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Die Stunde der Seherin - Historischer Roman

Die Stunde der Seherin - Historischer Roman

Titel: Die Stunde der Seherin - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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feurig, und in der Mitte schien es sich aufzuwölben … doch da saßen ja nur die Edelsteine, die den Blick narrten. Sie fühlte sich so müde.
    Niemand schien in dieser Nacht zu schlafen. In der Halle an den Feuern wurden die Gespräche auch nach Weggang des Königs fortgeführt, das konnte Christina deutlich hören, wenn sie die Kammertür anlehnte. Bessere Luft von draußen gab es nicht, höchstens im Austausch gegen Unruhe und Essensgerüche, doch zumindest gaukelte der Türspalt vor, er könnte Neuigkeiten hindurchlassen. Außerdem war sie auch ein wenig froh über die Stimmen, die zu ihr hereindrangen.
    Die Kunde von der Ohnmacht der neuen Königin hatte sich durch geschwätzige Diener bis in den letzten Winkel der Burg verbreitet, und jedermann fragte sich, was im Gemach wohl geschehen war. Des Königs Autorität konnte aber offensichtlich verhindern, dass die Geschichten ins Kraut schossen – für Christina wirkte Malcolm von Schottland wie jemand, der spöttische Bemerkungen mit abgeschnittenen Zungen bezahlen ließ, wenn ihm danach war. Und dann saß er wiederum an Margarets Lager wie ein verliebter Jüngling … Sie schüttelte den Kopf. Irgendetwas stimmte hier nicht. Wovor hatte Margaret nur solche Angst gehabt?
    In der Kammer war es widerlich stickig geworden, was daran liegen konnte, dass Katalins ungesunder Schweiß zu stinken begann. Vielleicht lag es auch an den zwei tumben Bedienweibern, die sich torkelnd auf ihre Lager geworfen hatten, ohne sich darum zu kümmern, dass dort eine Fremde, deren Gemurmel man sowieso nicht verstand, mit dem Tode rang. Christina beglotzten sie nur kichernd, bevor sie sich zwischen ihre lumpigen Decken kuschelten und alsbald zu schnarchen begannen. Ihr speicheltrunkenes Röcheln verriet, dass sie während der Arbeit ausgiebig dem Inhalt des Metfasses zugesprochen hatten.
    Und so war Christina die einzige Zeugin, als Katalin noch einmal erwachte, sich umschaute und die Hand hob, um ihr über das Gesicht zu streichen. Im Schein der Wandfackel waren ihre Augen für einen Moment so klar wie zwei schwarze Sterne, und ihre Züge schien der Friede geglättet zu haben.
    »Liebes Kind«, flüsterte sie, »mein liebes, liebes Kind. Nimm dich vor den Männern in Acht. Gott schütze dich, wo immer du auch hingehst. Gott schütze dich …«
    Dann brach ihr Blick, und Katalin, Tochter einer alten Magyarenfamilie, atmete nicht mehr. Ihr Geist indes flatterte unruhig durch die Kammer. Christina saß starr. Wenn sie sich nicht bewegte, würde die Einsamkeit sie nicht so schnell finden. Sie fürchtete ihre Bisse, denn nun war sie gänzlich ungeschützt, hatte alle verloren, die ihr sonst Sicherheit gegeben hatten, blieb alleine zurück, alleine … alleine …
    Katalins Seele umwehte sie. Gott schütze dich, wisperte das Echo durch die Ecken. Gott schütze dich …
    »In Deo tantum quiesce, anima mea, ab ipso enim salutare meum«, flüsterte Christina und stockte, zutiefst erschrocken, dass ihr als Erstes ein Gebet für sie selbst in den Sinn kam statt einer Totenklage für die treue Amme! Doch schienen ihr die Worte des Psalms der Hoffnung immer passender zu sein. »Semel locutus est Deus, duo haec audivi: quia potestas Deo est, et tibi, Domine, misericordia; quia tu reddes unicuique iuxta opera sua.«
    Passend waren sie, ja … doch Hoffnung gaben sie nicht. Ihr war entsetzlich kalt. Das Schnarchen der betrunkenen Weiber schmerzte sie in den Ohren, und der Ton in ihrem Kopf wurde wieder schriller. Sie presste die Hände gegen den Kopf.
    Katalins lebloser Körper machte ihr Angst. Noch mehr Angst jedoch hatte sie vor den Weibern, und so zog sie ihren Umhang aus der Ecke, schlang ihn sich um die Schultern und verließ leise die Kammer, um niemanden zu wecken, obwohl Rausch und Tod heute Nacht gleich stark schienen und nichts hergaben, was sie in ihren Klauen hielten …
    An den Feuern in der Halle gab es immer noch etwas zu trinken, und die Kessel mit Kaldaunensuppe und Wurzelmus waren auch noch nicht leer. Von den Rindern glänzten nur noch die Gerippe, der verkohlte Spieß lag im Feuer. Die großen Knochen hatte der Koch sich geholt, Hunde knurrten sich über den unappetitlichen Resten an. Zwei Mägde schleppten Kessel herum, bedienen mussten die Edelleute sich selber. Niemand hatte Hemmungen, seine Schüssel zum wiederholten Mal zu füllen, der König galt als freizügig, wenn er etwas zu feiern hatte. Diese Suppe jedoch schmeckte … schal. Der fränkische Koch war ein Meister,

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