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Die Stunde Der Vampire

Die Stunde Der Vampire

Titel: Die Stunde Der Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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er hat uns beschützt. Aber gleichzeitig hat er uns kontrolliert. Ich musste mir jeglichen Respekt erkämpfen, aber zum Schluss habe ich mich geweigert. Es ging nur um Kampf und Tod. Ich musste fort. Dann komme ich hierher, und Alette bindet mir diesen Bären auf, von wegen die örtlichen Lykanthropen seien chaotisch und gefährlich, dass sie versuchen würden, mir wehzutun, und es war so leicht, ihr Glauben zu schenken. Aber sie hat mich angelogen.«
    Ahmed schüttelte den Kopf. »Vielleicht nicht von ihrem Standpunkt aus. Alette misstraut uns allen, weil es keinen Alpha gibt, niemanden, mit dem sie verhandeln oder den sie kontrollieren kann. Deshalb behauptet sie, wir seien gefährlich.«
    Â»Du entscheidest im Zweifelsfall zu ihren Gunsten?«
    Â»Ich bin schon vielen von ihrer Sorte begegnet, und ich glaube, dass sie es gut meint, auf ihre Weise. Ihr größter Fehler ist ihre Arroganz.«
    Seine Worte entlockten mir ein leises Lachen, doch es
nahm einen bitteren Klang an. Ob es wohl zu spät war, Alettes Gastfreundschaft abzulehnen? Ich könnte die ganze Zeit über hier bleiben.
    Die Frau hatte zu tanzen aufgehört. Jetzt spielten die Musiker langsamere Lieder, sanfte Hintergrundmusik, wobei sie mit den Klängen und Harmonien der jeweils anderen experimentierten. Der Abend schien sich dem Ende zuzuneigen; ein paar Leute gingen, winkten Freunden zum Abschied zu. Ich war nicht bereit, den Abend schon zu beenden, diesen Ort zu verlassen.
    Luis legte mir den Arm um die Schultern; eine warme, tröstliche Berührung. Ich lehnte mich zurück und schmiegte mich an ihn. Während er auf der einen Seite saß, Ahmed auf der anderen, gelassen sein Reich überblickend, hatte ich das Gefühl, das Beste wiederentdeckt zu haben, was ein eigenes Rudel mit sich brachte: die Sicherheit, den Schutz. Freunde um mich, die wollten, dass ich es warm hatte und in Sicherheit war. So hatte ich mich gefühlt, bevor T.J. umgebracht worden war. Ich hatte nicht geglaubt, das jemals wiederzufinden.
    Ahmed sah mich an, die Lippen eifrig geschürzt. »Du kennst die Geschichte von Daniel, oder?«
    Ich kramte in meinem benommenen Gedächtnis. Fast kam ich mir wie ein dösender Welpe vor, der auf einem freundlichen Schoß saß. Zum Nachdenken hatte ich gar keine Lust. »Daniel?«
    Â»Die Geschichte von Daniel in der Löwengrube.«
    Â»Der Daniel? Sicher«, sagte ich. Es war eine Geschichte aus der Bibel. Im alten Persien wurde Daniel aufgrund seines Glaubens verfolgt und in eine Grube den Löwen zum
Fraß vorgeworfen. Laut der Geschichte hatte Gott Engel gesandt, die den Löwen die Mäuler zuhielten, und Daniel kam unversehrt aus der Grube hervor.
    Â»Ja«, sagte Ahmed. »Weißt du, warum Daniel überlebte?«
    Â»Es ist eine Geschichte über den Glauben. Gott soll ihn beschützt haben.«
    Er zuckte unverbindlich mit den Schultern. »Ja, in gewisser Weise. Aber nicht so, wie du denkst. Weißt du, Daniel hat sich nämlich selbst gerettet. Er hat mit den Löwen gesprochen und sie gebeten, ihn zu verschonen. Er beherrschte ihre Sprache, weil er einer von ihnen war – ein Werlöwe.«
    Ich riss die Augen auf. »Davon steht aber nichts in der Bibel!«
    Â»Natürlich nicht – jedenfalls nicht explizit. Aber es ist dort, wenn man nur genau hinsieht. Vergiss nicht, dass das alles Tausende von Jahren her ist. Damals standen sich die Menschen und die Tiere noch näher – unsere Jahre zusammen im paradiesischen Garten waren noch nicht so lange her. Und unsere Gattung, die Lykanthropen, war die Brücke zwischen den beiden Reichen. Daniel war sehr weise, und was er lernte, war seine Bestimmung. Dass es einen Grund gab, weshalb er teils Löwe war, dass Gott einen Grund hatte, weshalb er ihn auf diese Weise erschuf. Das lernen wir von Daniel. Dass es unsere Bestimmung ist, zu sein, wer wir sind und was wir sind, auch wenn wir sie nicht immer kennen. Daniel ist ein Heiliger für uns. Es ist eine unserer großartigsten Geschichten.«
    Â»Auf diese Art und Weise habe ich sie noch nie erzählt bekommen.«

    Ahmed seufzte. »Es stimmt mich traurig, dass die Sippen in diesem Land einander nicht die alten Geschichten erzählen. Wenn wir uns öfter zusammensetzen würden, um einander Geschichten zu erzählen und gemeinsam zu trinken, gäbe es nicht so viele Kämpfe, nicht wahr?«
    Â»Bravo!« Ich hob

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