem König nieder, also …«
    »Ja, das tat ich. Ich kniete vor ihm nieder. Er verlangte es von mir. Das habt Ihr sicher auch gesehen. Er zwang mich erneut.« Er grinste böse, und die Löckchen im Bart zitterten darüber. Seine Zähne waren schneeweiß wie ein Raubtiergebiss. So, wie sie sich ins Nagelbett gruben, um den kaum mehr vorhandenen Fingernagel abzubeißen, so würden sie sich auch in ihren Hals graben … Sie überwand ihren Impuls, um Hilfe zu rufen. Malcolm hatte ihn in der Tat dazu genötigt niederzuknien, und nun erfuhr sie auch, warum. Kalter Schauder lief ihr über den Rücken, als er zu sprechen anhub.
    »Mein Vater, müsst Ihr wissen, war König Lulach aus dem Haus der Mac Alpins. Malcolm hat ihn getötet, so wie er zuvor dessen Vater Macbeth getötet hat. Er hat meinem Vater das Schwert in

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