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Die Stunde der toten Augen

Die Stunde der toten Augen

Titel: Die Stunde der toten Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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auch wieder nutzen. Verstehen Sie mich?"
    „Ich verstehe", antwortete Warasin. „Es erschien mir in diesem Falle zu hart, deshalb habe ich gezögert. Ich hätte das nicht tun dürfen."
    „Sie haben uns hart angegriffen, und wir schlagen hart zurück. Bis wir gesiegt haben. Dann kann man über Milde sprechen."
    Ein paar Flugzeuge heulten über das Dorf und ließen ihre Maschinengewehre tacken.
    Balaschow hob den Kopf und sagte leise: „Noch ist der Krieg nicht aus, Warasin."
    Warasin nickte. Er sah Balaschow an, und der sagte mit unbewegtem Gesicht: „Dieser versprengte Held und ein Dutzend anderer solcher Stechmücken haben uns in einem Wald zwischen Berziniki und Sudauen zehn Soldaten getötet. Ich denke, auch die Frau wird begreifen, daß es gerechtfertigt ist, wenn wir ihn gefangennehmen."
    „Zehn Soldaten?" wiederholte Warasin. „Ich verstehe nicht..."
    Balaschow nickte heftig. „Man hat uns heute früh im Stab darüber informiert. Sechs Fahrzeuge und zehn Mann. Alle mit Pistolen auf kurze Entfernung erschossen. Im Schnee verscharrt. Man hat sie gefunden. Die Fallschirmspringer konnte man erwischen. Sie trugen die Uniformen unserer Armee. Sie haben sich damit außerhalb der Kriegsgesetze gestellt. Und überdies wird die Sache untersucht, denn es gibt da noch einige andere Vermutungen."
    Warasin biß sich auf die Lippe. Er sagte kaum hörbar: „Der Gefreite hat dazugehört."
    „Ich habe nicht daran gezweifelt."
    „Man wird ihn bestrafen."
    „Man wird ihn für nichts verantwortlich machen, was er nicht getan hat." Warasin erhob sich. „Ich will ehrlich sein, Genosse Balaschow. Es fällt mir schwer, der Frau das beizubringen."
    Balaschow ging auf ihn zu und blieb vor ihm stehen. Er mußte sich beinahe auf die Fußspitzen stellen, um Warasin die Hand auf die Schultet zu legen.
    „Warasin", sagte er leise, „noch ist der Krieg nicht zu Ende. Sagen Sie das der Frau. Und sagen Sie ihr auch, daß der Mann auf diese Art und Weise am Leben bleiben und zu ihr zurückkommen kann, während es andernfalls sehr wahrscheinlich ist, daß er als Spion betrachtet und erschossen wird. Es ist..."
    Das Feldtelefon klingelte. Balaschow sprang schnell zu der Kiste. Er riß den Hörer ans Ohr und meldete sich. Als er den Hörer wieder auflegte, sagte er zu Warasin: „Gehen Sie jetzt und erledigen Sie, was zu erledigen ist. Beeilen Sie sich, wir haben Alarmbereitschaft. Wir werden zwar nicht eingesetzt, aber diese Sache muß erledigt werden, und zwar sofort."
    „Wir werden nicht eingesetzt?"
    Balaschow lächelte. „Wir haben diesen Angriff erwartet. Wir haben vorgesorgt. Es geht ihnen um die Ausgangsposition, die wir an dieser Stelle der Front haben. Die wollen sie zurück gewinnen. Ein ziemlich massiver Angriff, aber wir fangen ihn mit ein wenig Elastizität auf und lassen ihn totlaufen. Es besteht kein Grund, besorgt zu sein. Gehen Sie jetzt. Nehmen Sie Leute mit und erledigen Sie diese Sache gründlich. Verlieren Sie keine Zeit. Bringen Sie den Mann zu mir. Ich werde ihn vernehmen und für seinen Abtransport sorgen."
    Als Warasin die brüchige Kellertreppe hinaufstieg, über sich den blanken Himmel, hetzte eine Kette Nachtjäger in geringer Höhe über das Dorf. Es waren kleine, schnelle schwarze Maschinen. Sie huschten vorbei, nach Westen. Warasin sah ihnen nach. Sie verschwanden im Geflacker des Artilleriefeuers, das noch immer andauerte, Einmal war noch eine von ihnen im Schein einer Explosion zu sehen, die schlagartig den Horizont blaß erhellte, dann war es vorbei. Auf der Straße stand eine Schlittenkolonne. Die Männer saßen rauchend, in ihre Steppjacken gehüllt. Sie hatten Maschinengewehre und zerlegte Granatwerfer auf ihren Schlitten. Ihre Maschinenpistolen funkelten matt in dem schwachen Mondlicht.
    Im Dorf war es still. Die Soldaten der Kompanie lagen in ihren Unterkünften und warteten auf Befehle. Manchmal schien es, als rückten die Granateinschläge näher, als wären die Detonationen nicht mehr so weit entfernt wie vorher. Als Warasin am Ende des Dorfes anlangte, merkte er, daß diese Vermutung richtig war. Von der deutschen Seite schossen ein paar schwere Geschütze ins Hinterland. Die Einschläge waren vom Dorfrand aus zu sehen. Die Schlittenkolonne riß ab, und die Straße war mit einemmal frei. Warasin beschleunigte seine Schritte. Der Schnee knirschte unter seinen Füßen. Es war kalt in dieser Nacht. Immer wenn die Wolken verschwanden und die Nächte klar und voller Sterne waren, kam die Kälte

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