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Die Stunde Der Toechter

Titel: Die Stunde Der Toechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Herzig
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Abzug.
    Das Durcheinander ging weiter. Die Küchenschränke waren ausgeräumt worden. Davor türmten sich Scherbenhaufen. Wer auch immer hier gewütet hatte, war voll und ganz bei der Sache gewesen. Sogar den Müllsack hatten sie herausgerissen und ausgeleert. Auf dem Couchtisch lagen eine zerschlagene Kaffeetasse und ein umgestürzter Aschenbecher.
    Die Bürotür stand offen. Behutsam stieg Johanna über einen umgekippten Sessel. Schürch gab ihr Deckung. Sie ging in den Raum hinein. Das gleiche Bild. Kein Schrank, der nicht ausgeräumt war.
    Nur Stämpfli war nicht hier. Auch sonst keine Menschenseele.
    Johanna entspannte sich. Sie steckte die Waffe weg.
    Schürch ging zurück in die Küche und schaute sich um. »Das sieht aus wie im Zimmer meiner Söhne! Nachdem sie aufgeräumt haben.«
    »Du hast Söhne, die ihr Zimmer selbst aufräumen? Dann hast du früh angefangen!«
    Er nickte. »In der Polizeischule bin ich zum ersten Mal Vater geworden. Der ältere ist dreizehn, der jüngere elf. Meine Frau ist älter als ich. Sie hatte es eilig und wollte nicht erst mit dreißig Kinder haben.« Er grinste. »Das hättest du nicht gedacht, oder?«
    Sie schaute ihn fragend an.
    »Dass ich jünger bin als meine Frau. Normalerweise ist es umgekehrt.«
    Johanna zuckte mit den Schultern. »Meinst du, wir sollten die Spurensicherung kommen lassen?«
    Skeptisch hob er die Augenbrauen. »Wonach willst du suchen in diesem Puff? Nach Fingerabdrücken?«
    Johanna nickte. »Blöde Idee. Aber fotografieren sollten wir schon. Und vorläufig versiegeln.«
    Er holte sein Handy hervor. »Ich gebe Kev Bescheid.«
    Da erklang ein Geräusch aus dem Bad.
    Beinahe gleichzeitig zogen sie ihre Waffen. Schürch war näher an der Tür. Mit der Schulter zur Wand stellte er sich rechts daneben. Johanna übernahm die linke Seite. Schürch stieß die Tür auf.
    Geradeaus vor ihnen befand sich die Toilette. Links daneben das Waschbecken. Davor die Dusche. Neben dieser kauerte Tamara Stämpfli auf dem Boden. In der rechten Hand hielt sie ein Stück des Duschvorhangs. Er war heruntergerissen worden. Tamara schlotterte.
    »O Gott, Tam!« Johanna steckte ihre Pistole weg.
    Schürch blickte sie fragend an.
    Sie deutete ihm, seine Waffe zu versorgen. »Das ist Tamara Stämpfli. Bernhards Tochter.« Dann betrat sie das Bad und kniete vor ihrer Freundin auf den Boden. »Bist du verletzt?«
    Tamara reagierte nicht. Am ganzen Körper zitternd, blickte sie starr auf den Boden. Sie trug einen kurzen Rock und eine dünne Bluse. Draußen regnete es seit Stunden. Und es hatte merklich abgekühlt.
    »Hast du eine Decke im Auto?«
    Schürch nickte. »Eine Notfalldecke.«
    Johanna hörte, wie er sich entfernte. Sie nahm Tamaras Kopf in beide Hände und versuchte, ihr in die Augen zu blicken. Sie anzusprechen. Keine Reaktion. Tamaras Bewusstsein war woanders. Eine Weile nahm sie die Freundin in den Arm. Als sie hörte, dass Schürch zurückkam, ließ sie sie wieder los.
    »Tamara, wir versuchen jetzt aufzustehen. Dann gehen wir in den anderen Raum hinüber, wo du auf einen Sessel sitzen kannst.« Es war, als spreche sie mit einer taubstummen, gefühllosen Blinden.
    Sebastian erschien mit der Decke.
    »Hilf mir, sie auf die Beine zu stellen. Dann gehen wir in die Sitzecke hinüber.«
    Ihr Kollege kam in das Bad. Johanna fasste Tamara unter der rechten Schulter. Schürch nahm die andere Seite. So versuchten sie, Stämpflis Tochter auf ihre eigenen Beine zu stellen.
    Augenblicklich begann Tamara zu schreien. Laut und schrill. Eine Stimme, die Wände zum Einsturz bringen konnte. Vielleicht auch Schränke öffnen, Geschirr zerbrechen und Bilder von den Wänden reißen.
    Sie ließen sie wieder sinken.
    Nach einer Weile ging das Schreien in ein Wimmern über. Schürch stand auf. »Ich rufe den Notarzt.«
    Johanna sah ihn an. »Jetzt brauchen wir doch die Spurensicherung. Wer weiß, was mit ihr passiert ist. Vielleicht war sie da drin, als das Ganze geschehen ist. Möglicherweise haben sie ihr etwas angetan.«
    Schürch überlegte. »Ich spreche mit Kev. Wenn er einverstanden ist, mobilisiere ich das ganze Rösslispiel.« Er ging in den Korridor hinaus.
    »Gib mir die Decke!«
    Schürch warf sie Johanna zu. Anschließend hörte sie ihn telefonieren.
    Sie wickelte die Decke um Tamara. Ein Lied fiel ihr ein, das ihre Großmutter immer gesummt hatte. Sie wusste nicht, ob sie es noch konnte. Aber sie versuchte es.
    33.
    Es dauerte eine Weile, bis das heiße Wasser aufgebraucht war.

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