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Die Stunde Der Toechter

Titel: Die Stunde Der Toechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Herzig
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hatte sie stillschweigend angenommen, dass er ein fantastisches Gedächtnis hatte.
    »Aufgewachsen ist Bogdanow im Ruhrpott. In bescheidenen Verhältnissen. Sein Vater war ein wolgadeutscher Aussiedler. Als solcher hat er zuerst von der Sozialhilfe gelebt. Später arbeitete er vor allem in der Schwerindustrie. Mittlerweile ist er im Ruhestand. Die Mutter ist Deutsche. Krankenschwester von Beruf. Bogdanow ist bereits in der Schule aufgefallen. Sein Studium hat er sich durch eine Begabtenförderung finanziert. Eine besondere Rolle hat dabei eine deutsch-russische Stiftung gespielt. Die hat ihm unter anderem Semester in Moskau, Leningrad und Oxford bezahlt. Ich habe mir den Stiftungsrat angeschaut. Dabei ist mir ein Mitglied aufgefallen. Ein russischer Industrieller, dem ausgezeichnete Verbindungen zu Regierung und Geheimdienst nachgesagt werden. In seiner Firma hat Bogdanow nach dem Studium ein Praktikum gemacht. In verschiedenen internationalen Niederlassungen. Mehr habe ich zu dem Russen nicht herausfinden können.«
    »Das ist schon eine ganze Menge.« Von Kranach lächelte. »Für einen gemeinen Montag.«
    Johanna entgegnete das Lächeln. »Ein bisschen vom Samstag habe ich darangegeben.« Mit einem Blick auf ihre Notizen nahm sie den Faden wieder auf. »Nach dem Ausflug in die Privatwirtschaft ist Bogdanow zurück an die Universität gegangen und hat promoviert. Über Geldpolitik. Ich habe die Nationalbank angerufen. Denen ist sein Buch ein Begriff. ›Bahnbrechend‹ war der Ausdruck.« Sie schaute auf und setzte zum Schlussspurt an. »In der Wissenschaft ist er nicht lange geblieben. Er ist in die Finanzwirtschaft gegangen und Investmentbanker geworden. Berlin, Zürich, London, Hongkong, Singapur. Heute hat er eine eigene Vermögensverwaltungsfirma. Was er da genau macht, weiß ich nicht. Das wird er kaum freiwillig verraten. Welche Beteiligungen er hält, habe ich ebenso wenig herausgefunden. Außer das, was ich von Aeschbacher weiß.« Sie faltete die Hände zusammen. »Das ist es.«
    Von Kranach überlegte einen Moment. Die Stille lastete wie eine Gewitterwolke über dem Sitzungstisch. »Was ich bisher gehört habe, klingt immer noch nicht nach einem skrupellosen Bösewicht. Wir haben gewisse Indizien. Aber die sind sehr schwach. Oder siehst du das anders, Johanna?«
    Bei seinem Blick war ihr, als höre sie das Meer rauschen. »Ich glaube, Bogdanow ist ein Zauberlehrling. Einer, dem sich durch außerordentliche Begabung außergewöhnliche Möglichkeiten eröffnet haben. Das kann übermütig machen. Dazu verleiten, immer einen Schritt weiterzugehen. Aber wir wissen zu wenig, um das beurteilen zu können.«
    »Aha. Und was sagt dein Gefühl?«
    Überrascht schaute sie ihn an. »Ich habe kein Gefühl.«
    Müller und Krähenbühl schmunzelten.
    Von Kranach wirkte irritiert. »Nun gut, lassen wir das. Wir sollten diese Spur weiterverfolgen. Das ist das Beste, was wir haben. Kommen wir zur Arbeit.« Diesmal begann er mit Johanna. »Hast du noch Kontakt zu Stämpfli?«
    Sie nickte. »Ich kann ihn anrufen. Kein Problem.«
    »Dann nimmst du ihn am besten nochmals in die Mangel. Seine Geschichte mit dem gekränkten Sammler ist schwach. Vielleicht verrät er etwas, wenn du ihm auf die Zehen trittst. Klar?«
    »Klar, Chef.«
    Einen Augenblick lang durchleuchteten von Kranachs Augen Johanna. Dann fuhr er fort und wandte sich den Männern zu. »Erich, du kümmerst dich um Bogdanows Finanzen. Versuch herauszufinden, an welchen Firmen er Beteiligungen hält. Da sind noch viele Fragen offen. Sebi, du suchst zusammen mit dem verdeckten Ermittler nach Verbindungen zwischen Bogdanow und der Sammlerszene. Vielleicht kennt ihn jemand, vielleicht hat ihm einer etwas abgekauft. Und du, Lukas, baust eine Überwachung auf. Ich möchte ein Bewegungsbild von Bogdanow haben. Wir müssen ein Gespür für den Mann bekommen. Fährt er Porsche oder Fahrrad? Isst er am Mittag Hamburger oder Sushi? Du weißt schon, was ich meine.«
    Imboden nickte. »Das bedeutet, dass ich Leute von Stämpfli abziehen muss.«
    Von Kranach seufzte. »Meinetwegen. Der ist so vorsichtig geworden, dass eine Observation nicht mehr viel bringt.« Er wirkte unentschlossen. Als würde er überlegen, ob er noch etwas für die Stimmung tun sollte. Einen Kaffee offerieren oder so. Dann beendete er kurzerhand die Sitzung.
    Ehe Johanna sich versah, saß sie wieder allein in dem Raum.
    20.
    Der Anruf kam, als sie vor ihrem Bücherregal stand. Auf der Suche nach einer

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