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Die Stunde der toten Augen

Die Stunde der toten Augen

Titel: Die Stunde der toten Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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und ließ den Schnee hart werden unter den Stiefeln.
    Hinter dem Dorf gab es keine Soldaten mehr. Eine Stille umgab Warasin, die durch den fernen Lärm der Geschütze nur noch betont wurde. Warasin schritt aus. Er klappte den Kragen des Mantels hoch und stapfte mit gesenktem Kopf über den festgefahrenen Schnee der Straße, bis er an den Weg kam, der zu Annas Gehöft führte. Von hier aus war es nicht mehr weit, und bald konnte Warasin den Rauch erkennen, der aus dem Schornstein stieg.
    Das Hoftor war nur angelehnt. Die Haustür war offen. Warasin schloß sie hinter sich und trat in die Küche.
    Anna hörte ihm geduldig zu, bis er alles gesagt hatte, was zu sagen war. Sie stand am Herd, das Haar sorgfältig wie immer im Nacken geknotet, ein Wolltuch über den Schultern. Sie hatte traurige Augen, aber ihre Stimme war genauso wie immer, als sie sagte: „Er ist weggegangen. Er wollte mit sich allein sein und nachdenken. Wir hatten darüber gesprochen. Ich habe nicht viel gesagt. Ich bin immer allein gewesen, und wenn er fort ist, werde ich wieder allein sein. Wie immer. Es ist eben mein Leben. Es ist so sehr mein Leben gewesen, das ich nicht einmal mehr die Kraft aufbringe, dagegen zu kämpfen."
    Sie sagte es mit einer Bitterkeit, die Warasin noch nie bei ihr beobachtet hatte. Er saß am Küchentisch und sah ihr zu, wie sie hinten am Herd hantierte.
    „Wird er zurückkommen?" erkundigte er sich zögernd. Er war verwirrt. Von der einen Säte stürmten die Worte Balaschows auf ihn ein, von der anderen Seite blickten die Augen Annas, kam ihre Stimme mit dieser Nuance von Bitterkeit und Vorwurf.
    Sie wandte den Kopf und sah ihn an. „Er hat mir gesagt, daß er sich draußen irgendwo darüber klarwerden will, was er tun wird. Er ist eigenartig in solchen Sachen. Er läßt Ihnen sagen, wenn er zurückkommt, wird er mit Ihnen gehen. Wenn er nicht zurückkommt, dann sollen Sie die Patrouille nach ihm ausschicken."
    Warasin schwieg. Draußen grummelten die Geschütze.
    „Was ist das?" fragte Anna leise. „Kommen sie etwa wieder? Wenn sie wiederkommen und erfahren, daß ich Sie versteckt hatte, werden sie mich erschießen."
    „Sie werden nicht wiederkommen", sagte Warasin, „Sie brauchen sich nicht mehr vor ihnen zu fürchten. Sie kommen nicht wieder."
    „Haben Sie mit Ihrem Kommandeur gesprochen?"
    ,Ja."
    Sie atmete tief. Dann sagte sie, mehr zu sich selbst als zu ihm: „Wenn jetzt Thomas nicht wiederkommt, dann werden mich eure Leute dafür an die Wand stellen."
    „Das werden sie nicht tun", sagte Warasin schnell.
    Aber die Frau machte eine müde Handbewegung. „Es ist mir gleich. Dieser Krieg zerreibt jeden zwischen seinen Mahlsteinen, zuerst die, die in der Mitte stehen wollen zwischen den beiden Fronten. Ich bin darauf gefaßt. Wenn Thomas fort ist, werde ich hier sitzen und darauf warten, daß ich sterbe. Einmal habe ich geglaubt, stärker zu sein als alles, was um mich herum stark zu sein schien. Das ist vorbei."
    „Hören Sie doch, Anna", sagte Warasin, „er wird nach dem Krieg zurückkommen. Er ist Soldat, und er wird Gefangener sein, und nach dem Krieg wird er zurückkommen. Hierher."
    „Nach dem Krieg", sagte die Frau, „dann werde ich eine alte Frau sein mit weißem Haar. Und auf den Feldern wird vor lauter Melde kein Korn mehr gedeihen.
    Die Pflüge werden verrostet sein und zerbrechen. Auch wir werden zerbrochen sein. Wir sind es jetzt schon."
    Er stand auf und trat ans Fenster. Er zog den Vorhang in der Mitte ein wenig auseinander und blickte durch den Schlitz hinaus in die Winternacht. Nach einer Weile ließ er den Vorhang achtlos zurückfallen und drehte sich um. Das Tuch bedeckte die Scheibe nicht mehr, aber er kümmerte sich nicht darum. Er setzte sich wieder an den Tisch und sagte: „Einmal werden Sie das alles viel besser verstehen, Anna. Auch Thomas Bindig wird es verstehen."
    „Wenn er zurückkommtl" sagte die Frau. „Wenn er in einer Stunde nicht zurück ist, können Sie die Patrouille losschicken. Er hat es mir gesagt. Es ist mir gleich."
    „Aber mir ist es nicht gleich", sagte Warasin.
    „Ihnen?"
    ja. Ich kenne ihn besser, als er glaubt. Er ist zu jung, um für die Bande zu sterben, die ihm eingebleut hat, daß er ein Held sei, wenn er für sie stirbt. Und er ist klug und kann ein anderer Mensch werden. Unsere Leute werden ihm dabei helfen."
    „Ihr werdet euch andere suchen müssen als ihn. Welche, die nicht durch die Hölle gegangen sind, aus der er kam."
    „Wir werden uns auch

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