Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stunde der Seherin - Historischer Roman

Die Stunde der Seherin - Historischer Roman

Titel: Die Stunde der Seherin - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
stierem Blick – nun fing er an zu lachen. »Edgar, Ihr habt Eure Frauen nicht im Griff, wie ich sehe«, lallte er, offenbar gehörig angetrunken. »Die eine lässt des Königs Schwanz nicht rein, die zweite spielt die zickige Braut, und Eure alte Amme säuft sich tot. Sollen wir Euch beim Zähmen helfen? Ich glaube, Ihr wisst gar nicht, wie man das macht, mein Junge!«
    Edgar erhob sich wutschnaubend und zog sein Schwert. »Narr, schlagt Euch mit mir!«
    Cospatric lachte dröhnend. »Schlagt lieber Eure Schwester, prügelt ihr Benimm in den Leib, damit der Bräutigam es nicht so schwer hat! Ich habe das mit all meinen Schwestern gemacht, und jede war mir dankbar für den Mann, den sie bekam.« Seine hüpfende wulstige Braue ließ keinen Zweifel daran, wie er den Vorschlag gemeint hatte.
    Im Lauf der Auseinandersetzung wurde es munter am Feuer – natürlich würde jeder Kampf unter Waffen sofort von Malcolms Männern niedergeschlagen werden, aber eine saftige Prügelei nach all dem Essen, nach zu wenig Tanz und zu wenig Weibern, die der Verdauung Beine machen konnten – da sagte keiner der Männer nein, selbst die, die im Tiefschlaf am Feuer lagen, erwachten und sprangen randalierend auf die Füße. Näpfe, Spielsteine, Würfel flogen durch die Gegend, getretene Hunde jaulten, als die Ersten aneinandergerieten …
    Christina nutzte das Durcheinander, das eigentlich ihr gegolten hatte, um sich an der Hallenwand entlang zum Ausgang zu drücken.
    Am nächsten Tag schien die Welt in Dunfermline in Ordnung zu sein.
    Es schneite, eine dicke weiße Schicht bedeckte den Burghof, und da es in der Halle gemütlich war und das Unwohlsein nach den vielen Bechern Kräuterbier bei manchen groß, gab es für kaum jemanden Veranlassung, in den Schnee hinauszugehen – außer vielleicht, um seine Notdurft zu verrichten. Der Weg zur Latrine oder zum Misthaufen in der Ecke war vielen zu weit, wie die unzähligen gelben Flecken im zertretenen Schnee erzählten.
    Und an Abreisen dachte sowieso niemand bei dem Wetter, man konnte vor lauter Schnee ja kaum die tiefe Schlucht erkennen, welche die Burg an drei Seiten umschloss und sie für gierige Feinde uneinnehmbar machte, wie Ruaidrí stolz erzählt hatte. Der König trug es mit lächelnder Fassung und bewirtete seine Gäste weiterhin. In Gedanken war er ohnehin bei seiner schönen jungen Frau, die freundlich lächelnd und mit rosigen Wangen und strahlenden Augen auf ihrem Stuhl saß und nicht den kleinsten Hinweis darauf gab, was vergangene Nacht geschehen war … oder eben gerade nicht. Jetzt streckte sie beide Hände nach Christina aus.
    »Wie geht es dir, Magga?«, flüsterte sie und musterte aufmerksam das Gesicht der Schwester. Die legte nur die Arme um sie und drückte sie fest.
    »Gut«, flüsterte sie zurück. »Alles ist sehr ungewohnt, aber mir geht es gut. Gott meint es gut mit mir.«
    »Was war mit dir?«, fragte Christina beunruhigt und kuschelte sich neben Margarets Beine.
    »Mir ist übel geworden. Nichts Schlimmes. Glaube ich.« Ihre Stimme verriet, dass das nicht der Wahrheit entsprach. »Malcolm ist bei mir geblieben und hat über mich gewacht. Er ist ein guter Mann, Stina.« Ein leichtes Zittern in der Stimme ließ Christina aufblicken. Margarets Blick war in die Ferne gerichtet und nicht mehr so strahlend. Doch in ihrem Antlitz schimmerte Friede. Malcolm konnte es nicht gewesen sein, vor dem sie sich so ängstigte.
    »Bist du glücklich?«, wisperte Christina, ratlos, wie sie herausbekommen sollte, was in der Schwester vorging.
    Zu ihrer großen Überraschung beugte Margaret sich zu ihr hinunter, bis sich ihre Gesichter auf gleicher Höhe befanden. »Was ist das Glück, Stina? Das Glück liegt allein in Gott – den Weg zur Glückseligkeit hätte ich beschritten, wenn ich den Schleier genommen hätte.« Sie holte tief Luft. »Ich habe es nicht getan, und es war nicht mein Unglück, das weiß ich. Wir haben kein Recht, nach dem Glück zu fragen, wenn wir nicht zu Gott gehen.« Sie hob Christinas Kinn an und sah ihr in die Augen. »Aber wir haben das Recht, den Weg der Zufriedenheit zu beschreiten. Überlege dir also gut, was – und wen – du hier zurückweist, Stina. Wenn du den Weg verlässt, wird dir vielleicht kein zweiter Weg geboten werden.«
    Da der Boden gefroren war, bedeckte man Katalin mit Steinen, damit sich die Hunde nicht an ihrem Leichnam gütlich taten. Sie war nicht die Einzige in diesem Teil des Gräberfeldes, der harte Winter schien seine Opfer

Weitere Kostenlose Bücher