Die Stunde Der Toechter
wollten. Damit er Stämpfli entführen lassen konnte.«
Hügli lachte bitter. »Damit hast du die ganze Scheiße ins Rollen gebracht, Meitli. Ist dir das bewusst? Warum nur hast du das hinter meinem Rücken gemacht?«
Seine Tochter schenkte Cola nach. »Weil ich wusste, dass du nicht mitmachen würdest. Und weil ich nicht das ganze Schachbrett im Auge hatte. Ich dachte, wir hätten Ruhe, wenn ich Bogdanow Stämpfli gebe. Das Kunstgeschäft ist nicht unser wichtigstes. Diesen Verlust hätten wir verkraftet. Aber dann hat er Alois umgebracht. Einfach so, um uns zu zeigen, dass er es ernst meint. Darauf bist du aktiv geworden, ohne dich mit mir abzusprechen. Und zum Schluss hat uns diese Polizistin auch noch einen Strich durch die Rechnung gemacht.«
»Di Napoli? Dieses Biest!« Hügli klopfte sich auf den Oberschenkel. »Ich habe immer gesagt, dass wir die nicht unterschätzen dürfen. Sie ist eine kleine Revierdetektivin. Aber sie hat Feuer in ihrem prallen Arsch! Dass sie den Typen im Korps auf den Sack geht, bremst sie ein bisschen. Trotzdem ist sie gefährlich.«
Seine Tochter schwieg und leerte ihr Glas.
»Wieso wolltest du eigentlich den Kunsthandel abstoßen und die Puffs behalten? Am Sexgeschäft liegt dir doch eigentlich nicht so viel.«
Salome zuckte mit den Achseln. »Erstens hatte ich keine Wahl. Bogdanow drohte mit Krieg, wenn wir nicht auf den Handel einsteigen würden. Zweitens verdienen wir mit dem Sex viel Geld. Drittens wird das Geschäft mehr wert sein, wenn das Preisdumping der Romamädchen aufhört. Dann kriegen wir einen besseren Preis dafür. Angebote gibt es.« Sie schaute ihren Vater an. »Das waren meine Überlegungen. Aber ich hätte es mit dir besprechen sollen.«
Hügli schnippte mit dem Finger. »Vorbei. Jetzt müssen wir in die Zukunft schauen. Wie willst du die Sache denn angehen?«
Seine Tochter überlegte einen Augenblick. Dann lehnte sie sich nach vorn. »Du musst herausfinden, wo Stämpfli die Unterlagen hat. Die müssen wir haben. Das ist das Dringendste.«
Er nickte.
Sie zögerte einen Moment und fingerte an ihrem Glas herum. »Und ich werde ins Herz der Finsternis reisen müssen.«
Verständnislos blickte er sie an.
»Ich muss nach Russland fliegen und deinen Kopf retten, Pa.«
Lange blieben sie still.
Schließlich füllte Hügli zwei Gläser und prostete ihr zu. »Du bist meine Tochter und mein Sohn, Salome.« Dann trank er beide aus.
32.
Die Tür stand halb offen. In Bernhard Stämpflis Geschäftsräumen war es still. Johanna di Napoli zog die Waffe und drückte ihren Arm ausgestreckt an den rechten Oberschenkel. So konnte sie die Pistole mit dem Körper abdecken. Mit der Linken schob sie die Tür ganz auf.
Im Korridor waren sämtliche Möbel umgestoßen. Die Schubladen einer Kommode lagen herum. Daneben zerstreut befand sich ihr Inhalt. Die Bilder und Figuren, die Johanna bei ihrem ersten Besuch bewundert hatte, waren nicht mehr an den Wänden, sondern am Boden.
Sie horchte. Das letzte Mal war ihr eine alte Uhr aufgefallen, welche einen Heidenlärm machte. Nicht einmal die war zu hören.
Sorgfältig schritt sie rückwärts wieder hinaus. Im Treppenhaus holte sie mit der Linken ihr Handy hervor und tippte mit dem Daumen eine Nachricht.
Sebastian Schürch antwortete sofort. Kurz darauf hörte Johanna die Haustür aufgehen. So leise wie möglich eilte ihr Kollege die Stufen hinauf. Johanna deutete mit dem Kopf auf den Eingang. Schürch nickte und bezog auf der anderen Seite der Tür Position. Danach gingen sie gemeinsam in die Wohnung hinein.
Behutsam suchte sich Johanna einen Weg durch das Chaos. Ohne auf etwas zu treten, war das nicht einfach.
Schürch ging es ähnlich. Vorsichtig tastete er sich auf seiner Seite der Wand entlang durch den Flur hindurch.
Langsam kamen sie an das Ende des Gangs. Dort lag die Uhr. Es sah aus, als sei jemand darauf herumgetrampelt. Beide hielten inne und horchten.
Rechts war das Bad, links ein Aufenthaltsraum mit Sitzecke und eingebauter Küche. Dahinter lag das Büro. Es war groß und voller Schränke. Daran erinnerte sich Johanna noch, obschon sie beim letzten Mal nur rasch hineingeschaut hatte.
Sie bezog am Ende der Wand Position und blickte dann Schürch an.
Er nickte und hob die Pistole an.
Johanna atmete einmal tief ein und tat es ihm anschließend gleich. Als Schürch zum ersten Schritt ansetzte, spähte Johanna vorsichtig um die Ecke in den Aufenthaltsraum. Gemeinsam fächerten sie den Raum auf. Den Finger am
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