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Die Stunde der toten Augen

Die Stunde der toten Augen

Titel: Die Stunde der toten Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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Schlittenlenker mit den langen Peitschen. Er schleppte die Panzerfaust, und die Maschinenpistole baumelte über seinem Rücken. Der Schmerz bohrte in dem zerschmetterten Schulterknochen. Aber Timm ließ die Panzerfaust nicht fallen. Er torkelte unsicher hinter Zado her, und der Schmerz stachelte ihn zu einer wahnwitzigen, sinnlosen Wut an, die seine Finger zucken ließ.
    Sie erstiegen im Schutz einer Baumreihe einen sanften Hügel, von dem aus sie die Straße sehen konnten, die ins Dorf führte. Jenseits der Straße lag das Gehöft, in dem Anna gewohnt hatte. Timm erinnerte sich in diesem Augenblick an sie. Er glaubte eine Bewegung im Hof zu erkennen, aber er war noch zu weit entfernt, um sicher sehen zu können. Der Wind hatte die Schleier der leichten Wolkendecke stellenweise zerflattern lassen, und ein mattes Mondlicht lag über dem Land. Sie konnten sich bis auf etwas mehr als hundert Meter an die Straße heranarbeiten, aber dann mußten sie zwischen verschneiten Büschen versteckt liegenbleiben und warten, denn auf der Straße bewegte sich eine Kolonne. Sie war lang und bestand aus Schlitten, auf denen Infanteristen hockten. Die Kolonne hielt an. Ihre Spitze hatte das Dorf erreicht und bog dort nach Westen ab, auf die Front zu, wo noch immer die Geschütze brüllten und die Schlaglichter der Explosionen flackerten.
    „Wenn wir über die Straße sind, haben wir das Schlimmste hinter uns...", flüsterte Zado. Er warf sich neben Timm. Der lag mit verzerrtem Gesicht an einen Stamm gelehnt und starrte hinüber auf die Kolonne, auf die Soldaten, die in den flachen Schlitten hockten, und auf das Gehöft, aus dessen Kamin eine dünne, kaum wahrnehmbare Rauchfahne stieg, die er jetzt plötzlich ganz deutlich sah.
    Balaschow war gerade damit beschäftigt, sich zu rasieren, als das Artilleriefeuer einsetzte. Er hauste in einem Kellerverschlag, der durch eine Stallaterne erhellt war und vor dessen Eingang eine gescheckte Zeltplane hing. In einer Ecke des Verschlages befand sich eine rechteckig angeordnete Schütte Stroh. Daneben lagen das Gepäck Balaschows, seine Maschinenpistole und sein Mantel. Unter der Zeltplane, die den Eingang verdeckte, lief ein Telefonkabel hindurch, das in einem Feldtelefon in einer Kiste endete. Vor dieser Kiste saß auf einer anderen, kleineren Kiste Balaschow und schabte mit einem nicht sehr gepflegten Messer an seinem Kinn herum. Die große Kiste war sein Schreibtisch. Er hatte alte Zeitungen darübergelegt, und auf diese Weise war die Oberfläche einigermaßen glatt. Als das Gerumpel im Westen vernehmbar wurde, ließ Balaschow das Rasiermesser sinken und sah neugierig auf die Uhr am Handgelenk. Doch er besann sich und rasierte weiter. Als das Telefon klingelte, nahm er den Hörer mit der linken Hand und hielt ihn vorsichtig ans Ohr, um nicht den Seifenschaum abzuwischen, Er brummte etwas in die Muschel und nickte dazu. Dann sagte er mehrmals „Jawohl" und warf schließlich den Hörer auf die Gabel zurück. Er fuhr mit dem Messer noch schnell ein paarmal über das Gesicht, aber er kratzte nur den Schaum ab, der Bart blieb zum größten Teil stehen.
    Balaschow sprang auf und beugte sich über eine Schüssel mit Wasser, die in einer Ecke auf einer anderen Kiste stand. Er wusch sich die Seifenreste vom Gesicht und tastete es unbefriedigt mit den Fingern ab. Während er sich abtrocknete, griff er bereits nach der Feldbluse. Er warf sie über und setzte den Stahlhelm auf. Zuletzt nahm er seine Maschinenpistole auf und überprüfte mit einem schnellen Blick das Magazin. Während er das tat, schob sich der Posten durch den verhängten Eingang und sagte: „Leutnant Warasin will zu Ihnen, Genosse Politleiter."
    „Soll 'reinkommen", forderte Balaschow kurz. Er sah Warasin entgegen, und als der Leutnant vor ihm stand, musterte er ihn erstaunt.
    „Sie haben Sorgen, ich sehe es Ihnen an", sagte er kurz und deutete auf die Kiste vor der Lagerstatt, wo eben noch die Schüssel mit dem Wasser gestanden hatte. „Es ist Gefechtsalarm", sagte er dabei, „setzen Sie lieber Ihren Stahlhelm auf."
    Warasin nahm den Helm vom Koppel und setzte ihn auf. Balaschow hielt ihm eine Zigarette hin, aber Warasin dankte. Er sagte: „Ich bin zu Ihnen gekommen, Genosse Balaschow, um Ihnen eine Mitteilung zu machen, die mich betrifft und einen versprengten faschistischen Soldaten, der sich im Dorf aufhält."
    Balaschow öffnete ein wenig den Mund und blickte Warasin neugierig an. Als er Warasins Gesicht sah, zogen sich die

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