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Die Stunde Der Toechter

Titel: Die Stunde Der Toechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Herzig
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lachte. »Aber vorher haben wir ein Eis gegessen. Mit viel Rahm darauf.«
    Tatsächlich hatte sie es genossen, wieder einmal einen normalen Einsatz als Revierdetektivin leisten zu dürfen. Beinahe war sie Charlie Brunner dankbar, dass er ihr einen zusätzlichen Wochenenddienst aufs Auge gedrückt hatte.
    Johanna steckte ihr letztes Stück Fleisch in den Mund. Sodann legte sie das Besteck auf den Teller.
    Luc war ebenfalls fertig. Er wischte sich den Mund ab. »Ich muss dir etwas sagen, Johanna.«
    Aha. Jetzt kam das mit der Freundin. »Wollen wir nicht zuerst ein bisschen küssen?«
    Gequält schüttelte er den Kopf. »Das geht nicht, Johanna.«
    Sie winkte der Kellnerin. »Zwei Carajillos, bitte.« Dann schaute sie Luc an. »Es geht nicht? Hast du Herpes?«
    Er machte eine Grimasse.
    »Bist du Mormone, Wiedertäufer, Urchrist?« Aus ihrer Tasche holte sie die Zigaretten hervor. »Sag bloß nicht, dass ich dir nicht gefalle. Dafür habe ich schon Hässlichere umgebracht als dich.« Sie gab sich selbst Feuer und nahm einen tiefen Zug.
    Luc nahm ihre linke Hand. »Hör mir zu, Johanna. Es tut mir furchtbar leid. Ich hätte es von Anfang an sagen sollen.«
    Er schaute weg. Seine Augen waren wässrig.
    Langsam wurde ihr unheimlich.
    Nach einer Weile blickte er sie wieder an. »Wir sind Geschwister. Du und ich.«
    Es war, als würde sie auf dem Stuhl festgenagelt werden. Bestürzt starrte sie ihn an.
    »Du und ich sind Schwester und Bruder. Wir können nicht küssen. Nicht richtig.«
    Lächelnd brachte die Kellnerin die Carajillos. Sie entzündete den Brandy und stellte die beiden Gläser auf den Tisch. Johanna schaute zu, wie die Flamme im Kaffee erstickte. Regen konnte sie sich nicht.
    Luc blickte sie unentwegt an. »Du bist meine Halbschwester. Derselbe Vater, andere Mütter. Verstehst du? Nachdem mein Vater deine Mutter verlassen hat, ist er zuerst nach Italien zurückgegangen. Als er dort keine Arbeit fand, kam er wieder in die Schweiz. In die Romandie. Dort hat er meine Mutter kennengelernt und eine Familie gegründet.« Er stockte einen Moment und korrigierte sich anschließend. »Eine neue Familie.«
    Ganz langsam entzog Johanna ihm ihre Hand. Dann drückte sie die Zigarette aus. »Hast du mir etwas vorgespielt, um mir das zu sagen?«
    Sie blickte ihn an. Den Mund, die Augen, die Fältchen darum herum. Es kam ihr vor wie eine Maske.
    Er schüttelte den Kopf. »Ich bin tatsächlich Anwalt und ich arbeite zurzeit in Zürich. Aber wir haben uns nicht zufällig getroffen.« Beschämt blickte er auf den Tisch. »Ich habe in deinem Büro angerufen. Ein Mann hat mir gesagt, dass du jeweils am Samstagmorgen auf den Markt in Oerlikon gingest.«
    Das konnte nur Köbi gewesen sein. Mittlerweile kannte er Johanna gut genug.
    »Dein Bild habe ich in der Zeitung gefunden. Im Internet. Also bin ich los. Ich habe dich sogleich erkannt. Aber dann ist alles anders gekommen als geplant. Ich habe mich nicht getraut, es dir zu sagen.« Er fasste wieder nach ihrer Hand. »Es tut mir leid, Johanna.«
    Sie entzog ihm ihre Hand erneut. »Und warum das ganze Theater? Nach all den Jahren willst du mich plötzlich sehen? Das könnten wir auch sein lassen. Ich bin fast vierzig geworden ohne Familie. Dabei ist es mir hervorragend gegangen. Bis vor fünf Minuten.« Sie stürzte ihren Carajillo hinunter.
    »Er will dich sehen.«
    »Ha! Wer?« Johanna stellte das Glas auf den Tisch und blickte ihn trotzig an. »Jemand, der sein Leben lang nichts von mir wissen wollte?«
    Luc blickte sie traurig an. »Vater liegt im Sterben. Letzte Woche habe ich dir gesagt, dass er im Spital ist.« Er machte eine Pause, um sich zu fassen. »Es geht zu Ende. Die Ärzte geben ihm maximal zwei Monate. Sein letzter Wunsch ist, seine älteste Tochter zu sehen.« Er schluckte leer. »Und sich bei ihr zu entschuldigen.«
    Eine Weile sagten beide nichts.
    Dann ergriff er zum dritten Mal ihre Hand. »Bitte!«
    Lange blieb Johanna regungslos. Dann kamen als Erstes die Tränen. Nachher die Übelkeit. Sie stand auf und rannte auf die Toilette. Leere war das Einzige, was sie jemals wieder fühlen wollte.
    55.
    Das Geld war fein säuberlich gebündelt und geordnet. Mit der rechten Hand strich sie über das Papier. Danach schloss sie den Koffer. Noch an diesem Tag würde sie einen beachtlichen Teil dieser Summe nach Kroatien schicken. In bar und per Kurier. Wer die Frau war, deren Adresse ihr der Kroate gegeben hatte, wusste Salome Hügli nicht. Zweifelsohne aber eine, die ihm

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