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Die Stunde der toten Augen

Die Stunde der toten Augen

Titel: Die Stunde der toten Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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bißchen was zu essen ..."
    Bindig hatte dem Knecht zugewinkt, sich wieder auf die Bank zu setzen. Er tat es linkisch und gleichsam widerstrebend.
    „Die Russen waren schon einmal hier", sagte die Frau.
    „Ich weiß", erwiderte Zado, „und sie werden wiederkommen. Sie werden dann länger bleiben."
    „Meinen Sie, daß sie wiederkommen?"
    ja. Ich kann Ihnen nur das Datum noch nicht genau sagen. Aber stattdessen kann ich Ihnen sagen, daß sie mit T 34 kommen werden und mit den neuen Stalinpanzern, mit Orgeln und Sturmgeschützen. Sie werden ausgezeichnete Granatwerfer mitbringen und Leute, die damit umgehen können. In den Taschen werden sie Machorka und Sonnenblumenkerne haben und Zeitungspapier. Sie werden an mich denken, liebe Frau, und Sie werden feststellen, daß ich richtig vorausgesagt habe. Ich habe das nämlich alles schon sehr schön geordnet stehen sehen, was einmal hier anrollen wird. Wenn Sie zu dieser Zeit noch hier sein sollten, werden Sie Gelegenheit haben, meine Angaben zu kontrollieren."
    „Möchten Sie ein paar Kirschen essen?" fragte die Frau.
    „Kirschen?"
    ja. Eingemachte Kirschen."
    „Ich esse gerne eingemachte Kirschen", sagte Zado, „mein Kamerad auch.
    Denn wir essen alles gern, was nicht in der Feldküche gekocht wird. Aber wir können Sie nicht ausplündern ..."
    Die Frau verließ schwelgend die Küche. Zado blickte nachdenklich auf die Tür, die sich hinter ihr geschlossen hatte.
    „Mein Gott...", sagte er dann zu Bindig, „wie hat es diese Frau nur angefangen, so zu sein, wie sie ist?"
    „Wir hätten schon eher einmal zu ihr gehen sollen", sagte Bindig.
    „Komm!" forderte Zado den Knecht auf. Er wußte, daß der Mann ihn nicht verstand, daß in seinem Hirn nichts war, was ihm die Gabe verliehen hätte, den Sinn der Dinge zu erfassen, die sich um ihn herum abspielten. Aber er sagte zu ihm: „Komm, trink noch einen, ehe sie zurückkommt. Wer weiß, wie lange du noch lebst, alter Junge..." Er hielt ihm das gefüllte Glas hin, und der Knecht rollte die Augen, als er es nahm.
    Die Frau betrat die Küche wieder. Sie brachte ein Glas Kirschen mit und öffnete es. Zado sah ihr gedankenlos zu, ohne etwas zu sagen. Dann erinnerte er sich mit einemmal an die beiden Feldgendarmen. Er sagte zu Bindig: „Was hast du dir dabei gedacht, als du mit den beiden Kettenhunden Krach angefangen hast?"
    „Nichts. Sie haben sich angestellt, als hätten sie mir was zu sagen."
    „Solche Leute legen dich schneller um, als du glaubst."
    „Möglich. Aber sie sollen sich nicht so anstellen, wenn sie mal nach vorn kommen . . ."
    „Sie haben es Alf gemeldet."
    „Ja. Sie werden mich vielleicht dieser Tage vorführen. Was tut's schon? Sollen sie mich ruhig vorführen, sie können mir nichts nachweisen."
    „Sie werden dich nicht vorführen", sagte Zado. Er sah Bindig dabei an und stellte sein Schnapsglas auf den Tisch neben den Teller. Die Frau folgte ihrem Gespräch, aber sie gab nicht zu erkennen, daß es sie interessierte. Sie hantierte am Herd, und der Knecht leckte genießerisch an seinem Glas.
    „So?" fragte Bindig. „Aber es wäre mir auch egal gewesen."
    „Es wäre dir nicht egal gewesen, Junge", sagte Zado, „du hast jetzt sehr viel Mut, aber das ist gar kein Mut, es ist nur Angst. Wenn sie dich einmal in den Fingern haben, ist es aus, das weißt du genau. Tu nicht so, als ob es dich kalt ließe. Aber sie werden dich nicht vorführen, du hast noch einmal Glück gehabt. Sie sind beide tot."
    Die Frau briet noch Speckstücke in der Pfanne. Sie zischten auf dem Feuer. „Sie sind tot?" fragte Bindig. Er sah Zado mißtrauisch an.
    Der nickte. „Ja. Sie sind tot. Sie sind vorn an der Waldecke, zwischen den beiden Gefechtsständen, auf eine Mine gefahren."
    Bindig blieb eine Weile stumm. Erst dann schüttelte er den Kopf und sagte: „Sie sind in das Minenfeld gefahren? Allein? Ich denke, du warst dabei? Ich denke, du hast sie geführt? Ist dir dabei nichts passiert? Oder ..."
    „Sie sind auf die Mine gefahren", sagte Zado, „und ich habe aus einiger Entfernung zugesehen. Mir konnte gar nichts passieren."
    „Dann hast du sie ..."
    „Ich habe sie bis zu dem Minenfeld begleitet", unterbrach ihn Zado, „sie sind weitergefahren. Was sollte ich dagegen tun?"
    „Ich verstehe", sagte Bindig mit trockener Kehle. Es klang heiser und gepreßt. Er streckte Zado die Hand hin, aber der übersah sie.
    „Wenn du wieder einem Kettenhund begegnest, dann überlege dir gefälligst, mit wem du es zu tun hast",

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